Persien 2006
Sonntag, 3. September

Nach dem Aufstehen versuchte ich als erstes, den Vetter von Martia zu erreichen. Es ging keiner ans Telephon. "Elf Uhr. Vielleicht schläft er noch..." Ich packte alles zusammen, machte mich fertig. Michl, der schon vor mir wach war, saß auf dem Bett und unterhielt sich in Gedanken mit irgenteinem Idioten, was daran deutlich wurde, daß er immer wieder die gleiche Handbewegungen vollführte. Wahrscheinlich war sein imaginärer Gesprächspartner auch begriffsstutzig. "Mach fei bloß nicht aus Versehen was Nützliches. Rechnung zahlen oder Sachen tragen", sagte ich zu ihm, als ich bereits alles erledigt hatte. "Hätte ich ja gemacht, aber Du hast ja das Geld." Eine typische Ausrede, die man normalerweise wortlos mit einer sauberen Ohrfeige (a trumm Schelln, wie man bei uns sagt) quittieren sollte. Ich sah davon ab.

Wir gingen los, ließen das Auto auf dem Parkplatz stehen. Schließlich mußten wir noch die Wäsche abholen, die wir gestern bei der Wäscherei abgegeben hatten. Das kostete mehr als damals in Istanbul. Seltsam, eigentlich, denn hier war alles billiger und qualitativ mindestens gleichwertig. Mit den Wäschesäcken gingen wir anschließend in eine Pizzeria. Bis die Bestellung kam, lasen wir Zeitung. Im Fernsehen lief Bundesliga. Keine Ahnung, ob life oder aufgezeichnet. Ich interessiere mich nur mäßig Fußball, was das Unverständnis des Wirtes hervorrief, wo ich doch aus München sei.

Spielzeugladen in Isfahan
Hier ein schönes Photo für Bewältigungsfanatiker, Moralapostel, Engagierte und für Leute, die bescheid wissen.

Ich brauchte ein Internet-Café. Auf dem Weg dorthin verstauten wir die Klamotten noch im Kofferraum. Nach der nächsten großen Kreuzung in Richtung Stadtmitte war das Internet-Café. Michl lief weiter in die Stadt, ich machte mich an einem freien Tisch breit. Das Kabel, das zunächst zu kurz erschien ließ sich zwar durch ruckartiges Ziehen auf die benötigte Länge bringen, zog allerdings eine Prüfung des Kabelsalates durch den Verantwortlichen nach sich.
Ich packte den LapTop aus, fuhr ihn hoch und legte los. Zwei Stunden machte ich mich am Rechner zu schaffen. Zwar war das Geld nicht das Problem - es kostet wieder nur Pfennigbeträge, wenn man tagelang im Netz ist, aber die Zeit lief uns davon. Wir konnten es uns zeitlich nicht leisten, die Tage zu vertrödeln, auch mit Visaverlängerung. Der Iran ist riesengroß und entgegen aller Beteuerungen von selbsternannten Sachverständigen für den Mittleren Osten, gibt es hier sehr wohl eine Menge zu sehen.

Um Viertel nach vier war ich fertig und brahte den LapTop zum Auto zurück. Nun probierte ich erneut, Martias Cousin zu erreichen. Es klappte diesmal. Er war noch in der Arbeit, ich solle in zwei Stunden nochmals anrufen. Was tun, solang? Michl hatte, als er vorhin Isfahan perambulierte, ein Café an der großen Brück entdeckt. Dort wollten wir einen Tee zu uns nehmen und die zwei Stunden abwarten. Vorher mußten wir jedoch ein Hotel finden, das billiger war als das, in dem wir übernachtet hatten. Nach einer Stunde gaben wir auf, fragten in unserem Hotel nach, ob Zimmer 105 noch frei war. Wir checkten wieder ein.

