Libyentour 1998
Donnerstag, 10. September

Heute geht es ziemlich spät erst weiter, nämlich um 10:00 Uhr. Es wurde sogar ausnahmsweise vor der Abfahrt gefrühstückt statt wie bisher während der Fahrt. Über einen Weltempfänger hörten wir die Nachrichten. Es war nichts interessantes dabei. Wahltheater... Pah! Machen eh, was sie wollen...
Dies war für Metzger und mich der letzte Tag im Kraftfahrparadies Libyen. Und immer noch fehlten ein Kamelschädel, Kamelfleisch, Kamelmilch, Datteln, Tonbänder mit arabischer Musik, ein Bild von Oberst Gadaffi und ein schönes Sonnenuntergangsphoto.
In knapp 30 Stunden würde in Tunis die Fähre anlegen, die uns nach Europa zurückbringen sollte und wir durften sie nicht verpassen, obgleich wir das gerne getan hätten. Das Geld hätte wohl noch für Monate ausgereicht. Ein Land mit solchen Straßen und Spritpreisen verlasse ich höchst ungern. Alle außer mir hatten Zeit. Ich mußte in die Schule, einen zweiten Anlauf an der BOS starten, dem Abitur nachjagen. Hätte ich zu diesem Zeitpunkt schon gewußt, daß ich nach nur einem Schultag von der Schule gegangen werden würde, wäre ich trotz Fährticket noch geblieben.

Wieder alles eingeladen...
Schön zu sehen ist hier das libysche Zollkennzeichen.

Bei der Einreise nach Libyen erhalten ausländische Fahrzeuge ein libysches Zollkennzeichen. Für diese müssen Devisen im Wert von 200 US$ als "Pfand" hinterlegt werden. Das ist sozusagen Eintrittsgeld, denn den Betrag erhält man zwar bei der Ausreise zurück, aber in libyschen Dinar, die man höchstens in Tunesien etwa 1:1 gegen tunesische Dinar eintauschen kann. Aber das Eintrittsgeld lohnt sich. Die Zöllner wissen ohnehin genau, was gespielt wird und es scheint sie nicht besonders zu interessieren. Man wechselt Geld in Tunesien auf dem Schwarzmarkt und bekommt einen im Vergleich zum offiziellen Phantasiekurs (1 LD = 7 DM) sehr günstigen Kurs (1LD = 0,75 - 1 DM). Es ist zwar offiziell Verboten, Landeswährung aus- und einzuführen, doch kontrolliert wird das nie.

Das scheint ein stillschweigendes Abkommen zu sein, nur sollte man es auf jeden Fall unterlassen, die Zöllner für dumm verkaufen zu wollen, denn die haben keine grüne Uniformen noch einen Aufnäher mit der Aufschrift "Bundesgrenzschutz" oder eine Armbinde mit der Aufschrift "Blöd". Ich kann mir vorstellen, daß sie unangenehm werden können, wenn man ihnen blöd kommt. Ich weiß zwar nicht was passiert, aber ich kann versichern, daß es nicht so abläuft, daß nach einem Jahr ein lächerlicher Wisch im Briefkasten liegt, denn es gibt noch Länder, in denen Nägel mit Köpfen gemacht werden. Meiner muß es ja nicht sein. Natürlich hat man Landeswährung dabei und natürlich ist sie schwarz in Tunesien gewechselt worden, das wissen die Zöllner, das weiß jedes Kind, aber man spricht nicht darüber und aus.

...und weiter geht's
So sah es am nächsten Morgen aus. Irgendwo voraus lag die Straße.

Wir waren noch keine zwanzig Minuten unterwegs, da sah ich rechts am Straßenrand ein Kamelgerippe und der Schädel war noch da. Sofort abgeschraubt und mitgenommen.

Ursprünglich hatte ich die Absicht, ihn am Kühlergrill zu befestigen, aber dafür war er dann doch ein bißchen zu groß, also mußte er auf die Sandbleche auf dem Gepäckträger.

Gruppenphoto
Die Besatzung des einsam durch die Wüste "cruisenden" Daimlers. Weil alle gar so gut zu erkennen sind:
v.l.n.r.: Ines, Almut, Michl, Besold.

Bei einem Kontrollposten, den wir bald erreichten, hatten wir wieder mal Gelegenheit, uns an arabischer Gastfreundschaft zu erfreuen: Nachdem der Zöllner unsere Pässe gesehen hatte, bat er uns auszusteigen und Platz zu nehmen. Ein cooler Neger in blauer Tarnuniform der da saß, brüllte irgendwas in die Bude hinein. "Was hat das g'heissen, was hat er gessagt?" - "Die sollen einen Kaffe bringen" Zunächst gab es also einen Kaffee, dann folgten Milch, Kamelmilch, Baguette, Gurken und zum Abschluß bekamen wir noch einen Riesenkarton voller Datteln geschenkt. Auch sie wollten wissen, was in "Almania" so ein "Merscheds" kostet. Ich sagte, allerhöchstens wohl noch 500 US$. Das glaubten sie mir nicht. Es sei doch ein gutes Auto. Ob es in Germany dafür keine Ersatzteile mehr gäbe - "Doch, selbstverständlich, ist ja ein Merscheds" - Warum dann so billig? - Weil sehr alt und sehr viele Kilometer. - "Kilometer? Wieviele?" - 500.000 - "Ah, but why? 500.000, 600.000, 700.000... No Problem." Ja, guter Mann, das wissen Sie und ich weiß das und jeder, der einen "Merschedes" fährt weiß das, aber den will keiner mehr haben, ist so, und deswegen zahlt auch keiner mehr. Aber sie verstehen das nicht, daß es Leute gibt, die ein solches Auto, ein Diesel noch dazu, nicht haben wollen und sie werden es wohl nie verstehen. Komische Länder, da in Europa... kein Bedarf an zuverlässigen Autos. Neu, 'in', ausgefallen, sicher und sparsam müssen sie sein, alles andere ist egal.

