Reparatour Marokko 2004
Donnerstag, 5. August

Wir fuhren weiter durch Spananien. Schön, wieder einmal hier zu sein. Ab jetzt übernahm ich das Ruder. Wir fuhren noch eine Weile und legten uns dann an einer Raststätte zwischen den anderen LKW ab. Vier Stunden später erwachte ich dann. Die anderen hatten bereits einen Spaziergang unternommen gehabt. Ich machte mich ans Brennen. Weit kam ich nicht, denn ich hatte nur zwei Rohlinge dabei, aber besser als nichts. Zarah Leander mußte natürlich dabeisein. Die war damals auch dabei. Wir wollten heute noch über die Meerenge setzen, doch bis dahin war es noch ein Stück.

An einem Rastplatz nsüdlich von Madrid. Vorbereitungen zur Weiterfahrt.

"Mich wundert es immer noch, daß Du kein Spanisch kannst", fegte ich Almut an. "Woher soll ich es denn können?" "Das kriegt man so nebenbei mit. Und die Wörter kennst Du bestimmt alle vom franzockischen oder vom lateinischen." "Ja, aber deswegen weiß ich trotzdem nicht, wie man sie ausspricht." "Das ist das Schöne, an dieser Sprache. Es ist nicht französisch, wo man nur zwei von zwanzig Buchstaben ausspricht, weil man zu blöd ist, die restlichen zu lesen, auch kein Englisch, wo man A schreibt und Äi sagen muß, wahlweise aber auch O oder E, sondern es wird alles gesprochen, wie es geschrieben wird. Jedes Wort wird auf der vorletzten Silbe betont bzw. da, wo ein Akzent drübergemalt ist. Geht es einfacher?" Aber da kam wieder die Mathematik durch. Da gäbe es doch bestimmt irgendwelche Regeln für. Dann könne man sich das viel besser merken. "Absoluter Quatsch, natürlich. Völliger Unsinn, was Du da schon wieder erzählst.

Lies es einfach vor, beachte die zwei grundregeln und lern das Wort, dann kannste Spanisch." Heft und Stift heraus und dann ging es los. "Wie ist denn die Geschichte mit dem J. Wann ist es dunkel, wann ist es hell?" "Mein Gott... wie man nur allem und jedem irgendwelche Schablonen aufpressen wollen kann. Das Problem hatten wir doch in Argentinien schon." Damals fragte mich Almut, wie denn Mexiko auf Spanisch ausgesprochen wird. "Mechiko, halt..." "Mit ch von 'ich' oder mit ch von 'Buch'?" Ich langte mir damals schon an den Kopf. Aber wir fragten den Mexikaner. Er probierte beide Laute durch und meinte dann: "Wir haben nur eines. Das ch, halt." Aber sie war davon nicht abzubringen. Aus allem muß eine Wissenschaft gemacht werden. "Und wann nimmt man welches?" "Grrrrr. Nimm das, das in den Mund paßt. Versuch mal Mechiko mit dem Buch-ch auszusprechen und Du wirst merken, daß es in der Kehle wehtut. Nimm das andere und es paßt. Wie machst Du es denn im Deutschen? Sagst Du da auch ircgh, oder sagst Du da einfach ich? Also. Nicht anders im Spanischen."

Mit Vollgas hielten wir auf Algeciras zu.

Außerdem ist die Aussprache nicht so wichtig. Den Akzent wird man nie los. Schon gar nicht, wenn man nach Lehrbuch vorgeht. Das klappt nicht. Hören, lesen, nachplappern. Das ist die einzige effektive Methode, eine Sprache zu erlernen. So haben wir das alles als Kind gemacht. Die Grammatik kam erst viele Jahre später. "Ja, schon klar, daß man es nicht 100%ig hinbekommt", gesteht sie ein, "aber man kann sich ja wenigstens bemühen." "Bemühen um ein Ziel, das ich sowieso nicht erreiche? Das sieht Euch Intellektuellen ähnlich. Idealisten sind bedauernswerte Menschen." Natürlich kann man mit mir selten vernünftig diskutieren. Es geht ja mir nicht darum, Recht zu haben, sondern Recht zu kriegen. Mit dem bayerischen R kann man das gut erreichen. "Bemühen... Sowas Blödes. Bemühst Du Dich darum, das R zu rollen? Oder sagst Du einfach 'ich kann's nicht'?" Das kann Almut nämlich nicht. Eigentlich kann sie es, aber sie wendet es nicht an mit der Begründung, daß sie dann jedes Wort, das sie schon einmal gelernt hat, noch einmal lernen müßte mit dem neuen gerollten R. Eine Funktion Namens Suchen / Ersetzen ist bei dieser Almut-Version nicht vorhanden. Kann man dummerweise auch nicht nachrüsten.

Kurz nach Barcelona oder kurz vor Madrid zahlten wir zum letzten mal Maut. 17,50 €. Damit hatte es sich aber dann auch und die Autobahn blieb Abgabenfrei bis zuletzt. Sollten die Fanzocken auch mal einführen. Stattdessen kann man in Frankreich wählen zwischen Unmengen an Geld bezahlen oder Unmengen an Zeit verlieren.