Die Tische standen auf den Wellenbrechern der Brückensäulen, es gab einige Planken, die die einzelnen Brecher untereinander verbanden. Das eigentliche Teehaus war unter der Brücke installiert. Wir setzten uns und bald kam auch ein Kellner zu uns. Er sag aus wie vierzehn und war ein wenig größer als der Tisch. Wir bestellten zwei Tee, er fragte nach unserer Nationalität. Zwei Minuten später kam er wieder mit Tee und Schischa. Er stellte alles ab und nahm an unserem Tisch Platz. Ich ließ mir nicht anmerken, daß ich das etwas seltsam fand. Englisch konnte er nicht viel mehr, als der Durschnittsperser: "Hello Mister", "Where you from?" und "What time is it?". Konversation also nicht möglich. "Zucker?", fragte ich und warf imaginäre Zuckerwürfel in meinen Tee. Er stand auf, brachte Zucker und setzte sich wieder. Vom Nebentisch laberte uns einer auf Persisch an. Es war mir nicht klar, was er wollte. Hörte sich nicht nach "Woher seid Ihr" an, was man normalerweise gefragt wird. "Versteh kein Wort, Alter..." Dann unterhielt er sich mit dem Kellner. Auch hier fiel nicht das Wort Allemann. Komisch. Irgendwie war es hier seltsam. Perser quatschen einen normalerweise nicht an. Der Kellner stand auf und ging zum Nebentisch, an dem gerade zwei Leute Platz genommen hatten.

Im Hintergrund die Brücke.

Einer von denen begrüßte uns kurz, nahm sein Zeug und setzte sich an unseren Tisch. Er stellte sich als Polizist vor. "Mossad?", fragte ich nach. "Nein. Polcie. Benz. Germany." Aha. Verkehrspolizei. Der andere konnte ein paar Brocken Englisch. Im Lauf der Zeit wurde der Tisch immer voller. Er rief noch ein paar Kollegen an, die auch noch kamen. Als die zwei Stunden um waren, ging ich los zum Telephon. Vorher versuchte ich mich zu erkundigen, wie das Café hieß, damit ich meinen Standort angeben kann, falls die Frage danach kommen sollte. Das war nicht leicht, wegen der Sprachbarriere. Aber ich fand es schließlich heraus. "Thirty three bridge. Auf Persisch: Se-o-se-pol." Ich ging "se-o-se-pol" vor mich hinsagend zum nächsten Telephon. Die öffentlichen Telephone sind hier immer doppelt. Das eine funktioniert mit Karte, das andere mit Münzen. Münzen gibt es kaum. Das Kartentelephon war besetzt mit Schlange davor. Der Münzfernsprecher war frei. Zum übernächsten. Dort das gleiche Bild, sogar die Leute sahen gleich aus. Pinguinuniform. Weiter zum nächsten. "Se-o-se-pol, se-o-se-pol, se-o-se-pol".

Als ich schon fast wieder beim Hotel war, beschloß ich, in der Schlange zu warten. Auf die Idee, vom Hotel aus anzurufen, kam ich in dem Moment nicht. Haben denn die Leute hier nichts anderes zu tun, als wild in der Gegend herumzutelephonieren? Nach zwanzig Minuten war ich endlich an der Reihe. Ich rief an. Er hob ab. Schon mal gut. Er konnte auch gut Englisch. In welchem Hotel ich untergebracht wäre. "Moment", ich griff nach der Brusttasche. Da war doch irgendwo die Visitenkarte. Andere Brusttasche... "Moment, nicht weglaufen". Geldbeutel? Pässe? Alles war da, nur die Visitenkarte nicht. "Hm. Ich weiß es nicht. Irgendwas mit Kh... keine Ahnung." Die mit ihrer stupiden Namensgebung. Soll sich ein Mensch merken können. "OK, machen wir es anders. Wo bist Du jetzt? Dem Lärm nach bestimmt nicht im Hotel." "Nein. Ich bin in einem Café an der..." Verdammt. Wie war der Name dieser beschissenen Brücke gleich wieder? "Irgendwas mit Pol. Es ist eine Brücke. Shit! Kann mir das alles doch nicht merken. Da ist ein Café am Anfang. Dreiunddreißigste Brücke, glaub ich." "Thirty-Three Bridge, se-o-se-pol?" "Ja, genau, das da!" "Also gut, dann treffen wir uns einfach am Hotel Kossar. Das ist an der Brücke." "Gut. Wann?" "In einer halben Stunde". Aufgelegt.

Das andere Ufer.

Eine halbe Stunde war genug, um das Hotel zu finden. Keine Ahnung, was er meinte, aber wenn er sagt "an der Brücke", dann wird es da schon irgendwo sein. Ich ging zurück und achtete auf jedes Hotel, das ich sah. Kein Kossar, nirgendwo. Die Polizisten würden sicher wissen, wo das war. Als ich auf die Brücke zusteuerte, sah ich auf der anderen Seite einen Grünen Schriftzug am Dach eines großen Gebäudes: "Kovsar Hotel". Genau das falsche Ende. Aber was soll's. Ich setzte mich kurz an den Tisch, ließ Michl etwas Geld da und meldete mich ab. "Wir treffen uns auf dem Zimmer, ich weiß nicht, wie lange ich brauche. Da. Schlüssel." Ich stiefelte los. Die Brücke war sehr schön und sehr lang. Als ich am Hotel ankam, war keiner da. Ich sah mich um, ob jemand wartend aussah. Da standen zwar ab und zu Leute, aber die verschwanden immer in Taxis. Die Telephonzelle war, wie üblich besetzt. Mit Schlange davor. Diesmal ging ich zur Rezeption, eine halbe Stunde nach.

