Libyen 2008 / 2009
vom 20. Dezember 2008 bis 4. Januar 2009

Endlich nach 10 Jahren wieder nach Libyen. Dorthin, wo alles begann. Eigentlich brauchten nur irgendwelche Studierten in Leipzig irgendwelche Bücher, die irgendwo in Benghasi liegen sollen. Aber man kann im Leben nicht immer nur theoretisieren, man muß auch ab und zu versuchen, praktisch zu denken. Das hilft! Gerade für Wissenschaftler ist der Praxisbezug wichtig, denn diese Herrschaften neigen bekanntlich dazu, gerne mal jeglichen Bezug zur Realität zu verlieren.

 

 

"Da machen wir doch gleich mal eine Hochzeitsreise daraus", so lautete der Beschluß. Die war eigentlich für 2007 geplant, aber bei den ganzen wirren Aktionen, die in der zweiten Hälfte des Jahres abliefen, blieb zu sowas keine Zeit mehr. Während Almut sich ein halbes Jahr auf einer vor der libanesischen Küste eingesetzten Fregatte der Bundesbräuteschule verlustierte, lief ich mehrmals gegen die amerikanische Grenze an - und prallte daran wiederholt ab als wäre es eine riesige Gummiwand. Daraufhin zog ich nach Norwegen, bis ich von Kanada ein Arbeitsangebot erhielt. Da gab es kein langes Überlegen. Jedes Dreckskaff in Amerika ist besser als Europa. Ich sagte sofort zu, unterschrieb und zahlte alle Gebühren. Und nun, da die kanadischen Papiere sich aufgrund dieser Grenzzwischenfälle etwas verzögert hatten, hatte ich ein wenig Zeit für ein Alternativprogramm. Da kam Libyen mir gerade recht.

Ich buchte als erstes die Fähre. Man will ja nicht warten, bis allen Barabern in Europa einfällt, daß sie Weihnachten zuhause verbringen müssen, was die Fährpreise in die Höhe treibt. Und da man in Europa kein Geld verdienen kann, muß man sich zwangsläufig aufs Sparen verlegen. Darüberhinaus bringt man sich mit einer frühzeitigen Buchung selbst in Zugzwang. Ich neige von Natur aus dazu, Sachen schleifen zu lassen. Schwach anfangen, aber dafür stark nachlassen. Das kann ich immer noch sehr gut.

Mittlerweile ist es nicht mehr so leicht, als Tourist nach Libyen hineinzukommen. Damals brauchte man lediglich einen Stempel, den sogenannten "Libyenstempel", eine Übersetzung und ein Visum. Mittlerweile sind noch ein paar zusätzliche Hürden hinzugekommen, um die Gebühren zu erhöhen. Zum Geldverdienen sind scheinbar wirklich nur die Europäer zu doof. Schon kurze Zeit nach unserer letzten Libyenfahrt hörte ich Gerüchte über Reisebegleiter, die man auf Wüstentouren mitnehmen und natürlich bezahlen muß, von Einladungen, die man gegen hohe Gebühren über libysche Reisebüros oder -agenturen bekommt, in letzter Zeit sogar über persönliche Vorsprachen bei der Botschaft. Auf ausdrücklichen Wunsch hin gehe ich auf die Vorbereitungen etwas genauer ein. Meine Frau Gemahlin ist für die Visabeschaffung zuständig. Die sitzt an der richtigen Stelle und es ist sinnvoll, wenn sie das übernimmt und mir lediglich Anweisungen erteilt, was ich machen soll, wenn ich was machen soll. Die Prozedur, um an ein Libyenvisum zu gelangen, läuft ungefähr so:

  1. Reisepaß auf Gültigleit prüfen. Einen Zweitpaß empfehle ich jedem, der mit dem Auto unterwegs ist - egal wo.
    • Der Paß muß noch mindestens 6 Monate nach der geplanten Ausreise Gültig sein
    • Er darf keinen israelischen Sichtvermerk enthalten
       
  2. Übersetzungsstempel in den Reisepaß machen lassen.
    • Achtung! Es gilt ein neuer Stempel, den nicht alle Ämter besitzen! Beim "neuen" Stempel ist u.a. der Punkt 6 (Gesichtsform) entfernt und Punkt 7 (Farbe der Augen) durch "Augenfarbe" ersetzt. Vor Eintrag des Stempels beim Amt anfragen. Die "alten" werden nicht akzeptiert.
      Folgende Ämter besitzen meines Wissens den neuen Stempel:
  3. Paßdaten müssen in den Stempel eingetragen werden - auf Arabisch natürlich.
     
