Persien 2006
Montag, 28. August

Gegen ein Uhr nachts begann auf BBC eine Diskussionsrunde. Das Wort "Iran" fiel des öfteren, daher wurde ich hellhörig. Da ich gerne über die Situation informiert bin, wenn schon die Möglichkeit besteht, daß ich selbst davon betroffen bin, sah ich mir das mal an. Beteiligt waren mehrere internationale Korrespondenten, unter anderem von "Le Monde", "Washington Post" und "The Independent". Drei andere waren noch dabei. Wahrscheinlich Die Allgemeine Jüdische, die Times und das Mistelbacher Tagblatt, keine Ahnung. Das Thema waren die Sanktionen gegen den Iran und der Atomstreit, natürlich.
Der Gute Stern auf allen Straßen.

Diese Massenvernichtungswaffentheorie hatten wir doch neulich erst, vor ein paar Jahren im Irak. Aufgetaucht sind sie bis heute nicht, aber danach fragt keiner mehr... Hat man erst einen Krieg gewonen, kann man behaupten, was man will. Das war schon immer so. Der Sieger schreibt die Kriegsgeschichte, oder, wie es mir mal ein Ami gesagt hat: "Until the dead lion tells his part of the story, the hunter will always be the hero". Nun sind es iranische Atomraketen, die herhalten müssen, die aber auch nie auftauchen werden. Immer die gleiche Masche und keiner merkt's. Der kleine Gott der Welt bleibt stets vom gleichen Schlag.
Es waren jedenfalls interessante Thesen, die da aufgestellt wurden. "Im Iran kommen keine anderen Quellen zu Wort, als die Stimmen des Regimes". Wörtlich. "Aha, wir sitzen jetzt also mitten in Teheran und hören und das Geseiere an, das man hier ja gar nicht hören kann, weil es ja eine andere Stimme ist, als die des Regimes", stellte ich fest. Ist nun BBC-World ein iranischer Propagandasender? Nachdem mir neulich im Brustton der Überzeugung erklärt wurde, daß CNN ein arabischer Sender sei, und ständig anti-israelische Hetze betreibe, ist es naheliegend, daß BBC ein staatlicher iranischer Sender ist, der das gleiche tut. Wir in Deutschland haben es zum Glück auch so leicht, iranische Sender zu empfangen. In jedem Hotel läuft ja nichts anderes. Stichwort: Abhören von Feindsendern.

Aber in der Diskussionsrunde übertrafen sich selbst noch, als sie behaupteten, daß im Iran neunjährige Mädchen zur Prostitution gezwungen würden. "Stimmt. An jeder Ecke steht eine mit einem Schild 'Mich kann man mieten'. Ist Dir das auf dem Herweg nicht aufgefallen?" Glauben wir das halt auch noch. Dann stellten wir noch beglückt fest, daß es bei uns im aufgeklärten Westen soetwas wie Propaganda nicht gibt. Das haben nur Schurkenstaaten. Wir sind ja die Guten. Manchmal vergißt man das eben, dann muß man es sich gegenseitig in Erinnerung rufen.
Alles nur machtpolitische Spielchen, doch mußte ich nicht erst nach Tripolis, Belgrad oder Teheran fahren, um das festzustellen. Das wußte ich schon mit 13 Jahren. Mich wundert immer nur, daß man bei uns diesen Quatsch auch noch glaubt, und in selbstgefälliger Arroganz meint, das würde alles schon so stimmen, sonst stünde es nicht im Spiegel, und die anderen seien schließlich die Bösen. Daß hier auch Leute leben, die im Prinzip nichts anderes wollen, als die meisten Leute im Westen und in allen anderen Ländern auch, nämlich ein möglichst angenehmes Leben führen, ohne großen Ärger, das wird einfach übergangen. Krieg muß sein. Früher geschah es im Namen Gottes, heute im Namen von Liberty, Justice oder Freedom. Gott kommt natürlich hüben wie drüben immer noch vor, nur heißt er halt mal "Allah", mal "The Almighty". Die gleiche uralte Leier wird in zeitgemäßer verbaler Diarrhöe verpackt, mundgerecht an die verblödeten Massen verteilt, und von diesen bereitwillig aufgenommen, schließlich braucht man die, weil die feinen Herren sich ja nicht ihre Nadelstreifenanzüge dreckigmachen wollen. Man brauch ja Idioten, die ins "Feld der Ehre" marschieren und denen kann man schlecht erzählen, daß es nur um Macht und Geld geht, sonst müßte man sie ja am Geschäft beteiligen. Das würde den Kriegsgewinn minimieren.
Dabei ist das alles im Iran gleich doppelt blöd, teure Waffentechnik zu verschwenden. Alles, was man machen bräuchte, wäre hier Freibier auszuschenken. Die alte Cervisia für 19 ¢ beim Aldi. Dann fahren die Iraner hier alles und jeden tot und um. Problem erledigt und man steht hinterher nicht als Agressor, sondern als Samariter da, wollte man doch nur eine auf Mutter Theresa machen und die Leute im Iran an den Perlen der westlichen Kultur teilhaben lassen. Wenn man mal erlebt hat, wie die nüchtern fahren, dann weiß man, daß das erstklassig funktionieren würde.
Mofasperren auf dem Gehweg, um die Geschwindigkeit dieser Nervensägen zumindest auf den Gehwegen herabzusetzen.