Ich kam mir unter den ganzen feinen Schnösel reichlich deplaziert vor. Ich fragte nach, ob ich telephonieren konnte, wobei ich ausdrücklich betonte, daß ich auch vorhätte, zu bezahlen - man möge mir meinen Aufzug nachsehen. Man wählte die Nummer und reichte mir das Telephon. "Hello. I'm here, where are you?" "Also here, where exactly are you?" "An der Rezeption." Sekunden später kamen drei légéré gekleidete Herren herein. Sie begrüßten mich. "Hallo. Bist Du der Michael aus Deutschland?" "Nein. Michael ist der andere. Der ist nicht hier. Ich bin der Markus." "Oh, entschuldigung, da liegt dann wohl eine Verwechslung vor." "Nematollahi?" "Ja." "Dann liegt nur eine Namensverwechslung vor. Ist nicht weiter schlimm. Ich bin kein Michael, sondern Markus, ein Freund von Martia, der der Sohn vom Onkel von irgendeinem von Euch dreien ist - oder so ähnlich." Nachdem dieses Mißverständnis geklärt war, gingen wir zum Hotel hinaus und rechts. Man solle besser zu Fuß gehen. Mit dem Auto sei es kompliziert. Wir gingen eine große Runde zum Imam-Platz.

Zunächst über die Khalu Brücke. Die war etwas weiter im Osten.