  4. Ein vereidigter Übersetzer muß die Daten beglaubigen. Üblicherweise trägt dieser die Daten auch selbst ein.
     
  5. Den Visumsantrag ausfüllen und zwei Exemplare ausdrucken und unterschreiben. Nicht Zutreffendes ist unbedingt zu streichen. Nichts freilassen.
     
  6. Eine Einladung aus Libyen besorgen.
    • Über eine libysche Reiseagentur
       
  7. Auf die Einladungsnummer warten
     
  8. Antrag und Reisepaß bei der libyschen Botschaft in Berlin abgeben. Es ist nicht mehr möglich, den Paß per Post einzusenden. Seit dem 16.08.2008 lässt die Botschaft Libyens in Berlin für die Visabeantragung keine Vermittler mehr zu. Die Antragstellung kann nur noch durch persönliches Erscheinen des Antragstellers erfolgen. Folgende Unterlagen müssen für ein Touristenvisum eingereicht werden:
    • 1 Reisepaß
    • 2 Paßbilder
    • 2 Ausgefüllte Visumsanträge
    • 1 Buchungsbestätigung des libyschen Reiseveranstalters
       
  9. Gebühr bezahlen (60 €, Stand Dezember 2008)
     
  10. Abholen und Daten überprüfen. Fertig. Papierschlacht beendet. Losfahren.

Dieses ganze Papierl-Zeug verursacht bei mir grundsätzlich Kopfschmerzen. Überall nur Papierkrieg. Dagegen scheint ein Weltkrieg wie die reinste Erlösung. Das habe ich einfach ausgelagert. Alles weg. Lieber bei 15 Grad kälte unter dem Auto liegen oder drauf rumturnen und Ausrüstung verzurren, bis die Hände blutig sind, als Formulare auszufüllen. Und so geschieht es. Die Freiheit nehm' ich mir. Almut geht nicht den oben genannten Weg, sondern über wissenschaftliche Institutionen. Das ist nicht unbedingt einfacher, allerdings um einiges billiger. Allein für die Agentur müßte man 400 € löhnen. Bei der Einreise selber kommt dann neben den Einreisegebühren auch noch der Heini hinzu, den man

Ich kümmere mich derweil um das Auto - dafür sitze wiederum ich an der richtigen Stelle. Wir ergänzen uns eben perfekt, wie man sieht. Der Blaue befindet sich mittlerweile in der Garage meiner Eltern. Wenn es schon nach Nordafrika geht, empfiehlt es sich, eine Sahara-Ausrüstung mitzunehmen. Und das ist einfacher gesagt, als getan. Zwar besitze ich bereits eine, aber die gehört dem Braunen und der steht zuhause in der Garage. Der Blaue ist lediglich höhergelegt, aber ansonsten sieht es Ausrüstungsmäßig ziemlich schlecht aus. Nichts. Nicht mal eine Klimaanlage. Wollte man dem Blauen die selbe Ausstattung und die selbe Ausrüstung verpassen, müßte man etwa 5.000 € hinblättern. Und die haben wir nicht. Also muß es anders gehen. Ich erstellte meine Ausrüstungsliste und hackte diese Punkt für Punkt ab. Das ist natürlich nur meine persönliche Ausrüstungsliste. Es gibt eine Vorbereitungsliste für motorisierte Fernreisen von Därr im pdf-Format. Die ist ausführlicher und genauer. Aber erstens fällt Libyen nicht unter Fernreise, zweitens beinhaltet diese Liste eine Menge Sachen die in meinen Augen viel zu aufwendig und / oder unnötig sind.

Der November stand ganz im Zeichen der Ausrüstungsbeschaffung. Dabei geht es weniger um die bevorstehende Fahrt nach Libyen. Die würde ich zur Not auch ganz ohne Ausrüstung antreten. Aber erstens spekuliere ich darauf, daß ich uns doch irgendwie einen Abstecher in den Süden ergaunern kann, und zwar ohne einen Wüstenführer, der mittlerweile Pflicht ist, und zweitens, ist das Auto ohne Ausrüstung einfach nicht vollständig. Mir kam neulich schon der Gedanke, nach Israel zu fahren und dort eine Klimaanlage einbauen zu lassen. Almut war nicht abgeneigt - im Gegenteil. Erfahrungsgemäß braucht es dann nur einen kleinen Zufall und schon rollt der Diesel in Richtung Tel Aviv. Mitten im Semester geht es natürlich nicht, daher wurde nichts daraus. Was aber nicht heißt, daß es immer so laufen muß, gerade um Israel kommt man nicht umhin. Von Israel lernen heißt siegen lernen...