Ich schaltete ab und schlief ein. Es war schon reichlich spät. Um neun fuhren wir los zur Ausländerbehörde. Diesmal ohne Umwege. Wir, das heißt natürlich Michl, wußten nun, wo das Gebäude war und lotsten den Fahrer. Wenige Minuten später waren wir dort angekommen. Die Story ist wichtig. Man muß sie so halten, daß man dabei natürlich nur die Umstände an der Situation schuld sind und man selbst nichts dafür kann. Unsere Story war folgende: Wir wollten eigentlich ein Touristenvisum, aber da die Verständigung mit der Botschaft in Ankara schwer war (breakdown of communication), gab man uns irrtümlicherweise nur ein Transitvisum. Was natürlich nicht schlimm ist, denn wir wollten sowieso nach Pakistan. Nur brauchen die Pakistanesen so unendlich lang, um ein Visum auszustellen, daß die 10 Tage, die wir haben eben nicht ausreichen würden. Daher sei der einzige Weg, dieser mißlichen Lage Herr zu werden der, daß man es verlängert. Die meisten Anwesenden waren wohl Pakistan- oder Afghanistanesen. Wir kamen jedenfalls gleich dran. Kurz die Story angebracht. Man reichte uns einen rosaroten Bogen in der Größe eines Bettlakens, dazu noch ein paar kleine Formulare, die wir ausfüllen sollten und Kopien für den Paß anfertigen. Bis dahin waren wir schon mal umgerechnet ganze 65 Cent los. Als wir alles ausgefüllt hatten gaben wir es bei der netten Dame ab. Nun mußten wir an der Stelle angekommen, da es ans Zahlen ging. Das konnte man nicht an der Kasse erledigen, an der wir auch die Bögen und die Kopien zahlten. Warum, weiß ich nicht. Es ging um umgerechnet 10 Euro, also 100.000 Rial für jeden. Ich mußte mit dem Geld zur Bank und es dort einzahlen, mit der Quittung zurückkommen. Ich stiefelte los zur Bank, die ich selbstredend erst auf dem dritten Anlauf fand. Und in der Bank stand ich am Ende einer Schlange von etwa 200 Mann. Hervorragend. Die bearbeitung war bis dahin sehr flott, unkompliziert und zügig verlaufen. Nun stand ich da und hette keinen Plan. Ich stellte mich hinten an und wartete. Eine Auseinandersetzung zeichnete sich vor mir ab. Offensichtlich wollte sich jemand Dickes vor meinem dünnen Vordermann reindrängeln. Dann ging das Gepöble los, aber selbst da scheinen die Teheraner ihre Kinderstube nicht zu vergessen. Erst, wenn man ihnen ein Auto in die Hand drückt. Und nur dann. Jedenfalls wurden die beiden nicht immer lauter, sondern immer leiser. Bald standen sie da, Stirn an Stirn, wie zwei hornlose Stiere und drückten sich gegenseitig in die jeweils entgegengesetzte Richtung. Dick ging wieder, stellte sich hinten an und überließ Doof den Platz. Das brachte diesen aber auch nicht viel weiter, denn hinter dem Tresen tat sich nichts. Teetassen machten ab und zu die Runde und das größte Problem war der fehlende Zucker. Und dann gab es gerenne, weil kein Löffel zum umrühren da war. Weiter warten. Mittlerweile waren bereits anderthalb Stunden vergangen. Es kam einer zu mir, der auch 100.000 Rial einzahlen mußte. Er war Afghane und sprach sowohl Englisch als auch Persisch. Das Persisch half ihm nicht, denn man ignorierte ihn einfach. Das Englisch half mir, denn er erklärte mir, daß ich ein Formular ausfüllen mußte. Er hielt es mir entgegen. Ich nahm es, doch er verblieb in Wartestellung. Es war kein normaler Buchstabe drauf, alles in Persisch und ich hatte keinen Plan, wo ich was hineinschreiben sollte. "Iran problem country". Er füllte mir das Formular aus und gab mir den Tip, ja nicht Farsi zu reden, sondern ausländisch. Dann käme ich vielleicht heute noch dran. Ich ließ ihn vor und nach einer halben Stunde war er fertig. Ich kam zwar auch dran, mußte aber für Michl ein getrenntes Formular ausfüllen. Das kostete mich eine weitere halbe Stunde. Eine weitere Stunde später war auch ich fertig. Scheiß Banken. Sowas hab ich selbst in Afrika nicht erlebt. Banken und Straßenverkehr sind in diesem Land eine Katastrophe.beides gehört gründlich aufgearbeitet. Fortan würden wir Banken meiden. Ich also zurück zur Ausländerpolizei. Es war mittlerweile Mittag geworden. Bilder wurden nur solche akzeptiert, die auch auf dem Amt gemacht wurden. Nun ging es wieder zügig voran. Ich wurde abgelichtet, nachbearbeitet und nach 20 Minuten war alles fertig eingereicht. Ein Polizist kam und sagte mir, daß ich die Pässe morgen abholen könnte. "Und was ist, wenn ich in eine Polizeikontrolle gerate? Können Sie mir einen Zettel geben oder sowas?" Er ging, sprach kurz mit einem älteren Polizisten, kam dann wieder und meinte, ich solle warten, die Visa würden gleich verlängert. Um kurz nach eins fragte ich nach, wie lange das Amt denn geöffnet hätte. "Bis halb Zwei", war die Antwort. Gut, dann konnte es ja nicht mehr lange dauern. Und tatsächlich, kurz darauf reichte man mir die Pässe. Ich fragte noch nach dem Zoll, weil ich auch noch die Papiere für den Zoll verlängern lassen mußte. Das wüßte er nicht, ich solle mich doch an den Zoll wenden. Ach was... Ich ließ es gut sein, bedankte mich ein paar mal und Michl und ich zogen dann los. "Von wegen Carnet de Passages, von wegen Visa werden nicht verlängert. Hehe! Bis zum 6. September..." Mir kam dann zu Bewußtsein, daß ja bereits der 28. August war. Ich machte die Rechnung und stellte fest, daß das Visum ja ohne Verlängerung bis zum 5. gültig gewesen wäre. "Wart mal... Das ist ja keine Verlängerung. Das ist purer Unsinn", sagte ich zu Michl, machte auf dem Absatz kehrt und ging wieder zum Amt zurück. "Entschuldigen Sie mich bitte. Hier liegt ein Fehler vor...", sagte ich zum Polizisten. Der wollte allerdings Feierabend machen und meinte. "Ja. Und zwar bist Du der Fehler." "Ja, ich weiß. Das sagt mein Vater auch immer, aber in dem Falle meine ich das Visum. Ich wollte es verlängern. Das hier ist keine Verlängerung. Es war eh bis zum 5. gültig, also haben Sie es um einen Tag verlängert, statt um zehn." Ich sollte morgen wieder kommen.
Das Stadttheater in Teheran.