Und während wir gemütlich schlenderten, unterhielt ich mich, hauptsächlich mit dem Onkel über die derzeitige politische Lage. Was ich von unserer neuen Kanzlerin Merkel denke. "Daß sie zurückrteten und sich selbst erschießen sollte? ("Her resignation and suicide would make me happy..." ) Er lachte und meinte, daß sei genau das, was er über den iranischen Präsidenten auch dächte. "Och", sagte ich, "ich weiß ja nicht, wie das von innen aussieht, aber Ahmadinejad ist mein ganz persönlicher Held. Er hockt auf einem riesigen Ölfaß und hat eine freche Gosch. Das ist mir sympathisch." "Jedenfalls ist er nicht so sympathisch, wie er hier im Iran in den Medien dargestellt wird." Ich war etwas erstaunt darüber, daß er sich nicht einmal die Mühe machte, leiser zu reden. Ich sah mich um und fragte, ob er nicht Angst hätte, daß das jemand hören könnte. Er verstand nicht ganz, was ich wollte, meinte nur: "Die denken doch genauso..." Das ging dann noch weiter. Er schimpfte weiter, daß der Iran eigntlich ein reiches Land sei, doch ich solle mich doch nur einmal umsehen.
"Nun, wenn ich es so mit der Türkei vergleiche, muß ich sagen: Man merkt auch deutlich, daß im Iran Gelder vorhanden sind."
"Wie meinst Du das? Schau Dir mal die Autos an. Kaum eines, das nicht mindestens dreißig Jahre alt ist. Wieviele Mercedes oder BMW hast Du gesehn, seit Du hier bist?"
"Hm. Einen BMW. Mercedes nur von der Polizei..."
"Und wieviele hast Du davon in der Türkei gesehen?"
"Schon ein paar mehr."
"Mhm. Und sonst so?"
"Aber was die Türken so Straßen nennen kennt ihr wahrscheinlich nur als Feldweg..."
"Sind die Straßen so schlecht in der Türkei?"
"Wie man es nimmt. In Brasilien oder Nicaragua sind sie halt noch schlechter... Und was glaubt ihr hier, wie es weitergeht?"
"Was meinst Du?"
"Also, erst haben sie Afghanistan angreifen müssen mit der Ausrede, Onkel Osama den Hintern versohlen zu wollen. Dann haben sie den Irak angegriffen, mit der Ausrede Waffenvernichtungsmassen. Weder der eine noch das andere wurden je gefunden. Meiner Meinung nach werden Euch nun hier bald die Bomben um die Ohren zischen, sobald sie die neue Ausrede fertiggestellt haben: Iranische Atombomben."
"Das glaube ich nicht. Jeder weiß, daß da nur Strom produziert wird. Das ist nur ein politisches Spiel."
"Es war doch aber auch klar, daß Hussein keine Massenvernichtungswaffen hatte. Das wußte auch jeder... Natürlich werden sie hier keine Atombomben finden, aber das interessiert hinterher niemanden mehr."
"Also, ich glaube das nicht. Krieg wird es keinen geben..."
Es war auch schwer, sich inmitten dieser friedlichen Idylle, einen Krieg vorzustellen. Nicht hier in Isfahan... Hier ist alles so ruhig, so friedlich, gesittet. Genau dieser Eindruck wurde bestätigt, als wir am Imam-Platz ankamen und die Imam-Mosche mit ihrer riesigen Kuppel in majestätischer Ruhe im Mondlicht erstrahlte, vom Trubel auf der Kreuzung im Innenhof völlig unberührt. Der schien hier vergeblich gegen die ehrfurchtsgebietende Stille ankämpfen zu wollen, die von diesem Ort ausging. Hier paßt Bombenlärm nicht hin. Und doch darf man nicht vergessen, daß die iranischen Atomkraftwerke, die außerhalb des Kurdengebietes liegen, um Isfahan gebaut sind. Schwierig.
"Wie lange bleibst Du in Esfahan?"
"Heißt das nun Isfahan oder Esfahan?"
"Eeee-sfahan."
"Ah. OK. Ich weiß noch nicht. Wir haben noch...", kurz nachzählen, "zehn Tage, dann müssen wir aus dem Land ausreisen. Da kann ich nicht so lange an einem Ort bleiben. Wir wollen noch nach Schiraz, Persepolis, Bam, an die pakistanische Grenze..."
"Bam? Was willst Du denn in Bam?"
"Na, anschauen. Soll schön sein, da."
"Da war doch ein Erdbeben, da ist alles kaputt, da gibt es nichts mehr zu sehen."
"Dann schau ich mir eben das an, was es früher mal zu sehen gab..."
"Nein, fahr nicht nach Bam, da ist wirklich nichts mehr."
"Möchte bloß wissen, warum mir jeder davon abrät, nach Bam zu fahren..."
"Da ist es gefährlich, und zu sehen gibt es nichts... Das lohnt sich nicht."
"Wie gefährlich? Ist es wegen Erdbeben? Falls es was Religiöses ist, ich glaub nicht an diesen Quatsch..."
"Nein, kein Aberglaube, es ist gefährlich wegen der Kriminalität."
"Kriminalität? Im Iran?" Der Casus machte mich lachen. "Wirklich. Dort gibt es viele Drogen und Drogenhändler."
"Und? Die Droge, die ich brauch gibt's an jeder Tankstelle und heißt Diesel. Die anderen Drogen gehen mich nichts an."
"Die Drogen nicht, aber die Leute, die mit den Drogen handeln."
"Die gehen mich nun erst recht nichts an."
"Aber die sind gefährlich. Die haben Waffen."
"So? Ich auch. Seh ich gefährlich aus?"
"Ja, aber Drogen und Waffen, das ist keine gute Kombination..."
"Nun, ich bin in Brasilien aufgewachsen und lebe nun in Los Angeles und ich sage Euch: Ihr im Iran wißt überhaupt nicht, was Kriminalität ist. Und ich fahre doch nach Bam und Euch schicke ich eine Postkarte von dort..."
"Du lebst in Los Angeles?"
"Naja, ich versuche seit drei Jahren meine Papiere zu bekommen. Not easy, I'm afraid..."
"Da leben Millionen von Iranern. Los Angeles wird hier oft Ir Angeles genannt."
"Nun, der einzige Perser, den ich dort gesehen habe bisher, war Dein Neffe. und das auch nur, weil er mich besucht hat. Ansonsten kann ich mit Mexikanern und Armeniern dienen, aber Perser habe ich noch keinen gesehen... Ich werde aber meine Augen offen halten."
Zwei Millionen Iraner sollen dort im Laufe der Zeit hingezogen sein. Vor der Revolution waren die Amis mit den Iranern gut Freund. Das erklärt auch, warum hier mehr alte amerikanische Autos als deutsche herumkurven und das bestätigt mir: Der Straßenverkehr kann man in diesem Land nicht ernst nehmen. Und schon waren wir bei diesem Thema gelandet. Sie fragten mich danach, was ich von den iranischen Verkehrsverhältnissen hielten, als ob sie wüßten, wie die Antwort ausfallen würde, als wüßten sie, daß die Perser scheiße fahren. Ich überlegte kurz, und gab als Antwort:
"Well, you see... In the amazonian rinforest, there are tribes of indians, not yet touched by civilization, who have developed better driving skills than the persians within 2.500 years..." Ein schönes Zitat aus der britischen Kultserie Blackadder (3./IV), das man beliebig anpassen kann.
Natürlich wußten sie es. Sie erklärten auch, daß das ein großes Problem im Lande sei. Laut Wikipedia gibt es im Iran pro Stunde drei Verkehrstote, das sind 26.280 pro Jahr. Zum Vergleich: 2005 gab es in Deutschland 5.362 (Quelle: tagesschau.de). Es gibt kaum Regeln und die paar, die sie hätten, würden kaum eingehalten. Ich hielt dem entgegen, daß es in vielen anderen Ländern auch so sei, daß es allerdings dort dennoch halbwegs funktioniert. Das kann nicht der einzige Grund sein.
"Hast Du schon iranisches Eis probiert?"
"Nein. Wußte nicht, daß iranisches Eis anders ist als Eis von woanders..." Man drückte mir einen Eisteller in die Hand. Tatsächlich. Es schmeckte ganz anders als alle Eise, die ich bisher gegessen hatte. Da waren irgendwie Nudeln dabei, oder sowas. Ich konnte nicht herausfinden, was das war. Mohammed fiel das Wort auf Englisch nicht ein und das persische verblieb etwa zehn Sekunden in meinem Hirn gespeichert, danach verschwand es im Nirwana. "Hauptsach isch, d' Brotzeit schmeckt..." Hat unser Misiklehrer Pater Anselm immer gesagt. Wir schleichten über den Imam-Platz, gingen in die überirdischen Katakomben (weiß nicht, wie man diese Gewölbe sonst bezeichnen soll) und dort in ein Restaurant der gehobenen Klasse mit einem aller Wahrscheinlichkeit nach unaussprechbaren Namen.
Man konnte entweder landestypisch auf einer Art Tisch, der mit Teppich ausgelegt war, sitzen oder man konnte normal zu Tische auf einem Stuhl Platz nehmen. Das taten wir. Das Essen war hervorragend. Endlich kam ich mal in den Genuß von Kabob.