Am 11. Dezember fuhr ich zur Zulassungsstelle, um mich beraten zu lassen. Immer noch stand nicht fest, wie man es anstellt, um von der grünen Pest unbehelligt aus der Republik zu kommen und vor allem, nach der Tour das Auto wieder zurückbringen... Die ursprüngliche Idee bestand darin, einfach zwei Kurzzeitkennzeichen zu besorgen. Eines gültig für den Tag der Abfahrt plus vier Tage zuvor, das andere gültig für den Tag der Rückkehr, plus vier Tage danach. Leider ist am Kennzeichen nicht der Gültigkeitszeitraum, sondern nur das Verfaulsdatum eingeprägt. Das macht es unmöglich, ein Kurzzeitkennzeichen im Voraus zu buchen. Wie sieht es mit Zollkennzeichen aus? Nun, die gibt es nicht mehr. Es gibt nur Kurzzeitzulassungen. Mit den Zollkennzeichen verschwand auch der sogenannte Zoll-TÜV. Bei diesem handelt es sich um eine Inspektion, die tatsächlich nur die Verkehrssicherheit gewährleistet, und die auch sinnvoll ist. Da wird geprüft, ob Hupe, Licht und Bremsen gehen. Von den restlichen Schikanen wurde dabei abgesehen, weil Autos mit Ausfuhrkennzeichen sich nur noch eine begrenzte Zeit in der hirnfreien Zone aufhalten dürfen. Aber das ist Geschichte. Mittlerweile verlangt die Zulassungsstelle dafür zwar keine AU, aber wohl die normale Hauptuntersuchung. Es wird keine Gelegenheit ausgelassen, die Leute abzuzocken und zu bevormunden, es ist einfach widerlich. Noch widerlicher ist ein Volk von 80 Millionen Stallknechten, die alle Schikanen brav mitmachen, fleißig löhnen und einem dann noch im Brustton der Überzeugung erklären, das alles diene ausschließlich der eigenen Sicherheit. Klar. Glaube ich dem Fall sogar. Der Deutsche ist ja von Haus aus schon mal behindert und kann nicht beurteilen, wann sein Auto nicht mehr verkehrssicher ist. Der ist so erzogen, daß er erwartet, daß ein zuständiges Amt ihm mit einer entsprechenden Vorschrift kommt.

Man beachte den riesigen Aufwand, den man hierzulande betreiben muß, nur um knappe 150 km zurückzulegen. Das ganze Ausmaß der Absurdität ist den meisten Menschen, die hier leben, gar nicht bewußt. Sie kennen es nicht anders und finden das "normal". Wenn man hingegen zuhause in Kalifornien ist und mit dem Auto zur Grenze will, besteht der ganze "Aufwand" darin, daß man zusehen muß, daß im Tank genug Diesel ist. Das ist alles. Motor an, auf den 5er und Landschaft genießen. Kennzeichenpflicht, Versicherungsschutz, Verkehrssicherheitsverordnung, Zollgenehmigungen, interessieren niemanden. Aber wir sind ja in Deutschland und da ist alles kompliziert, denn der stark anlehnungsbedürftige und von Haus aus pessimistische und miesepetrige Deutsche geht sein Leben lang davon aus, daß "was passiert". Das ist der ewige Gesang, der jedem an die Ohren klingt, den, unser ganzes Leben lang, uns heiser jede Stunde singt. Sicherheit ist sein Lebensziel, der Sicherheit wird alles andere geopfert. Die Sicherheit ist das oberste Gebot, darum wird nicht diskutiert, das ist die heilige Kuh. Und doch gibt es nur eine einzige Sicherheit, nämlich die, daß er irgendwann sterben muß. Die ganzen Linksfahrer auf der Autobahn könnten schon mal damit anfangen.