Mit einem unguten Gefühl ging ich wieder hinaus auf die Straße. Nun hatten wir noch einiges vor. Wir mußten als nächstes zum Zoll, dann zur deutschen Botschaft, zur pakistanischen, später dann nach einer SIM-Karte schauen. Also auf zur Botschaft. Man kannte uns noch von gestern und winkte uns gleich durch. Irgendwie war nicht viel los, was daran lag, daß sie hier bald schließen wollten, wie wir bald herausfanden. Dennoch war das Fräulein wieder sehr nett und erklärte mir, daß der Paßinhaber veranlassen müßte, daß der Paß von Ankara hierherkäme. Ich fragte noch nach, wo denn der Zoll sei. Sie schrieb mir alles auf persisch auf, Taxifahrergerecht, versteht sich. Michl quatschte dazwischen und fragte sie, ob man mit einem Transitvisum auch wieder da ausreisen könnte, wo man eingereist sei. Als er fertiggestammelt hatte, bejahte sie. Ich fragte nach, wie es denn mit dem Empfehlungsschreiben aussieht. "Das kostet 20 Euro und man muß ein Flugticket vorlegen". "Aber mit dem Transitvisum kann man schon wieder da einreisen, wo man eingereist ist, oder? Ohne Probleme." Jetzt war aber Schluß. "Ja, hat sie doch schon gesagt. Frag aber sicherheithalber nochmal nach, komm." Sie grinste, Michl war verstört. "Was?" "Frag nochmal... Aber, wenn's geht, unterhalt Dich mit der Wand da hinten und quatsch hier nicht immer dazwischen. Haben Dir Deine Eltern das nicht beigebracht?"

