Libyen 2008 / 2009
Freitag, 2. Januar

Als ich wieder aufwachte war es später Nachmittag. Der Himmel war bedeckt und eigentlich lohnte es sich nicht wirklich aufzustehen. Heute mußten wir schon wieder den Rückweg antreten. Diesmal war es nichts mit Wüste, aber die läuft ja nicht weg. Ich hatte allerdings schon wieder so viel Bock auf Deutschland wie auf eine Kugel im Kopf. Und mich nervte dieses Geruckel und Gewackel beim Diesel. Ventil ausgebrannt? Das hatte ich mal beim Braunen, bei ungefähr dem gleichen Kilometerstand. Mann, ist das lange her...

Eigentlich wollten wir ja schon am Nachmittag fahren, aber das verschob sich dann doch auf den sehr späten Nachmittag. Wir packten das Auto voll und ich gab mich der kindischen Hoffnung hin, daß ich den Motor starten würde, und er würde laufen, als hätte es nie ein Problem gegeben. Doch das tut er natürlich nicht. Er sprang schwer an, ging dann auch ein paar Mal wieder aus, wenn man nicht aufs Gas ging. Ich fing sicherheitshalter schon jetzt damit an lautstark zu fluchen...

Auf Wiedersehn, ihr Freunde mein, so schnell verging die Zeit...

Wir fuhren um zehn vor Acht los in Richtung Grenze. Es war schon wieder dunkel. Natürlich hatte sich der Motor nicht von selbst geheilt. Ich hab's fast befürchtet. Ich versuchte, mich nicht über meine eigene Blödheit aufzuregen, sondern über die anderer Menschen. Das ist ein bewährtes Rezept. "Wer ist eigentlich auf die beschissene Idee gekommen, die Risse im Armaturenbrett mit Panzertape abzukleben?", fragte ich und zeigte auf das Kunstwerk. Muß irgendein Vollidiot gewesen sein. Erstens kriegt man das Tape nicht mehr runter, zweitens sieht das um Welten schlimmer aus, als die Risse. Wenn also das mit dem Motor behoben ist, kommt ein neues Armaturenbrett rein, und wenn das schon gwechselt werden muß, kann man gleich auch noch eine Klima-Anlage miteinbauen. Am Blauen muß noch viel gearbeitet werden, wenn er seinem braunes Vorbild das Diesel reichen will. Und da tun sich Abgünde auf. Man merkt erst, was alles fehlt, wenn es nicht da ist. Klimaanlage, verstärkte Federn, größerer Tank, Wärmeschutzverglasung, 15-Zoller, Standheizung und vieles andere mehr. Immerhin hatte ich eine Armlehne bekommen. Ein Ami schüttelt mit dem Kopf, wenn er das Auto sieht. Kostet doppelt soviel wie in Amerika, dafür fehlt die Hälfte. Scheiß deutsche Billigheimer...

Und was mich jedesmal aufs Neue aufregt, das ist die Lenkung. Mit der stimmt irgendwas nicht. Der Wendekreis beträgt fast 20 Meter, wenn man nach links fährt. Rechtsherum scheint er in Ordnung zu sein. Wenn man sich mal an die Abmessungen von diesem Modell gewöhnt hat und im Unterbewußtesein genau weiß, daß man da oder dort vorbeikommt, dann ist es sehr störend, wenn man während des Manövers feststellen muß, daß man jetzt nicht knapp am Hindernis vorbeifährt, sondern frontal hineinrauscht. Vollbremsung, Rückwärtsgang, Korrekturmanöver, Fluchen. So geht das die ganze Zeit. Für den Arsch. Und ich habe keine Ahnung, woran es liegt. Auch die Blinker benehmen sich nicht richtig. Er springt zu früh bzw. gar nicht raus, je nachdem, ob man nach rechts oder nach Links fährt. Was für eine Scheiße... Scheint als ob irgendein Idiot von Vorbesitzer den Fehler nciht fachmännisch, sondern afrikanisch beseitigt hätte, sprich, er hat nicht an der Lenkung oder an der Vorderachse die Korrektur vorgenommen, sondern dadurch, daß er das Lenkrad abgeschraubt und wieder in Nullstellung gebracht hat. So ein Trottel! Das wäre, als ob man durch das zurückdrehen der eigenen Uhr den Zug vielleicht doch noch erreicht...

Die Kare schaffte gerade so die 100 km/h. Das wird kann in den Bergen spannend werden... Gegen halb Elf kamen wir in Grenznähe, die sich, wie immer durch die gestaffelten Grenzkontrollen ankündigte. Bei einer dieser Kontrollen drehten wir um. Wir wollten schließlich doch noch alle vorhandenen Gemäße mit dem billigen libyschen Sprit vollmachen, bevor es hinausging. Wir mußten also umdrehen, denn an der Grenze war weit und breit keine Tankstelle. Eine solche fanden wir erst in Bukamasch, das ist ein Dorf an der Straße ins Landesinnere. Dort wurde alles vollgemacht. Der Tank, die Kanister, auch hätte ich noch sonstige Gefäße vollgemacht, wenn ich welche gefunden hätte. Bei Touristen scheint es wirklich niemanden zu interessieren, was sie hamstern. Erst wieder im Polizeisttat Bayern, aber so wie die Sache aussah würde der hier getankte Sprit bis dorthin eh nicht reichen. Der 65-Liter-Tank ist dafür viel zu schnell leer, und da der Motor nur auf drei Zylindern zu laufen schien, wird der Verbrauch noch zusätzlich erhöht. Beim Tanken lasse ich normalerweise den Motor immer an, allerdings ging mir das Geruckel so auf den Nerv, daß ich ihn abschaltete. Als ich ihn wieder anließ, lief er ganz ruhig, ganz normal, als wäre es nie anders gewesen. "Hm..."

Nach der Tankaktion fuhren wir langsam an die Grenze. Wir mußten auch noch Cigaretten kaufen und ein bißchen Zeit totschlagen. Der Karren schaffte immer noch nicht mehr als 100 km/h. An der ersten Kontrolle war das Ruckeln wieder da. "Scheißdreck, verdammter Scheißdreck! Fuck!" Langsam arbeiteten wir uns bis an die Grenze vor. Um Mitternacht waren wir dann auch dort. Außer uns waren noch ein paar 123er da. Zunächst wurden wir irgendwohin geschickt. Keiner wußte, ob die libyschen Kennzeichen vom Zoll oder von der Touristenpolizei waren. Wir waren aber nicht als Touristen eingestuft, daher wurde der Sachverhalt geklärt und wir an den Zoll weitergeleitet. Dann fuhren wir in den großen Hangar hinein, in dem die Fahrzeuge durchsucht werden. Von einer richtigen Durchsuchung des Fahrzeugs wurde allerdings abgesehen. Wir hatten keine Lust, zweihundert Kilo Bücher auszupacken, die Grenzer wohl auch nicht, nehme ich an. Um 00:35 Uhr waren wir aus Libyen ausgereist, aber ein paar Meter weiter, in Tunesien war es erst 23:35 Uhr. Die Einreise in Tunesien dauerte da schon etwas länger. Das kennen wir doch noch.


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