Es muß ja auch alles kompliziert sein, denn wo in anderen Ländern ab und zu Schmiergeld bezahlt werden muß, muß in Deutschland für alles andere bezahlt werden. Unterm Strich ein Minusgeschäft und gerade hier wird über Korruption geredet, als handele es sich um den Teufel persönlich. Doch die zumindest augescheinliche Korruptoinsfreiheit in den unteren Hierarchien in Deutschland ist teuer erkauft, denn alles kostet. Einfach alles. Und nicht wenig. In der BRD muß man für Sachen bezahlen, da weiß man in anderen Ländern gar nicht, wozu man die überhaupt braucht. Und es gibt kein Entkommen. Da läuft nichts mit Diskutieren, oder Schmieren. Der TÜV ist ein gutes Beispiel. Ich stand also beim TÜV mit der Kopie des ehemaligen Fahrzugscheines. Normalerweise beginnen schon hier die Komplikationen. Aber der Typ hinterm Tresen kannte mich schon seit 15 Jahren. "Der soll halt einfach sagen, wieviel er haben will, das kriegen wir dann schon hin", versuchte ich, vernünftig an die Sache heranzugehen. Aber er machte mir sofort klar, daß ich jetzt besser die Schnauze halten soll. Das solle ich doch bitte in Brasilien versuchen. "Das geht nicht. Da gibt's keinen TÜV" - mit anderen Worten, dort zahlen nur die größten Deppen 45,40 € für Nichts und wieder nichts. Hier müssen alle zahlen, folglich sind alle Deppen - oder werden zumindest zu Deppen gehalten. Mit den Deutschen kann man eben alles machen. Ich reichte ihm einen 50er, nahm das Wechselgeld zurück.

Wir sind TÜV!
Der zweite Versuch...

Einzelheiten spare ich mir hier, denn beim Völkchen der Richter und Henker muß man nicht lange darauf warten, bis ein selbsternannter Hilfs-Sheriff den Staatsanwalt und seine Clowns auf den Plan ruft, um die große Gefahr zu bekämpfen, die von einer durchgerosteten Wagenhaberaufnahme für die Gesellschaft ausgeht. Die Unterschichtensender überschlagen sich geradezu mit Sendungen, bei denen es als großer Skandal gilt, wenn ein Nissan eine TÜV-Plakette bekommt, bei dem sich der Scheinwerfer nicht regulieren läßt. Das ist ein erheblicher Mangel, ein gravierender Mangel, ein lebensgefährlicher Mangel, um Gottes Willen. Das einzig Bedrohliche an diesem Auto war, daß es von einer Frau gefahren wurde, aber darauf schaut der TÜV nicht. So verblödet ist man hierzulande. Es passiert nicht ein einziger Unfall wegen eines nicht verstellbaren Scheinwerfers. Kein einziger. Es passieren tausende von Unfällen, weil sich die deutsche Blödheit im Straßenverkehr noch summiert und anschließend potenziert. Aber dagegen gibt es keinen TÜV. Das wäre mal sinnvoll, aber gerade deshalb gibt es ihn nicht.

Mit einer Bescheinigung, daß das Fahrzeug nur geringe Mängel aufweist, fuhr ich vom TÜV zurück in die Werkstatt. Nächste HU 2010. Ich ließ sogar die kaputte Wagenheberaufnahme schweißen, aber hauptsächlich ging es mir darum, die 120dB-Hupe und das Autoradio einzubauen. Den Unterfahrschutz hatte ich schon vorher eingebaut und die Lenkhilfe mußte auch wieder angebracht werden.
Almut rief an und bestellte mir einen schönen Gruß von Mohammed. Die Visa kriegen wir angeblich an der Grenze. Wenn sie das sagt, dann glaube ich ihr das. Sie kriegt es immer irgendwie hin - und wenn wir am Ende durch Algerien brettern ist das auch kein Weltuntergang...