Ich bedankte mich, wünschte einen schönen Feierabend und es ging los zum Zoll. Um zwei waren wir da, ich fragte mich durch. Rauf mit dem Aufzug, wieder ein Stockwerk runter, da wieder falsch. Hier kurz warten, dann schickte man uns zur Verkehrsabteilung. Die war an der Vali Asr, wo wir auch beim Ausländeramt waren. Ich schute noch bei der afghanistanischen Botschaft vorbei. Die war in der Pakistan-Straße, man konnte hinlaufen. Die Botschaft machte aber einen ziamlich toten Eindruck, als wäre seit Jahren keiner mehr dagewesen. Wir fuhren mit dem Taxi zur Verkehrsabteilung. Michl stellte dann fest, daß diese etwa zwei Blocks vom Ausländeramt sei und wir wunderten uns, daß auf der Polizei keiner wußte, wo der Zoll ist. Wieder fragten wir uns durch. Wir kamen schließlich zur richtigen Abteilung. In einem Konferenzraum saßen mehrere Beamte beim Kaffee zusammen. Man hörte sich unser Problem an und schickte uns in das Büro nebenan. Es war ein Großraumbüro mit ungefähr zehn Tischen. Es ging ruhig zu. Wir unterhielten uns mit einem Beamten Namens Mohammed, der einzige, der einigermaßen Englisch sprach, während die anderen zusahen, was sie für uns tun könnten. ach einer Weile sagte man uns, wir sollten am nächsten Tag um acht Uhr erscheinen. Dann wäre auch der Agent der Gesellschaft da, die für uns die Bürgschaft übernahm. Wir gingen wieder. Wieder unverrichteter Dinge zwar, aber mit einem guten Plan für den nächsten Tag.

Zwischen Zoll und Polizei hatte ich am Vormittag ein Schnellspeiselokal entdeckt. Dort gingen wir hin. Auf dem Weg kauften wir noch die Teheran-Times. Wir aßen Pizza und Burger. Dabei lasen wir die Zeitung. "Iran bereit für Gespräche mit den 5+1 Außenministern", ein Artikel von Yuram Weiler über die Wurzeln des seit 1948 anhaltenden Konflikts im Mittleren Osten.... Da für den Tag keine Erledigungen mehr anstanden, beschlossen wir, zum Hotel zurückzulatschen, statt mit dem Taxi zu fahren. Teheran gefiel mir immer besser. Wesentlich sauberer als jede arbische Stadt, die ich bisher sah., abgesehen vom Verkehr, lief auch alles sehr gesittet ab. Immer noch auf der Vali Asr, neben dem Stadttheater, sah ich einen Stand, auf dem Plakate aufgehängt waren, auf denen Ratten abgebildet waren. Ich ging hin und fragte die, die da saßen, ob man bei ihnen Ratten kaufen kann. Sie erkannten recht schnell, daß wir aus Deutschland waren und wir redeten uns fest. Es waren Abgeordnete des Gesundheitsministeriums und täglich hier auf Posten, um den Teheranern die Gefahren nahezubringen, die von Ratten ausgehen. Ganz recht so, wenn ich da an 1918 zurückdenke wird mir heute noch schlecht. Obwohl ich die Viecher eigentlich witzig finde. Aber gerade hier mit den ganzen offenen Wasserablaufgräben ist die Gefahr besonders hoch. So redeten wir noch eine Weile hauptsächlich über den Iran an sich, was so alles sehenswert ist und was weniger. Sie regten sich darüber auf, daß der Golf im Süden des Landes "Arabischer Golf" genannt werde, wo er doch persisch sei. Bestreitet ja auch niemand. In allen mir bekannten Sprachen war immer nur die Rede vom Persischen Golf. Außer bei den Persern, wie es scheint.