Als wir so der Meerenge entgegenfuhren, fing alles an zu scheppern. Gepäckträger? Wir hielten an, prüften die Gurte, die alles andere als fest waren. Sie lapperten im Decimeterbereich hin und her. Das nervt. Ich zog sie also fest und wir fuhren weiter. Nach einer Weile fing es wieder an. Ich hörte genauer hin. Ticktickticktickticktacktacktacktack. "Holy shit..." "Schlägt was gegen die Felge?", kam die Frage von der Mannschaft. "Nein. Dieses charakteristische Schlagen kenne ich. Das ist was anderes. Ich hielt auf einem Parkplatz in einem kleinen Dorf an. Neben uns ein 250 Vergaser, vollgestopft mit Teppichen. Irgendwelche Baraber, die hier ihre Ware zu verschachern suchen. Muß ein einträgliches Geschäft sein, gerade für Touristen, die nicht nach Marokko fahren. Aber warum, um alles in der Welt, ausgerechnet hier, auf den letzten Kilometern vor Algeciras, wo jeder entweder nach Marokko fährt, von Marokko kommt, Marokkaner ist oder an Teppichen nicht interessiert? Aber wenigstens konnte er sich davon ein anständiges Auto leisten, daher muß das Geschäft irgendwie laufen. Ich mußte mich um unser Auto kümmern, stieg aus, und kroch darunter.

"Bingo... Gelenkwelle."


Was nun? "Haben wir Panzer-Tape dabei?" "Jo", meldete Joe. "Aber Fett haben wir sicher keines dabei, oder?" "Doch. Fett müßte wir auch dabeihaben." Eine Sekunde später hielt er mir beides entgegen. Natürlich ohne jede Hektik. "Au, Dreck! Aber der Wagenheber ist ganz unten, stimmt's?" "Ja. Unter dem Rucksack." Ich wollte schon zu fluchen anfangen, aber Joe hob nur den Rucksack an und ich erblickte einen Hydraulischen Werkstattwagenheber. "Geil!" Wir machten uns sofort ans Werk. Ich nahm das Fett mit einem Buttermesser aus der Tube, schmierte so viel wie möglich auf einmal in den Riß der Manschette.

Ein Reifenschlauch wäre gut, aber an den hatte natürlich wieder mal keiner gedacht. Ich klebte das Tape an den Anfang der Welle und Joe drehte am Rad. Dadurch wurde möglichst alles wieder dichtgemacht. Das würde schon für ein paar Kilometer heben. Nichts schon wieder dieses Gelenkwellentheater. Ich hasse das.

Nach der "Reparatur"...

Es wurde wieder alles eingeräumt und es ging weiter. Nicht mehr ganz so rasant, aber immerhin Vorwärts. Hilft ja nichts, es muß gefahren werden. Bald kamen wir auch in einen Stau. Da läuft wenigstens die Welle nicht heiß. Sie gab auch Ruhe, bis kurz vor den Hafen. Wir hielten noch einmal an, umwickelten die ganze Konstruktion wieder und fuhren dann weiter. Immer langsamer werdend und immmer nden Schildern zum Fährhafen nach.

Kaum waren wir da, waren schon wieder überall diese Wink-Typen. Mal offizielle, mal inofizielle. Die Beschilderung ist gut, wie in ganz Spanien. Man fährt immer in Richtung Algeciras, dann zum Hafen, dann zum Fährhafen, dann in Richtung Tanger oder Ceuta, je nachdem, wo man gerne hinmöchte - bei uns natürlich wieder Ceuta - dann Ceuta mit Fahrkarte oder Ceuta ohne Fahrkarte. Ceuta ist noch Spanisch. Aber Steuerfrei. Diesel und Cigaretten also hier kaufen. Nicht in Marokko - außer, der Tank ist leer. Bloß keine Einreiseprozedur im Hafen.

