Gammel in Mexiko 2003
Dienstag, 29. April

Es ist abends recht gemütlich, an der Straße zu sitzen und zu tippen. Es kommt immer jemand vorbei mit dem es sich nett plaudern läßt. Heute war es John mit der Kanadierin aus Zimmer drei. Die ging jetzt auf ihr Zimmer - ohne John - was ihn dazu veranlaßte, ins Blue Parrot zu gehen. Der Italiener hätte außerdem nach dem "Comandante" gefragt. Da ich mich ohnehin in einer Java-Technischen Sackgasse befand und keine Cigaretten mehr hatte, ging ich mit. Für Weiber war heut alles frei, das bedeutet, daß alle voll sind bis Oberkante Unterkiefer. Alkohol bei der Hitze...

Im Blue Parrot.

Ich ging hin, sagte "Hallo", fand keine Cigaretten, hatte aber auch keine große Lust, mir den Lärm zu geben. Das Bier wurde hinuntergekippt, denn darauf schläft es sich angeblich besser, dann ging ich wieder hinter meine Rezeptionstheke und schlief tatsächlich - trotz der Hitze - ziemlich gut und ziemlich lang, nichtsdestotrotz wie immer zu kurz.

Ich erhielt ein eMail von Dennis, in dem er sich tausendmal entschuldigte dafür, das Paket mit der Scheibe noch nicht abgeschickt zu haben. Das nenne ich Glück im Unglück, konnt ich ihn doch auf die Weise noch sagen, daß er es ja mit UPS oder DHL abschickt. Trotz der Preise, aber lieber teuer und die Scheibe in absehbarer Zeit eingebaut haben, als billig verschickt und nie angekommen. Vom Türschloß gibt es immer noch nichts Neues.

Tut mir Leid, wenn ich so ausführlich über Nichts berichte, aber es passiert hier wirklich nichts, wobei ich langsam anfange zu glauben, daß die Bezeichnung "nichts" schon wieder maßlos übertrieben ist. Das hier ist was für Leute, die zwei Wochen lang entpsannen wollen von der Arbeit, für Pauschaltouristen, die tagsüber am Strand liegen und abends Party machen wollen. Ein Urlaubsort, wie er auch auf Lanzerote, Fuerteventura oder sonstwo auf der Welt sein könnte, man kann schnorcheln, tauchen, Dschungel-Touren mitmachen, Fallschirmspringen, alles für sehr viel Geld. Der Flug, direkt nach Cancún mit zwei Wochen Playa del Carmen kostet bei der TUI wahrscheinlich 699 €, sehr schön für den Urlauber, doch dem Reisenden bietet es nicht viel. Von welcher Arbeit soll sich einer wie ich bitteschön erholen? Im Gegenteil, ich muß mich irgendwie von der Karibik erholen. Allein schon deshalb, weil es zu teuer ist.

Aber auch sonst bietet es rein gar nichts, eigentlich, man sitzt da und freut sich, daß man weiß, wo man in dreißig Jahren Urlaub machen könnte. Schließlich will man als Reisender nicht das sehen, was sie den Urlaubern vorsetzen, um ihnen das Geld aus der Tasche zu ziehen, dafür braucht man nicht extra nach Mexiko zu fahren. Das Klima hindert einen selbst daran, sich zu entspannen. Ohne Aircondition nicht machbar. Ich entdecke täglich neue Reize an Ländern wie dem Senegal, je länger ich hier bin. Gut, es war nerviger, das gebe ich zu, aber langweilig war es dort auf keinen Fall, und ich bin sicher, daß auch der Senegal zu bändigen ist, allein mit der richtigen Einstellung, die mir eben damals fehlte.

Doch zurück in die harte Realität: Tagsüber strich ich die Schilder von der Rezeption, abends klebte ich Preisschilder auf alles mögliche, inklusive auf den Verkäufer, danach setzte ich mich vor den Rechner, wie jeden Abend, es ist fast schon ein Ritual geworden.


Voriger Tag Zum Anfang Nächster Tag

[Hauptseite] [Besolds W123] [Reiseberichte] [Gästebuch]
© by Markus Besold