Alaska 2003
Freitag, 26. Dezember 2003

In halber Nacht wache ich auf, vor kälte zitternd. Komisch, warum klebt denn der Schlafsack so? Warum ist alles naß? Da spürte ich die Tropfen im Gesicht. "Almut, wach auf, es regnet. Ich springe auf, stelle aber schon sehr bald fest, daß es kein Regen ist, sondern eine Sprinkelanlage. Ich war durchnäßt bis auf die Knochen. "Scheiß Teil, gottverrecktes. Fuck!", ich versuchte, mit meinem Stiefel das Wasser so lange im Zaum zu halten, bis Almut das Zeug weggepackt hatte, aber keine Chance, der Wasserdruck war zu Hoch.

 

Ich holte aus und wollte es austrappen, da brach der Kopf weg und eine Wasserfontäne sprudelte meterhoch. Wenigstens wurde es nicht mehr in alle Richtunggen verteilt sondern blieb an einem Punkt. Almuts Seite war komischerweise weitgehend trocken geblieben, nur ich hatte es geschafft, mich wieder mal genau in den Verwatungsbereich der Sprinkelanlage zu legen. Nun war alles klatschnaß. So etwas idiotisches, sowas darf überhaupt nicht passieren, nun hatten wir überhaupt nichts warmes mehr. Bis auf weiteres.
Mit klammen Finern und zitternd wie Espanlaub saß ich dann auf dem Sitz und wir fuhren sofort auf den Highway. Bloß den Diesel warmkriegen, dann die Heizung an.

Wir fuhren nach San Francisco hinein. Ich bin mir ziemlich sicher, daß "The Rock" hier gedreht wurde, jedenfalls war es mir so, als kannte ich schon die eine oder adnere steile Straße. Und die Brücke, die Weltberühmte zeigte sich auch ab und an. Was mich irritierte war, daß Almut mich immer in eine andere Richtung schickte, als da, wo ich die Brücke vermutete. Und was mich noch mehr irritierte war, daß hier überhaupt nichts beschildert ist, was mich vermuten ließ, daß die Stadt wohl eine brasilianische Firma damit beaufragt haben muß. Einmal stand irgendwo ein Schild, auf dem Stand "Golden Gate". Aber worauf sich das bezog, das blieb des Schildes Geheimnis. War die Brücke gemeint, die Straße oder war da tatsächlich irgendwo ein güldenes Thor? Ich ging genervt in eine Tankstelle und fragte den Typen hinter dem Tresen, ob er mir sagen könne, wie man zu dieser fucking Brücke käme. "Welche Brücke?" "Na die Weltberühmte Golden Gate, oder gibt's noch 'ne andere?" Er hieß mich einfach der Straße folgen. Es war der 101er, den wir aus irgendeinem unvernünftigen Grund verlassen hatten. Mit Beschilderung ist es hier nicht weit her. Und da war auch noch diese Bay Bridge, von der ich irrtümlicherweise annahm, es sei die Golden Gate, daher eben die verwirrenden Anweisung von Almut, die mich immer in die andere Richtung schickte. Das lage nur darin begründet, daß sie mich zur Golden Gate lotsen wollte und nicht einfach zu einer Brücke, die so aussieht, als wäre sie die Golden Gate.

Dieses Bild ist einfach ein Muß. Leider war hier kein Anhalten möglich geschweige denn eine Luftaufnahme. Aber besser als nichts.