Die offiziellen Winker (das sind wohl die mit der Leuchtweste), fuchtelten auch nicht besser oder schlechter, als die inofiziellen Winker. Hauptsache, es wird gefuchtelt. Am besten nichts davon beachten und einfach irgendwas machen. Die werden sich schon melden, wenn was nicht paßt. "Haben Sie ein Billet?" "Nein, aber das kann ich in dem Gebäude schätzungsweise kaufen, oder?" "Sie müssen sich auf den Parkplatz stelen." "Jaja, ganz sicher..." Ich wollte eigentlich weiterfahren, zum eingang des Verkaufsgebäudes. Aber die blieb hartnäckig. Ich dürfe da nicht hinein. "Ich steig nur aus, die anderen fahren solange im Kreis." "Aber die erste Stunde auf dem Parkplatz ist doch frei!" "Aha. Und wie lange dauert der Ticketkauf? Drei Stunden?" "Nein, müßte ganz schnell gehen."
Ich stellte mich also auf den Parkplatz. Sofort kam einer dieser Kasper daher, wie immer, der mich auf Englisch fragte, ob ich ein Fährticket bräuchte. "Ja", antwortete ich auf Spanisch, "aber ich kann das schon ganz allein machen. Bin großer Junge." Er entschuldigte sich und zog von dannen. Das war mal ein höflicher Schlurfi. Kein Darauf-Bestehen, kein Rumgenerve. So sollten sie alle sein. Almut und Joe blieben zurück und ich zog los, um mich nach den Preisen zu erkundigen. Es waren alle ziemlich gleich und alle hatten mehr oder weniger den gleichen Preis. Die Differenz betrug Pfennige. Ich wurde von einem angelabert. "Sir, Tickets? Come here." Er schleifte mich zu einem der Reisebüros. Wollte da zu Übersetzen anfangen, aber sah schon bald, daß das nicht notwendig war. "Drei Erwachsene, ein Auto. Einfach. Möglichst billig. Was wäre der Preis?" Er tippt auf dem Taschenrechner und kommt auf 188,65 €. "Ist das das billigste?" "Absolut. Außer, Sie buchen hin- und Rückfahrt." "Gut, dann seh ich mich mal um. "Sie werden nichts billigeres finden. Wir haben alle den selben Preis, die Differenz beträgt nur wenige Cents. "Nehmt ihr Visa?" "Selbstverständlich." "Gut, dann geh ich die mal holen..." "Ich ging zum Auto, erstattete Bericht." Hin und Rückfahrt buchen spart und etwa 30 €. Es könnte aber sein, daß wir für die Rückfahrt eine Fähre nach Italien finden, die sich rechnet. Wir wußten darüber aber nichts. Und wenn wir nun Hin- und Rückfahrt buchen, dann sind wir gebunden. Mein Vorschlag, einfach weiter nach Mauretanien zu fahren und gar nicht zurückzuverschiffen wurde als zu plötzlich zurückgewiesen. Aber er war eingebracht, nun mußten sich die anderen einig werden. Das ging dann auch. Wir nehmen nur die Hinfahrt und sehen, was wir auf dem Rückweg so geboten bekommen. Ich ging wieder hinein und versuchte, den Preis bei einem anderen Reisebüro. Davor stand ein älterer Spanier, der sich darüber aufregte, daß hier alles so schlecht organisiert sei und keiner bescheid wisse. Das merkt er aber früh... Hallo. Willkommen in Spanien!

Als ich endlich an die Reihe kam, fragte ich nach einem Ticket für drei Personen und ein Auto. Er kam auf 117,88 €. "Das ist aber sehr billig. Ich glaube, das nehme ich. Visa?" "Selbstverständlich..." Alles wunderbar abgelaufen. Die Fähre kam um Mitternacht. Wir sollten uns anstellen. Möglichst bald, denn wenn das Schiff voll ist, dann fährt es los. Dann müssen wir auf die nächste warten.

 

Ich fuhr noch schnell um Cigaretten und Cola. Die gab es innerhalb des Hafens. Bevor ich herausfuhr kam einer an das Auto und zeichnete mit beiden Händen ein Viereck in die Luft. Mehrmals. Sah mich mit großen Augen an. "Aha. Und was heißt das?" "Ah. H-h-ha-haben S-s-sie ein. Bi-billet?" Ich hielt es ihm entgegen. Er erklärte mir dann, daß er mir nun ein gelbes Ceuta-Schild an die Windschutzscheibe macht, damit man mich nicht in die falsche Richtung schickt, wenn ich wieder in den Hafen komme. Ich holte meine Kippen und das Cola. Doch das Shcild hat nicht viel geholfen. Als wir nämlich wieder zurückfuhren kam wieder so eine Winktanke und schickte mich in die verkehrte Richtung. Als sie dann sah, daß ich bereits ein Ticket hatte, schickte sie mich in alle Richtungen, gab dann auf und ging wieder weg. Wir fuhren in die Wartehalle. Zwei Reihen Auto standen bereits da, eine vor jedem Kontrollhäuschen. Ich dachte, wir könnten vielleicht eine vierte aufmachen, denn schließlich waren es vier Kontrollhäuschen und bei allen waren die Schranken offen. Nur stand vor den beiden linken keiner. Wir fuhren bis ganz vor. Nichts geschah. Wir standen neben denen, die als erstes angekommen waren. "Wieso rührt sich da nichts? Wieso kommt keiner, um mich zusammenzustauchen?" Ich wartete noch eine Weile und fuhr noch weiter vor. Nichts geschah. Das kam mir spanisch vor. Ich zog es vor, wieder umzudrehen und mich ganz hinten anzustellen. Nun hieß es warten. Joe und ich zogen noch einmal Panzertape über die Gelenkwelle, dann zog ich den LapTop heraus und begann zu tippen. Ich tippte, so lange, bis vorne Bewegung in den Suahaufen kam. Man rückte vor. Es ist ganz wurscht, in welcher Reihe man steht. Man sucht sich einfach seinen Weg. Wie damals in Tunesien, nur nicht ganz so chaotisch.


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