Gammel in Mexiko 2003
Freitag, 16. Mai

Ich Idiot kam nicht auf die Idee, der Alten zu folgen, als sie ging. Vielleicht hätte sich ja etwas ergeben. Stattdessen saß ich recht blöd vor der Rezeption. Fuck off... Wie ein blutiger Anfänger, das ärgert mich am meisten. Ich hatte nicht eine Knarre am Schädel, es war kein Räuber, sondern ein nichsiger, billiger Dieb. Sehr geschickt, aber eben nur ein Dieb und ich Nullnummer falle drauf rein, das hat mich in blanke Raserei versetzt.

Am Morgen hatte ich mich wieder beruhigt, Peter meinte: "Du nimmst das ja ziemlich gefaßt hin, ich würde ausflippen..." Das Ausflippen brachte nur nichts. Das war meine eigene Dummheit, dafür gehört es mir nicht anders, ich hatte in den letzten drei Jahren meine bescheuerte Leichtgläubigkeit nicht ausgemerzt. Vielleicht hatte ich das, aber nach einem halben Jahr Deutschland war sie wohl wiedererstanden. In meinem eigenen Haus hielt ich meine Zimmertür stets zugesperrt zum Schutz vor meiner Mutter Aufräumaktionen, die ich haßte wie die Pest, weil hinterher immer irgendwas fehlte und ich stundenlang mit Suchen beschäftigt war, die Rezeptionstür hier ließ ich offen in meiner Idiotie. Völlig ohne Grund, denn ich hatte einen Schlüssel. Das sind Sachen, die müssen in Fleisch und Blut übergehen, sonst läuft man immer durch die Welt und ist damit beschäftigt, eine Liste von gestohlenen und abgelinkten Gegenständen zu führen. Vor der Rezeption zu sitzen und sich den Rechner, das zweitwichtigste, gleich nach dem Auto, unter der Nase mit offenen Augen klauen zu lassen, das darf man normalerweise keinem Erzählen. Und wenn man von selbst nicht draufkommt, dann muß man eben Lehrgeld bezahlen. Geschieht mir eigentlich ganz Recht, wenn ich so darüber nachdenke, aber ich hatte keineswegs vor, die Sache auf mir sitzen zu lassen.
Dem Hauptkammermädchen erzählte ich vom Diebstahl und wies sie an, daß kein Müll aus den Zimmern das Hotel verlassen dürfe, bevor ich ihn nicht inspiziert hatte. In der LapTopTasche waren Papiere von mir. Alle Bankunterlagen, Photos, handgeschriebene Notizen usw. Klar wär ein schlauer Dieb niemals so blöd, so etwas in den Zimmermüll hineinzuwerfen, aber ein schlauer Dieb hätte auch nicht so operiert, daß neben ihm nur noch sehr wenige als Täter in Frage kämen. Ich fand nichts, doch auch das war was wert, denn nun stiegen die Chancen, daß der Dieb nicht im Hotel wohnt, abgesehen davon, daß diese Chance nie wirklich groß war.

Der oder die würde versuchen den Computer zu verkaufen. Er hatte eine deutsche Tastatur, das macht es komplizierter, aber ich habe nie gedacht, ein BIOS-Passwort einzurichten. Damit macht man es dem Dieb noch schwerer, denn dann muß er Einzelteile verkaufen und die werfen nicht so viel ab. Ich ging zu Eikka, der weiß immer irgendetwas schlaues. Er riet mir, in die Computershops zu gehen und es dort zu melden und eine Belohnung von 100 oder 200 US$ auszusetzen. Ich tat das. Wer weiß, man soll nichts unversucht lassen. Dann fuhr ich zurück gammelte ich wieder vor dem Hotel rum und ärgerte mich über mich selber. Wie sollte es nun weitergehen? Fest stand, daß ich auf jeden Fall versuchen wollte, den Rechner wieder zu beschaffen, aber die Chancen standen nicht gut. Das würde wahrscheinlich nicht klappen. Doch ohne Rechner geht nichts. Absolut gar nichts. Das schränkt die Möglichkeiten ein auf genau drei:
1. Hier in Mexiko einen Neuen Rechner kaufen. Das wäre das einfachste, aber nicht gerade die billigste Variante.
2. Nach Europa fliegen und dort einen kaufen. Das wäre genau so teuer wie Möglichkeit Nummer eins, denn der Flug war billig, und ich hätte dann wenigstens einen gescheiten Rechner mit deutscher Tastatur, außerdem würde ich mir die 150 Euro für das Porto für die Fensterscheibe sparen, käme zurück und könnte gleich losfahren. Unter dem Strich vielleicht sogar billiger als Lösung Nummer eins. Darübrhinaus könnte ich dann noch die Bankgeschichte regeln, denn wenn ich das von hier aus machen wollte, das dauerte Monate.
3. Gleich in die USA fahren und dort Scheibe und Rechner kaufen. Gebrauchte LapTops sollen dort recht billig sein, eine Scheibe bekommt man auch, wie ich lese und außerdem ist das sowieso der Weg. Nun, da nichts Wichtiges mehr geklaut werden kann, ist es egal, ob mit oder ohne Scheibe gefahren wird.
Peter kam vorbei: "Wieso hab ich nur lauter frustrierte Leut um mich? Der eine läßt sich den Computer klauen, der andere die Frau... Was macht ihr jetzt am Abend? Löcher in die Luft starren..?"
Resigniert setzte ich mich dann wieder vor die Rezeption, wie jeden Abend, nur fortan wohl mit Schillers Wallenstein und Bier, statt mit Toshiba... Peter meinte: "Paßt auf, Leute, bleibt weg von ihm, ich weiß nicht, wie er auf Alkohol reagiert. Es ist das erste mal, daß ich ihn Bier trinken sehe".

Die Telephonkarte kam vorbei und frage mich, ob ich die Polizei verständigt hätte und ob ich José gesehen hatte.beide Antworten lauteten "Nein". Sie ging. Gegen Mitternacht kam José. Ich schilderte ihm die Situation. Er regte sich maßlos auf, mehr als ich. Was diese Scheisse soll, das hier war vor ein paar Jahren ein friedliches Fischerdorf, da wußte niemand, was Diebstahl überhaupt ist. Das hörte ich seit ich hier bin am laufenden Band. Die Zeiten ändern sich. Wo Geld ist, da läßt das Gesindel nicht lange auf sich warten, ist nun mal so...
Ich trug ihm die drei Möglichkeiten vor, die bestanden. Er meinte, ich solle machen, wie ich meine. Wenn ich einen Monat nach Deutschland ginge um die Sachen zu regeln, OK, wenn ich gleich fahren wollte, noch besser. Er muß nur sein Auto loswerden, das ist alles.


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