Auf Umwegen wurde ich dann ins Hotel gebracht. An der Rezeption war immer noch der gleiche Typ. Ich fragte nach dem Schlüssel. Er sah nach und stellte fest, daß der nicht da war. Also ging ich hoch und klopfte. Klopfte nochmal. Trat gegen die Tür. Sicherheithalber gleich noch mal. Nichts. Nun wußte ich nicht, ob Michl schon lange schlief und mich nicht hörte, oder ob er noch gar nicht da war. Ich ging wieder zur Rezeption, auf dem Weg überlegte ich, wie ich den Typen da am besten frage, wo er doch kein Wort Englisch sprach. Die einzige Möglichkeit, die in dem Moment zu funktionieren versprach, war, erneut nach dem Schlüssel zu fragen. Er konnte entweder sagen, daß er ihn mir gegeben hatte, dann war Michl noch weg, oder er konnte sagen, er hätte ihn Michl gegeben, dann war Michl schon da. Logisch. Ich also hin zur Rezeption und fragte: "Schlüssel?" und machte die dazugehörende Handbewegung. Er zuckte erneut mit den Schultern und meinte, der Schlüssel sei nicht da. "Das weiß ich doch, sonst wär ich nicht hier. Wo ist er denn? Schlüssel! Wo?" Er blieb dabei, daß er nicht da sei. "Ja. Nicht da. OK. Wo? Where? Donde? Uehn? Ubi?" Er sah verzweifelt überall nach. Ich gab's auf und ging auf die Straße. Vielleicht saß Michl ja noch im Café an der Se-o-se-pol. Doch gerade, als ich zum Ausgang hinaus auf die Straße rumple, kommt mir Michl fuchtelnd entgegengewankt. "Kommst Du jetzt erst zurück, oder warst Du vorher schon da?" "Ah, ich komm gerade zurück, warum? "Nun verstand ich den Typen am Tresen noch weniger. Der hätte doch nur mir irgendwie klarmachen müssen, daß er mir den Schlüssel gegeben hat. So viele Gäste hatte er nun auch nicht, daß er sich das nicht merken hätte können.


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