Panamericana-Tour 2002
Dienstag, 1. Oktober

Wir fuhren um 9:00 Uhr weiter in Richtung Norden zur mexikanischen Grenze, dem letzten Grenzübergang dieser Fahrt entgegen. Heute würden wir das Fahrtziel erreichen, aller Wahrscheinlichkeit nach. Es waren noch 250 km. Je nachdem, wie die Straßen in der mexikanischen Provinz waren, würde das zwischen 3 und 6 Stunden brauchen.

Schon um 11:00 Uhr waren wir an der Grenze. Ich ließ sie gemütlich angehen. In Belize wollten sie 27,50 Dollar haben bei der Ausreise. Gehe ich jetzt zurück, frage ich nach Geld und zahle das? Oder soll ich vorher anfangen zu diskutieren? Hm. Diese unselige Allianz zwischen korrupten Bullen und einseitig begabten Beifahrerinnen. Das ist zuviel für meine Nerven. Ich also zurück zum Auto zur Gabi: "Zehn Dollar pro Person plus Sieben Dollar Fünfzig für das Auto. Macht 27,50 Dollar." Sie gab mir genervt das Geld. "Da! Affenstaat!" Gib mir drei Stunden, und wir kommen raus, ohne einen Pfennig zu bezahlen. Aber dann ist ihre Laune auch nicht besser, denn wir könnten ja schon drei Stunden weiter sein. Und sie konnte es sowieso schon nicht erwarten nach Playa zu kommen, da ist jede Sekunde Verzögerung schlimmer als Moneten, die man abdrücken muß.

Karibischer Dschungel.Da ich gleich ohne jeden Widerspruch bezahlte, und immer freundlich blieb, ging auch alles relativ schnell. Schon eine Viertelstunde später standen wir bei der mexikanischen Einreise. Ich ließ die Pässe abstempeln. Das ging noch glatt und kostete nichts. Aber schon als ich zum Zoll hineinging und eine Frau am Schalter saß, da fühlte ich schon, daß dieser letzte Grenzübergang nicht so glatt laufen würde, wie die letzten. Ich ging zu ihr mit meinem Einreisestempel. Sie fing an, den Antrag zu bearbeiten. Irgendwann fragte sie mich nach meiner Kreditkarte. "Kreditkarte? Hab ich nicht, sowas..." Sie schaut mich an, als wäre ich vom Mars: "Wie? Sie haben keine Kreditkarte?" Was soll denn der Quatsch jetzt? "Nein, sowas besitze ich nicht. Ich dachte das hier sei ein Zollgebäude und keine Bank. Wozu brauchen Sie eine Kreditkarte?" Sie erklärte, daß ich für das Auto eine Kaution hinterlegen muß. Falls ich das Auto unverzollt verkaufe, wird der Betrag von der Kreditkarte abgebucht. "Gut. Also: Hab ich nicht. Nächster Vorschlag", sagte ich und wartete. "Nun", sagte sie, "Sie können auch einfach 200 US$ bei mir bezahlen und wenn sie ausreisen, bekommen Sie sie wieder zurück..." Das mußte ich nun erst beratschlagen. Ich ging zum Auto und erzählte Gabi von den beiden Möglichkeiten, die es gab. Die 200 US$ kamen nicht in Frage, weil sie dieses Land im Flugzeug verlassen würde. "Dann komm mit", sagte ich zu ihr, stieg aus, wartete bis sie ausgestiegen war und sperrte das Auto ab. Wir versuchten es mit ihrer Kreditkarte. Der Name auf der Karte stimmte nicht mit dem Namen auf den Fahrzeugpapieren überein. Blieb nur die 200-US$-Pfand-Methode. Da Gabi dazu nicht zu bewegen war, schlug ich der Zoll-Jule vor, daß ich einen Kumpel aus Playa del Carmen herbestellen könnte, der mir die 200 US$ zur Verfügung stellt - oder eine andere Lösung findet. Ich bräuchte dazu allerdings ein Telephon. "Zu dem können Sie auch einfach so hinfahren", sagte sie so nebenbei, "Quintana Roo ist zollfreies Gebiet, solange Sie sich nur da aufhalten, können sie sich den Zoll sparen." Sag das doch gleich, Du blöde Kuh! Ich sah Gabi an und sagte: "Problem erledigt..." Eine oberflächliche Durchsuchung fand statt, und wir bekamen einen Zettel. Der wanderte zu den restlichen Zetteln in die Abidjan-Tasche und wir fuhren hinein in die "Estados Unidos del México". Drei Polizeikontrollen auf dem Weg nach Playa. Aber niemand wollte Geld für nichts. Keine Strafen, aber die Strecke zog sich. Vier Stunden für 300 km.