Nach San Francisco verließen wir den 101er und fuhren in Richtung Sacramento. Wir waren auch Ratz-Fatz dort, natürlich war dort überhaupt nichts los. Mir war nicht ganz wohl bei dem Gedanken, das Auto einfach so vor einem Regierungsgebäude unbeaufsichtigt stehen zu lassen. Ich sah es schon von Entschärfungskommando, Armee und Polizei umzingelt und die halbe Stadt gesperrt und evakuiert. Die amerikanische Paranoia ist zuweilen ansteckend. Allerdings muß ich in diesem Falle sagen, daß sich da mein Verständnis sehr in Grenzen hält. Wer Feinde sucht, der Findet sie und wenn der Spruch Kaiser Wilhelms II, "Viel Feind, viel Ehr'" noch Gültigkeit besitzt, dann kann sich Amerika sehr geehrt fühlen. Trotz aller Sympathie, die ich zu meinem eigenen Erstaunen für dieses Land mittlerweile empfinde, meine Auffassung über die seit Jahrzehnten verfolgte und nicht an einem Mr. Bush festzumachende Politik dieses Landes, hat sich keinen Deut geändert.
Wir besichtigten das Capitol, Almut konnte somit ein weiteres zu ihrer Sammlung hinzufügen. Und da wir schon in Sacramento waren, fuhren wir gleich weiter nach Carson City, der hauptstadt von Nevada, um das nächste Capitol mitzunehmen. Allerdings glückte der Handstreich nicht, denn als wir den Hochweg verließen um auf der kürzeren und daher vermeintlich schneleren Landstraße nach Carson City zu gelangen, fanden wir uns im Stau wieder.
Kurz zuvor hatte ich eine Probe des Wassers der Windschutzscheibe entnommen und sehr schnell festgestellt, daß hier auch mit Salz gestreut wird. Nach Jahren standen der Daimler und ich wieder unserem Erzfeind gegenüber.

Im Stau auf der Landstraße, die von Kalifornien zur Hauptstadt Nevadas führt.

Da verbrachten wir dann bei einsetzendem Schneefall Stunden über Stunden. Als wir endlich in Carson City ankamen war es längst dunkel und das Capitol hatte zu. Wenigstens konnten wir die Wäsche sowie die Einkäufe erledigen. Als wir dann fuhren legte sich Almut wie von mir vorgeschlagen schlafen. Wir hatten einen ganzen Tag verloren durch den mißglückten Handstreich, ich wollte das in der Nacht aufholen. Sie fragte mich vorher noch, ob ich die Navigation im Griff hatte. Als ich bejahte, schlief sie weg. Sie wachte erst durch mein landsknechtshaftes Fluchen auf, als ich nach über 20 Meilen feststellte, daß ich die ganze Zeit in die falsche Richtung gefahren war, nämlich nach Süden. Wieder zurück nach Carson, dann auf den Highway 80 in Richtung Sacramento. 15 Stunden nachdem wir am Capitol losgefahren waren, standen wir wieder dort. Nun fuhren wir auf den 5er und weiter ging es in Richtung Norden. Die Zeit drängt, ich muß wieder raus aus dem Land - oder hierbleiben für nicht absehbare Zeit und ein Leben im untergrund führen - das kann ich in Deutschloand billiger haben und muß dafür nicht mal arbeiten. Also immer schön darauf achten, nicht das Geringste anzustellen. Auf der Weißen Weste diesmal kein Stäubchen, hier ist man noch ein unbeschriebenes Blatt.
Wir fuhren bis zu einer Rest Area irgendwo zwischen Sacramento und Oregon. Almut schlief wieder im Auto, ich bevorzugte meine Bleche. Normalerweise sind die für Almut reserviert, aber sie scheint etwas kälteempfindlich. Und lange können wir uns den Scherz mit den Blechen nicht mehr erlauben, denn nun wird es zunehmend kälter werden von Nacht zu Nacht. Neben uns schlief auch einer im Auto, er ließ die ganze Nacht den Motor durchlaufen. Das soll er mal in Deutschland versuchen. Ich liebe dieses Land. Hier gibt es keine Gabis, die einen ankeifen, weil man den Motor laufen läßt, es kümmert einfach keine alte Sau, es ist Gang und Gäbe, jeder LKW-Fahrer läßt seinen Diesel über Nacht laufen, das gehört sich einfach.

Laßt die Maschinen laufen...

Voriger Tag Indexseite Nächster Tag

[Hauptseite] [Besolds W123] [Reiseberichte] [Gästebuch]
© by Markus Besold