Gammel in Mexiko 2003
Donnerstag, 15. Mai

Tagsüber passierte nichts Spannendes. Das übliche: Boden schleifen und streichen bei Hitze und hoher Luftfeuchtigkeit. Das dauert wochen, was bei normalem Klima in zwei Tagen erledigt wäre...
Es war schon dunkel, als ich abends gerade den Computer angeschlossen hatte um Zeug hoch- und herunterzuladen. Es saß neben mir der Schotte und erklärte, es würde heute eine Mondfinsternis geben. Ich ging hinaus, tippte einige Zeilen, da kam wieder diese lästige Telephonkartenverkäuferin und setzte sich an meinen Tisch. Ich beachtete sie nicht weiter und tippte und tippte. Es kam der Schotte vorbei und fragte mich, ob er das Verlängerungskabel haben könne. Er konnte seinen LapTop nicht auf dem Zimmer anschließen, da dieser einen dreipoligen Stecker hatte. Ich gab ihm das Kabel, konnte nun aber selbst meinen Rechner nicht mehr benutzen, denn das Kabel war zu kurz und ich wollte mich nicht in die Rezeption setzen, da es dort so dumpfig und schwül war, also packte ich den Rechner an seinen Platz, hinter der Rezeptionstheke unter dem Handtuch und begann, Photos der Mondfinsternis zu schießen, die bereits begonnen hatte.

Ein Bild der Mondfinsternis.

"Scheiße. Batterie schwach..." bemerkte ich nebenbei halblaut. Ein Freund von Peter wollte sich eine Cigarette anzünden. Als ich ihm Feuer geben wollte, bemerkte ich, daß das Feuerzeug fehlte. Ich ging in die Rezeption und sah in der LapTopTasche nach, denn ich dachte, ich hätte das Feuer da hinein. Kann ja nicht weg sein. Doch dort war es nicht. Ich ging wieder hinaus und schoß meine Bilder, bis die Batterien endgültig leer waren. Dann ging ich wieder in die Rezeption und wechselte sie aus. Die Telephonkartenverkäuferin hielt sich in der Nähe auf. Ich suchte etwas wie ein Stativ, um nicht die Bilder zu verwackeln. Sie kam irgendwann und fragte mich, wann ich denn die Batterien wechseln wollte. "Hab ich schon..." immer möglichst Wortkarg, damit sie vielleicht irgendwann checkt, daß sie es woanders versuchen soll. Sie kam irgendwann aus irgendeinem Eck und meinte, sie müsse noch Kopfwehtabletten holen, bevor der Laden zumache. "Ja, geh endlich", dacht ich mir. Ich photographierte weiter. Doch sie war bald wieder da. Der Schotte kam auch und brachte das Kabel zurück. Ich ging in die Rezeption und wollte den Computer holen, doch der war weg. Ich suchte, schob es auf meinen Alzheimer, bestimmt hatte ich die Kiste wieder woanders hingeworfen und das nicht gespeichert, aber da waren nicht viele Plätze, an denen der Rechner sein konnte. Gestohlen. Ich ging hinaus, machte alle Türen und Fenster dicht. "Hat Dir jemand Dein Feuerzeug gestohlen?", fragte mich die Telephonkarte. "Nein, meinen LapTop. Verdammt! Das kann doch nicht sein, ich war die ganze Zeit hier vor der Rezeption." "Nein", sagte sie, "Du warst auch da vorne und dort."

In der Rezeption war alles intakt, nur das Handtuch, unter dem der Rechner gelegen hatte, war verschoben und der Rechner fehlte. Der Täter war also im Dunkeln gezielt in die hinterste Ecke der Rezeption gegangen und hatte den Rechner verschwinden lassen. Licht hatte er keines angemacht, denn das hätte ich sofort gemerkt, ich hatte alle Lichter ausgemacht, um den Mond besser beobachten zu können. Es kann also nur jemand gewesen sein, der mich gesehen hatte, als ich den Rechner verstaut hatte. Zuletzt habe ich ihn um 22:40 gesehen, kurz vor Eilf war er bereits weg. Er hatte das Hotel aber nicht durch den Vordereingang verlassen, ein Mensch, der hier mit einem Koffer in der Hand vorbeiläuft fällt einfach auf. Ich ging zum Hintereingang und prüfte, ob die Tür offen war. Dreck! Auch das noch. Diese verdammten Idioten, die diese beschissene Tür immer offen lassen. Als ich den Rechner verstaut hatte, waren nur zwei Leute überhaupt auf der Straße. Der eine war Oskar, ein langjähriger Freund von Peter, gebildeter Mensch, hatte in Spanien eine Sprachschule, er leistet sich ein Zimmer für 50 US$ täglich und es kaum nötig hat, einen alten Rechner zu klauen. Außerdem hatte ich ihn am Nachmittag beobachtet, wie er und seine Frau auf der Straße lautstarken Streit hatten. Mich an seiner Stelle hätte nicht alles Geld der Welt interessiert, ich hätte es höchstens vor Wut weggekickt. Die andere war die Telephonkarte, bei der ich mich fragen mußte, was die überhaupt die ganze Zeit hier will. Einer von denen muß es gewesen sein. Jede verdammte Nacht fahren hier alle zwanzig Minuten abwechselnd die Patrouille und das Überfallkommando vorbei. Heute nicht. Kein einziges Polizeiauto. Zur Polizeistation konnte ich nicht, ich wollte die Alte nicht aus den Augen lassen, für den Fall, daß sie sich, während ich weg bin, den Rechner aus seinem Versteck holt und damit abhaut. Sie sagte, ich solle der Polizei nichts sagen, denn die würde mir nur erzählen, daß das meine eigene Schuld sei. "Das ist überhaupt nicht Dein Problem, laß mich mal in Ruhe überlegen..." Ich habe nie gesehen, daß sie die Medizin eingenommen hat, obwohl sie eigens, ohne, daß ich sie gefragt hätte gesagt hat, sie müsse jetzt ihre Medizin nehmen. "Wen verdächtigst Du? Mich?" Klar, doch ich antwortete nicht, überlegte, was man jetzt wohl zu tun hatte. Noch war der Computer nicht verkauft, bestimmt nicht mal formattiert... Ich überlegte, ob es vielleicht geschickt wäre, die Alte in ein Zimmer zu zerren und ihr das Messer an die Kehle zu halten, oder es schlichtweg aus ihr herausprügeln. Die Sache hat nur einen Haken. Egal, ob sie funktioniert oder nicht, ich müßte augenblicklich abhauen. Und wenn sie einen Kumplizen hatte, der ist sicher mit dem Computer inzwischen in Colosseo und alleine da reinzugehen um einen Computer rauszuholen, das ist was für einen Fremdenlegionär, aber ich würde da nicht weit kommen. Abgesehen davon, daß ich hinterher sicher die Polizei am Hals haben würde und ich bin nicht wirklich schwer zu finden, wenn sie mich wirklich finden wollten. Über kurz oder lang bin ich auf der Landstraße. Verdammt... da war nichts zu machen.


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