16:00 Uhr: Ankunft am Hotel Eclipse in Playa del Carmen. Das war der mit Eikka ausgemachte Treffpunkt. Damit war diese Fahrt also vollzogen. Seit der Abfahrt in Campinas hatte der Daimler genau 20.521 km zurückgelegt. Luftlinie wären es lediglich 6.470 km. Aber der Benz kann nun mal nicht fliegen und so kämpfte er sich durch. Durch Schlamm und Wasser, durch Eis und Schnee, durch das Altiplano in über 5.000 Metern Höhe, durch Schlaglospisten... Pannen: Keine. Abgesehen von ein paar platten Reifen und einem abgerissenen Dieselschlauch (Made in Brazil). Sogar die kurz hinter Campinas geflickte Gelenkwelle hielt durch. Deutsche Ingenieurskunst - oft kopiert, doch nie erreicht.

Das Hotel war kleiner als ich dachte. Daneben war ein Laden, der so aussah, als könnte er zum Hotel gehören. Ich ging hinein und erkundigte mich an der Kasse, wo hier was und vor allem wer war. Ich fragte nach Eikka, aber der wollte mir immer irgendeinen "Piter" aufdrängen. Eikka hatte was erwähnt von einem Peter oder Paul, dem das Hotel gehörte, und nach dem ich fragen sollte, nach meiner Ankunft. "Na, gut", lenkte ich ein, "dann laß mich mit 'Piter' sprechen." "Der ist nicht da", sagte er. Groß! Aber erst fett Werbung dafür machen. "Naja... Dann nehm ich ein Cola..." Ich ging zum Kühlschrank, nahm mir eine Cola, Gabi bezahlte und wir setzten uns hinaus.

Irgendwann kam besagter "Piter". Er war aus Deutschland und ihm gehörte der Laden. Wo Eikka gerade war, das wußte er nicht. Aber er rief ihn an, ließ ihn wissen, daß Besuch da sei und übergab mir den Hörer. Eikka teilte mir mit, daß er gerade keine Zeit hatte, aber so schnell wie möglich kommen würde. Der Deutsche ging dann irgendwann und einige Zeit später kam Eikka um die Ecke gebogen. Wir erkannten uns schon von Weitem. Ich stand auf und ging zu ihm. "Pinche loco!!!", schrie er, "como estás?" Meine einzig logische Antwort war: "Wir sind so bescheuert, Alter! Wir hätten in Argentinien bleiben sollen!" "Nonsens! Zu kalt!", schrie er. "Alles ist besser als diese Waschküche. Ekelhaft!" Wir gingen zum Tisch, wo Gabi saß. "Das ist die Gabi, das ist der Eikka."