Mittagspause am Kontrollposten
In fröhlicher Runde am Frühstückstisch.

Mit der Polizei kommt man in Libyen zwangsläufig sehr oft in Kontakt, doch nicht ein einziges mal waren Polizisten unfreundlich oder gar schikanös. Anscheinend verhalten sie sich nicht nur Touristen gegenüber so, sondern auch Einheimischen. Der Herr in weiß mit Schnurrbart (3.v.l.) passierte in seinem PKW nach uns den Posten und wurde ebenfalls zum Essen eingeladen.

Um 14:00 Uhr (km 6.026) füllten wir den Tank in Schweyrif wieder auf. Diesel - welch ein kostbarer Saft, der einem die Pforten zur großen weiten Welt öffnet, bei dessen einzigartigem Duft man die Kraft der Jugend durch die Adern rinnen fühlt, der Mut schafft, sich in die Welt zu wagen und der der Menschheit die Kraft verleiht, unentwegt Vorwärts zu streben, jeder Tropfen, so kostbar wie Blut. Mit diesem Lebenselexier wird hier umgegangen, als wäre es eine dreckige Brühe. Dieselzapfsäulen erkennt man ja an den riesigen Pfützen drumherum. Welch eine Verschwendung!

Der Welt beste Tankstelle
Die Tankstelle bei Schweyrif. Hier gab es sogar Bier von der Bierbrouwerij "Bavaria" Holland - Alkoholfrei, versteht sich...

Wir fuhren weiter über Gariyat in Richtung Sabrata und in der Gegend um Gharyan begann der Wagen zu stottern, obwohl noch reichlich Diesel im Tank war. Da kam mir der Gedanke, daß ich doch das Diesel aus den Kanistern vielleicht besser filtern hätte sollen. Da ich absolut keine Lust verspürte, die Dieselfilter zu wechseln, tankte ich einfach voll und fuhr weiter. Nach dem Tanken lief er wieder wie eine eins.

Erst fast ein Jahr später fand ich heraus, woran es gelegen hatte: Es waren nicht die Filter. Ich hatte mir den Tank eines 280E eingebaut, dabei aber das Sieb nicht gewechselt. Da das Sieb des Benziners viel feiner ist, als das des Diesels, und ich neben Diesel mit allem möglichen Dreck zu fahren pflege, war es innerhalb kürzester Zeit mit Schlacke zugesetzt und es floß nur solange Diesel durch, wie der nötige Druck vorhanden war. Waren nur noch 10 Liter im Tank, reichte die auf dem Sieb lastende Dieselsäule nicht mehr aus, um den Kraftstoff durch das Sieb zu drücken und das Ergebnis war, daß das Auto bei schneller Fahrt zu stottern anfing.

Yfren - Surman
Yfren: Blick ins Tal.

Kurz nach Yfren wurde noch der Sonnenuntergang gefilmt. So kurz vor Ende der Reise hatten wir also doch noch Glück und sahen die Sonne in der Wüste versicnken. Die Sonne verschwindet hier ziemlich schnell und nicht lange nachdem sie hinter der Kimm versinkt, hat sich schon die Nacht über das Land gebreitet.
In Surman hielten wir nochmal an, um möglichst viel Geld loszuwerden. In Libyen ist das auf Dauer wirklich anstrengend. Wir kauften alles mögliche an Fresskram, Kassetten und was nicht noch alles da war. Ohne Zwischenfälle kamen wir um halb Zehn in der Jugendherberge Sabrata an. Wenn ich mir einen Ort für eine Panne aussuchen könnte, wollte ich sie jetzt haben, oder nie. Dann hätte ich einen guten Grund gehabt, die Fähre zu verpassen, könnte eine preiswerte Reparatur durchführen lassen und alles wäre gut. Von den ursprünglich 395 LD waren nach 5.306 km in Libyen noch 310 LD übrig. Bei einem Literpreis von 2-3 Pfennigen tut man sich nicht gerade leicht, alles in einer Woche zu verfahren. Und da wir mit dem Geld außerhalb Libyens eh nicht viel anfangen konnten, ließen wir es den Mädels da.

In der Jugendherberge trafen wir durch Zufall auf weitere Touristen. Es war ein junges Ehepaar aus Minden. Ihr Wagen war mir nur deshalb aufgefallen, weil es der erste FIAT war, den ich in Libyen sah. Um 22:05 Uhr fuhren wir dann doch los. In Zouara tankten wir um 23:00 Uhr an der Shell noch ein letztes mal in diesem wunderbar autofreundlichen Land, in dem wir 5.415 km für 'n Appel und n' Ei gefahren sind, und fuhren dann in Richtung Grenze (Unable to stay, unwilling to leave), die sich durch die gestaffelten Grenzkontrollen bereits ankündigte.


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