Libyentour 1998
Montag, 7. September

7:00 Uhr. Nachdem wir es nach fast einer dreiviertel Stunde geschafft haben, ohne aufzusitzen auf die Straße zurück zu kommen, fuhren wir weiter nach Tobruk. Verfahren konnte man sich ja nicht und da in Libyen Spritsparen das letzte ist, was man nötig hat ging die Fahrt zügig voran. Immer mit Vollgas, aber mehr als 125 km/h gibt der völlig überladene Daimler mit Dachlast und eingeschalteter Klimaanlage auch auf ebener Strecke nicht her. Man kann nicht alles haben. Keine vierzig Kilometer von unserem Nachtplatz entfernt war der Boden wieder so beschaffen, daß es möglich gewesen wäre, ohne größere Probleme hier rein und wieder hinauszufahren. Das wurde ins Kraftfahrtagebuch eingetragen.

Der Klassiker
Einige Herden Kamele (oder Dromedare oder was das auch für Viecher gewesen sein mögen) kreuzten immer wieder mal unseren Weg - oder wir ihren, wie hier.

11:00 Uhr: Ankunft in Tobruk. Französischer und englischer Soldatenfriedhof wurden besichtigt.

Das berühmte Tobruk, von dem ich in meiner Schulzeit so viel gelesen habe, das während des Nordafrikafeldzuges zig mal den Besitzer wechselte, nun stand ich selbst davor.

Französischer Soldatenfriedhof. Britischer Soldatenfriedhof.

Beides sehr schöne und gepflegte Anlagen, wobei mir persönlich der britische Friedhof was die Lage und die Ästhetik angeht besser gefällt.

Dann ging es weiter zum deutschen Ehrenmal über dem Hafen von Tobruk. Leider durften wir hier keine Bilder machen und mußten die Kameras abgeben. Das martialische Ehrenmal liegt nämlich genau über dem Hafen von Tobruk, wo noch Einheiten der libyschen Marine stationiert sein sollen. Wir erhielten die Kameras, wie es nicht anders zu erwarten war, beim Verlassen des Geländes vollzählig, vollständig und unbeschädigt zurück. Mach das mal in Tunesien... Damit hatten wir die einzigen drei Sehenswürdigkeiten in Tobruk gesehen. Ansonsten bietet Tobruk nichts: Moderne Bausubstanz, ein Sportstadion und viel Müll.
Da wir schon so weit nach Osten vorgestoßen waren, bot es sich an, die beiden griechischen Ruinenstätten Apollonia und Kyrene auch noch zu besichtigen.
Wir fuhren also mit dem Ziel Ajdabiya wieder westwärts, variatio causa, diesmal entlang der Küste. 57 km nach Tobruk genehmigten wir uns ein Mittagessen in einem libyschen Restaurant. Es gab Salat, Hammelfleisch und Bohnen mit Reis und dazu frisches Stangenweißbrot. Ob das das libysche Nationalgericht ist oder Gummiadler mit Pommes oder Reis, weiß ich nicht. Das Nationalgetränk ist jedenfalls zucker mit Tee (rot oder grün), aber das Essen ist grundsätzlich entweder ungewürzt und ungesalzen oder extrascharf. Einen Mittelweg gibt es nicht. Nach dem Essen fuhren wir weiter.
Um 14:30 Uhr (km 4.072) war erreicht. Wir besichtigten das Ruinengelände und bevor wir weiterfuhren hielt ich an einem Laden an, um die Getränkevorräte aufzustocken. Der Ladeninhaber war Besitzer eines grünen W123 230E Bj. 81. Sein Kommentar: "Old Merscheds very gudd." Dem brauchte man nichts hinzuzufügen.

Wir fuhren auf der Küstenstraße weiter, passierten einen verlassenen Kontrollposten und kurze Zeit später hatten wir erreicht.
Wir waren dabei, die Ausgrabungen zu besichtigen, als wir heimatliche Stimmen vernahmen. Waren da doch tatsächlich zwei deutsche Mädels alleine in Libyen unterwegs. Wir kamen natürlich ins Gespräch - sieht man ja nicht alle Tage. Sie hätten auf dem Parkplatz unser Auto gesehen und wollten nur mal nachschauen. Sie wären mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs und hätten den Wunsch, in die Wüste zu fahren, was sich jedoch mit dem Bus (Eisenbahnen sind in Libyen nicht vorhanden) schwer bewerkstelligen ließe.

Kurz entschlossen boten wir ihnen an, sie am nächsten Tag mitzunehmen - wie schon erwähnt...Platz war ja genug da, nachdem das dritte Besatzungsmitglied allahseidank vor der Abfahrt einen Panikanfall bekam, sonst wäre es jetzt eng geworden (Der Kommentar mit dem "Mädchen" sei an dieser Stelle zurückgenommen). Später stellte sich heraus, das sie beide Arabischstudentinnen waren und fließend arabisch sprachen. Das war sehr praktisch in einem Land wie Libyen, in dem nur arabisch und irgendwelche Berberdialekte gesprochen werden. An diesem Tag blieben wir in der Jugendherberge, die gar nicht weit weg war. Es gab drei Zimmerkategorieen: Männer-, Frauen- und Familienzimmer. Alle drei streng getrennt. Zunächst wollte uns der sudanesische Herbergsvater nicht übernachten lassen. Vermutlich, weil er zu faul war, die Betten zu beziehen, das ist nicht böse gemein, denn ich wäre auch zu faul gewesen, sondern es ist ist in Libyen oft wirklich so, daß die Leute faul sind. Auch im Reiseführer steht, daß der Wärter bei irgendwelchen Ausgrabungen auf das Eintrittsgeld verzichtet und einem vermutlich empfehlen wird, über das Tor zu steigen, weil er gerade Mittagspause macht. Und gerade ich als die Haut und Knochen gewordene Faulheit bringe jede Menge Verständnis dafür auf. Nur in diesem Moment brachte sie uns nicht weiter. Aber einem irakischen Englischlehrer, der verzweifelt versuchte, im Sudanesen den Sinn für's Geschäft zu wecken und den beiden Mädels, die ihr Zimmer schon seit dem Vortag hatten gelang es mit vereinten Kräften, ihn umzustimmen und so bekamen mein Beifahrer und ich für 2 LD ein Familienzimmer mit 5 Betten. Pässe wurden abgegeben und der Abmarschtermin für den nächsten Tag auf 8:00 Uhr festgelegt. Das Auto wurde für den nächsten morgen klar zum Auslaufen gemacht. Die Rückbank wurde freigemacht, auf der sich im Laufe der Fahrt eine beachtliche Menge Schutt angesammelt hatte - leere Flaschen, Verpackungen, Klamotten. Öl- und Kühlmittelstand wurden geprüft, noch vorhandener ungenutzter Raum mit Ausrüstung und Gepäck belegt.

Cyrenaika, Jugendherberge
Nun stand er zur Abfahrt bereit in einer "natürlichen Garage".

Nach dem Abendessen in einer original libyschen Imbißbude war um 22:00 Uhr Zapfenstreich. Die Matratzen in der Jugendherberge sind ziemlich weich. Als ich mich mit meinen 65 kg in Bett hechtete, sank ich bis zum Fußboden ein, aber war echt gemütlich. Autan wurde zum ersten mal eingesetzt und es kann sein, daß es daran lag, daß ich von diesen Blutsaugern verschont blieb. Michl verzichtete auf Autan, denn die Schnaken halten ihn sowieso für tot.


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