Nach anderthalb Stunden gingen wir weiter. Wir schlenderten an einem Park entlang, der rundum vergittert war. Davor hingen Plakate, die wohl auf irgendeine Veranstaltung hinwiesen. Ich sah sie mir genauer an. "Vorsicht!", schrie ich und riß Michl von dem Plakat weg. "Aahh, was ist?" "Mann! Bist Du blind? Da ist ein hakenkreuzähnliches Gebilde. Das ist gefáhrlich, das beißt bestimmt." Ich machte aus gebührendem Abstand ein Photo davon. Ich hatte noch nicht die Kamera wieder in den Holster gaten, da kam schon ein Soldat angelaufen und meinte, man dürfe nicht photographieren. War ja klar... Ich entschuldigte mich und löschte das Bild vor seinen Augen wieder. Daraufhin entschuldigte er sich und bat uns, mitzukommen. "Was geht jetzt?" "Keine Ahnung". Natürlich hatte er keine Ahnung, woher auch. Wir wurden über den Eingang zu einem Zimmer geführt und mußten alles, was wir an Gerät dabeihatten abgeben. Das Handy gab man mir wieder, nachdem es in Augenschein genommen worden war, um sicherzugehen, daß es keine Kamerafunktion besaß. Dann wurden wir durch einen schönen Garten in das Innere des Gebäudes geführt. Es war, wie es schien ein Museum. Bald kam auch ein etwas jüngerer Kerl, der Englisch sprach und sich zunächst im Namen des Soldaten bei uns entschuldigte. Das hier sei der ehemalige Schah-Palast. Das Milität hätte die Verwaltung und daher seien keine Kameras erlaubt. Aber wir dürften uns gerne alles ansehen und er würde, wenn wir es wünschen, auch alles erklären. "Wieso nicht?" Bis um acht Uhr, also bis das Museum seine Pforten schloß, blieben wir und sahen uns alles an. War doch wider Erwarten sehr interessant. Und gescheiter bin ich nun auch, als vorher, denn nun weiß ich, wer die fünf Proleten sind: Noah, Abraham, Moses, Jesus und Mohammed. Aber wir wollen das religiöse Geseiere nicht vertiefen. Sie überzogen sogar nur wegen uns und schlossen erst um viertel nach Acht.

Dann gingen wir weiter und beschlossen, das letzte Stück mit der U-Bahn zu fahren. Das hatten wir sowieso vor: U-Bahnfahren in Teheran. Sehr moderne Anlage. Sogar Tom und Jerry lief auf Großbildschirmen. Die U-Bahn lief ein, wir stiegen in den letzten Wagen ein. Lauter Pinguine. Wir waren die einzigen Menschen. Meine Theorie war die: Man läßt Frauen ungern ans Steuer, weil schon die Männer fahren wie geistig behinderte Vollalkoholiker, daher wird es gefördert, daß Frauen bevorzugt U-Bahn fahren. Doch ich lag komplett daneben, denn an der übernächsten Haltestelle kam ein Herr, der zu uns sagte: "Women only", sich umdrehte und ging. "Ja, toll, woher soll ich denn das wissen. Das könnten sie wenigsten hinschreiben", stieg ich aus. "Ah... Da steht's... In riesen Lettern." Tatsächlich. Hab ich wohl übersehen. Wir latschten zum Hotel zurück. "Hitler! Hitler!", begrüßte uns der Reifentandler an der Ecke und fragte nach Cigaretten und Whisky. Eine Cigarette gab ich ihm, aber für Whisky soll er sich an die Tommies wenden. Den würden wir mal demnächst aufsuchen müssen, denn einen zerfetzten Reifen hatten wir ja schon.

Die Teheraner U-Bahn. Haltestelle Khomeini-Platz.

Als wir am Hotel waren fragte ich nach Internet. Die Linie war zur Zeit unten, auf Deutsch: "Breakdown of communication". Die Rezeptionistin ließ mich aber eine SMS von ihrem Handy aus schreiben. Ich schickte sie an meine fette Schwester zur Weiterleitung: "Gruess Gott. Sind in Teheran angekommen. Ruf Martia an und frag nach der Adresse in Esfahan. Er weiß bescheid."
Den restlichen Abend ließen wir gemütlich vor Fernseher und Rechner ausklingen.


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