Am 17. Dezember war es endlich soweit: Ich beantragte die Zollkennzeichen. Ich brachte die Tonnen von Papier, die dazu erforderlich waren gerade so im Kofferraum unter. Das Auto sollte auf meine Sauberfrau zugelassen werden. Dazu benötigt man eine Vollmacht, den original Ausweis, dann den Brief, den Schein bzw. die Abmeldebescheinigung, die TÜV-Bescheinigung, die Versicherungskarte und 42,90 €. Ich suchte alles heraus und gab es ihr. "Das Auto haben Sie auch dabei?" "Ja, klar!" "Gut, dann legen wir mal los", sagte sie und wenn das ein deutscher Beamter sagt, dann kann man sicher sein, daß alles demnächst ins Stocken gerät. So war es dann auch: "Die Vollmacht ist ja nur ein Fax. Die kann ich nicht akzeptieren..." Jeder normale Mensch wäre an dieser Stelle über den Tisch gesprungen und hätte ihr das stumpfe Taschenmesser in den Hals gerammt. Mehrmals, bis die Sau ausgelaufen ist und hätte dann gefragt, welche nutzlose Sachbearbeiterin noch ein Problem mit der Vollmacht hat. Aber da ich so ein friedfertiger Mensch bin, sah ich davon ab. Ich will einfach nur bis zur Grenze fahren, das letzte was ich da brauche, ist eine Anzeige wegen mutwilliger Beschädigung von Staatseigenthum. "Na, gut, dann komm ich morgen wieder", sagte ich und sammelte meine Papiere wieder zusammen. "Muß das Auto unbedingt auf Ihre Frau zugelassen werden?", fragte sie mich. "Von mir auch muß es gar nicht zugelassen werden. Das Auto fährt auch ohne Zulassung", gab ich genervt zurück. "Weil, wenn es auch auf Sie zugelassen werden kann, dann brauchen wir die Vollmacht nicht..." Ich hatte zwar bei der Versicherung angegeben, daß das Auto auf Almut Besold zugelassen werden sollte, aber probieren kann man es ja mal. "Na, gut..." Sie überprüfte alle Unterlagen, ob alles da ist, dann zog sie sich ihren Mantel an. "Jetzt müssen wir raus und die Fahrgestellnummer überprüfen..." Ich ließ die Papiere auf dem Tisch liegen und ging voraus. "Wissen Sie, wo da die Fahrgestellnummer ist?" "Natürlich..." Ich machte die Haube auf und zeigte ihr die Plakette. "Einmal hier..." "Da darf ich sie nicht ablesen, weil das Schild ja nur aufgeschraubt ist..." "Ja, klar. Bei diesem wertvollen Auto ist es schon wichtig, daß man dä Fahrrgeställnommer an der orthodoxen Stelle abliest! Wo kommen wir denn da sonst hin, nicht wahr?" "Ja, mei, das sind die Vorschriften, kann ich auch nichts dafür." "Das hat schon damals in Nürnberg nicht funktioniert, aber ich bin dann der Ewiggestriege", murmelte ich, während ich die Schläuche der Heizung zur Seite drückte. "Was?", fragte sie. "Ich habe gesagt, daß ich mir nicht sicher bin, ob die lesen können... Also, die Nummer, also, ob Sie von da aus die Nummer, ich meine..." "Ich versteh schon. Lesen Sie sie mir einfach vor", sagte sie. "WDB123120103", kam, wie aus der Pistole geschossen, dann "zwei - sieben - sechs - vier - eins..." Wir gingen wieder hinein. Ein Lockenkopf mit zwei Schildern in der Hand fragte die Beamtin, ob sie jetzt ernsthaft "die Karre" auf Fahrgestellnummer überprüft hat. "Ja, das muß ich machen! Was soll ich machen? Soll ich es lassen, dann krieg ich eine auf den Deckel, wenn was ist... Also, Ihr seid ja gut!" Wir gingen wieder hinein.

Nun füllten wir den Wisch von der Versicherung aus. Als sie mir den alten Brief gab, um die Fahrgestellnummer abzuschreiben, war sie erstaunt, daß ich diese schon eingetragen hatte. "Dann hätten Sie mir ja vorhin jede Nummer sagen können, wenn Sie sie auswendig wissen!" "Richtig! Ich hätte aber auch theoretisch einfach eine Nummer an die Spritzwand schweißen können, die mit dem Brief übereinstimmt. Und wenn ich kurz nachdenke, dann würden mir sicher noch ein paar Methoden einfallen, wie man diese blödsinnigen Vorschriften umgehen kann. Aber bei einem Auto, das vielleicht 100 Euro wert ist, lohnt sich das nicht wirklich. Soviel kostet mich allein diese Zulassung. Aber wir können gerne nochmal rausgehen, wenn Sie wollen..." Es wurde venünftigerweise darauf verzichtet... Ist das die Adresse, unter der Sie gemeldet sind? "Nein, natürlich nicht. Ich bin überhaupt nicht in Deutschland gemeldet." Nun rief sie um Hilfe. "Karla! Kannst mir schnell helfen? Ich weiß nicht, was ich machen soll..." Die Karla kam. "Der ist in den USA gemeldet, das Auto geht nach Libyen! Was soll ich jetzt machen? Jetzt kenn ich mich gar nicht mehr aus!" Die Karla war deutlich abgestumpfter als ihre jüngere Kollegin. "Trag einfach die amerikanische Adresse ein", sagte sie, "ist doch wurscht!" Ich nickte zustimmend und gab ihr "Thumbs up". "Genau das würde ich nämlich auch sagen!" Sie erzählte, daß sie oft irgendwelche Russen hätte, die mit den Autos nach Italien fahren... Sei kein Problem. Natürlich ist es kein Problem. Erst diese unsinnigen Gesetze machen ein Problem daraus.