Wir unterhielten uns und trugen dabei unsere Anliegen vor. Zunächst brauchten wir eine Bleibe. Heute war der erste, Gabis Flug ging am 13. Wir hatten also noch fast zwei Wochen. Davon hätten wir gute 10 Tage in Nicaragua, Honduras und Guatemala verbringen können. "Da gibt es doch nichts zu sehen", hießt es zwar, aber ich behaupte mal 12 Tage Playa sind auf jeden Fall weniger spannend. Also, erstmal ein Zimmer irgendwo, möglichst billig. Dann brauchte Gabi noch verschiedene Mitbringsel, und ich am besten irgendeine Arbeit - ganz egal was. Doch eins nach dem anderen. Eikka überlegte, wo er uns unterbringen konnte... Er telephonierte, legte wieder auf, überlegte, griff wieder zum Telephon... "Wartet hier", sagte er, stand auf und ging. Bald darauf hörte man das dumpfe knattern einer schweren Harley. Eikka saß darauf, sah zu uns, nahm sein Handy vom Ohr. "Follow me!", sagte er dann, während er sein Telephon am Koppel festmachte. Wir stiegen ein und fuhren ihm hinterher. "Merk Dir den Weg zurück hierher", sagte ich zu Gabi. Wir fuhren zu einem Haus. Eikka sprach in die Sprechanlage und kurz darauf ging ein großes, undurchsichtiges Eisentor auf. Wir gingen hinein. Hinter uns ging das Tor wieder zu. Wir standen auf einer Terrasse, hinter uns das Eisentor, vor uns eine Glastür, dahinter ein schön eingerichtetes Büro. Aus der Türe kam ein extrem dicker Mann, hieß erst Eikka, dann uns willkommen und bat uns hinein. Er war sehr sympathisch. Wir unterhielten uns etwa eine halbe Stunde, dann verabschiedeten wir uns und gingen wir wieder hinaus.

Als wir wieder draußen vor dem wieder verschlossenen Tor standen, erzählte Eikka, daß es sich bei dem Mann um Toby, den ehemaligen Bürgermeister handelte. Er sagte, daß er wohl kein Geld verlangen würde für das Zimmer, aber daß wir ihm doch ein bißchen war zahlen sollte. Nicht, weil er es nötig hätte - Geld besaß er genug - sondern "weil in diesem Kaff jeder meint, er muß ihn übervorteilen". Dann fuhren wir los, wieder Eikka hinterher. Als wir von der Hauptstraße abbogen hörte der Asphalt schlagartig auf und wir waren nur damit beschäftigt, den riesigen Schlaglöchern und teichgroßen Pfützen auszuweichen. Hier sah man auch keine Touristen mehr. Nicht einen! Dabei sind es nur ein paar hundert Meter Luftlinie zu den Stränden. Wir kamen bei einem dieser typischen lateinamerikanischen Ytong-Häuser an. "Posada Las Gaviotas", stand mit roter Farbe an der Hausmauer. Eikka klingelte, erklärte dem Hausbesitzer die Situation und wir gingen hinein. Erst hatte ich bedenken, das Auto auf der Straße stehen zu lassen. Aber Eikka meinte, das sei kein Problem. In Playa stecke die Kriminalität erst in Kinderschuhen und wenn irgendwo geklaut wird, dann unten und nicht hier. Damit verabschiedete er sich auch schon, da er noch was zu erledigen hatte mit irgendeiner Harley-Geschichte...

Der Hausherr zeigte uns unser Zimmer. Licht? Vergiß es. Aber das war ganz gut so, denn ich wollte nicht wirklich sehen. Im Zimmer stand ein Bett und in der rechten Ecke war eine Art Bad, also ein rechteckiger Raum mit einer Schüssel, und einem Rohr, das in einer Höhe von vielleicht 2,20m aus der Wand kam. Das war die Dusche. Warm und Kalt konnte man nicht einstellen. Das Wasser hatte die Temperatur, die es durch die Sonne im Wasserspeicher erhielt.
Alle Wände ware roh und die Boden waren überall aus Beton. Die Luftfeuchtigkeit betrug etwa 500%. Klima? Haha! Alles was ich auftreiben konnte war ein Industrie-Ventilator. Wenn man den auf Vollast stellte und auf das Bett richtete, dann blies er immerhin die Mücken weg. Und hier würden wir nun knappe zwei Wochen verbringen müssen, weil wir doch keine Zeit hatten...

Gesamtstrecke: 20.521 km
Kilometerstand bei Ankunft: 758.000 km

 


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