"Jetzt gehen Sie damit hinten raus und rechts und lassen sich Schilder prägen!" Ich zog los. Eine ältere Dame stand hinter dem Tresen. "Grüß Ihnen Gott, gnädige Frau. Ich möchte gerne zwei von diesen Schildern, besonders schön und für umsonst!" Sagte ich und grinste. "Umsonst? Wieso soll ich die umsonst prägen?" "Weil ich doch so ein furchtbar netter Kerl bin!" "Aber ich bin doch auch nett... Schauen's, ich präg sie Ihnen für 20€, normal kosten sie 29 - so nett bin ich..." Na, wer sagt's denn... Und das in Deutschland. Ich war gleich so überrascht, daß ich die Quittung unterschrieb, ohne es zu merken...

Endlich zugelassen...
Endlich zugelassen zum Verkehr auf öffentlichen Straßen.

Um 10 nach Drei war alles erledigt. Hinein ins Auto und zurück zum Stützpunkt. Was für ein Aufwand! Und 100 € sind auch noch draufgegangen. Und ich bleib dabei: In jedem noch so korrupten Staat hätte man das gleiche bekommen, nur schneller und billiger. Jedenfalls ist das Auto nun bis zum 15. Januar legal unterwegs. Nun kann man die verbleibenden Sachen vernünftig an den Start bringen. Immer noch fehlt der Gepäckträger.

Am Freitag erst brachte ich es fertig, den Gepäckträger in Krumbach abzuholen. Schön stabile Geschichte. Und hat offensichtlich nur einen Bruchteil dessen gekostet, was der Därr-Träger kostet. Nun konnte das Gefährt bestückt werden. Am Vormittag des Samstag stand ich bei Sprühregen in der Einfahrt und befestigte das Gerät am Träger. Vier Dieselkanister, vier Sandbleche, zwei Wasserkanister, zwei Ersatzreifen und eine Alu-Expeditionskiste. Die hatte mir meine Lieblingsnachbarin zur Hochzeit geschenkt. Endlich kam sie zur Verwendung.

Im Laufe des Sonntags brachte ich den Rest des Gepäcks unter. Für Almuts Kontakt hatten wir jede Menge Kisten dabei, was bedeutete, daß der Kofferraum alleine nicht ausreichen konnte. Packen kann ich ja nun mittlerweile, auch habe ich gelernt, überflüssiges Gepäck gar nicht erst mitzunehmen. Ich hatte noch bei der Pension Resy in Oberinn am Ritten in Südtirol ein Doppelzimmer reserviert. Vor der Abfahrt 2000 war ich zuletzt dort gewesen. Es wurde wieder Zeit. Nach einem guten Abendessen sollte es losgehen. Punkt 18:30 Uhr lief der Diesel warm. Ich setze mich nicht in ein kaltes Auto. Das sollen die Deutschen machen. Spießer, Paragraphenreiter, Sparer! Das sind mir die allerdümmsten! Für Tausende von Euro sich eine Photovoltaikanlage auf das Dach der Kleingartenanlage setzen und sich am Stammtisch damit angeben, daß man im Laufe von drei Jahrzehnten die paar Cent für den Strom spart. Ebenso innovativ war vor einigen Jahrzehnten die Ölheizung auch mal. Mittlerweile taugt die nur noch dazu, daß man sich beim Tanken Geld spart - insofer man einen Diesel fährt...

Markus Besold Kraftfahrer
Almut Besold Navigator

Kilometerstand bei Abfahrt: 289.915 km

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