Südamerikatour 2001
Montag, 13. August

Oh, Wunder! Ich lebe noch... Ne, mal im Ernst, natürlich war die Gegend in der wir geschlafen hatten völlig harmlos. Wir wurden nicht überfallen, ermordet, oder dergleichen, und sogar Busse und LKWs waren wieder da. Da wir in der Zwischenzeit 20 km von Arequipa entfernt waren, was bei unserer Geschwindigkeit in Zeit etwa eine Stunde bedeutet, entschlossen wir uns dazu, uns Arequipa bei Tag zu sparen und direkt nach Juliaca weiter zu fahren. So starteten wir nach dem Frühstück zu einer gigantischen fahrt durch die Anden... mitten durch einen Nationalpark, wo es endlich auch Lamas gab!!!
Irgendwann, so nach circa vier Stunden fiel mir dann auf, daß die Strecke in der Landkarte - auf der ich glaubte, daß wir uns befänden - unmöglich die sein konnte, auf der wir tatsächlich waren. Das wäre ja nun eigentlich egal, oder zumindest nicht so schlimm gewesen, wenn wir nicht vorher zu wenig getankt, und uns darauf verlassen hätten, daß ja bald wieder eine Stadt (mit Tankstelle) kommt...

"Du, Besold, haben wir eigentlich überhaupt genug Sprit? Ich mein.. Ich will ja nichts sagen...", sagte Gabi. "Ja", sag' ich, "wenn die Reserveleuchte anfängt zu brennen, dann kann man noch etwa 200 km fahren, in unserem jetzigen Zustand, Piste, volle Zuladung, Vollgas, vielleicht so zwei, drei Stunden." Gabi schaut auf die Armaturen, schaut mich an, schaut wieder die Armaturen an, dann sieht sie wieder nach vorne und fragt: "Aha... Und seit wann brennt sie schon?" Ich unternahm einen halbherzigen Versuch, vom Thema abzulenken: "Wer?" - "Die scheiß Leuchte! Wie lange brennt die schon?" "Nun, ja, eigentlich erst seit gestern Nacht, aber..." Gabi daraufhin mit etwas lauter gewordener Stimme: "Ja, weißt... Du hast vielleicht 'n sonnig's Gemüt! Dann sag halt was, Zefix!, Du bist echt der Held vom Erdbeerfeld! Was machmer, wenn wir jetzt hier stehen bleiben?"

Also erst mal eine Pause an einer Kreuzung einlegen und beratschlagen was wir nun tun sollen. Wir haben uns übrigens beide schon die ganze Zeit gewundert, daß wir mit der Höhe (4.000m und mehr) so prächtig klar kommen. Im Reiseführer haben wir so Geschichten über Höhenkrankeit gelesen... "Ha, alles Quatsch, wir doch nicht", dachte ich zumindest, bis ich das erste mal aus dem Auto ausgestiegen bin und es mir innerhalb von Sekunden dermaßen den Kreislauf zusammen geschraubt hat, daß ich nicht mehr gewusst hab' wo oben und unten ist.

Erst mal tief (und mit tief mein ich tief) Luft holen, Beine hoch legen und wieder cool werden...

Nach dem Zwangspäuschen haben wir dann beschlossen nach Arequipa umzudrehen, was immer noch wesentlich kürzer war als nach Juliaca weiterzufahren. Allerdings war uns bewußt, daß der Diesel auch bis Arequipa keinesfalls reichen konnte. Blöd aber auch, daß es mitten in den Anden keine Tankstellen gibt. Zumindest nicht das, was wir Europäer darunter verstehen, aber es gibt immerhin "Tankstellen", wenn auch nicht im herkömmlichen Sinn. Zum Glück, muß man sagen, denn es würde sicher scheiße aussehen.
Ein "Restaurant" dem wir auf dem Hinweg keine besondere Beachtung geschenkt hatten, verkaufte nicht nur Essen und Getränke, sondern auch Diesel (oder zumindest so was in der Art) aus dem Faß... Besold probierte (!) das Zeug und gab das Kommando zum Abfüllen in den Tank: Ein freundliche Herr begann daraufhin mit einer Blechbüchse und einem Trichter das Auftanken des Boliden.

Ein typisches Andendorf...
Vermutlich ein Geisterdorf. Aber gewiß weiß man das nie.

Da die Leute hier wirklich sehr, sehr nett waren und wir ja außerdem die vorhin beschriebenen Probleme mit der Höhe hatten, entschieden wir uns dazu hier gleich noch einen Coca-Mate-Tee zu trinken. Mich begeisterte besonders, daß zu dem Restaurant etwa fünf, sechs Lamas gehörten, die den Anblick von Touris wohl gewohnt waren und sich geduldig streicheln und fotografieren ließen ohne zu spucken. Dafür fraßen sie die Cocablätter aus unseren Teetassen. Wahrscheinlich sind Lamas deshalb so coole, aber etwas dümmlich dreinblickende Tiere... zu viel Coca. Teepause beendet, weiter nach Arequipa, wo wir um 16:00 Uhr dann auch erneut ankamen.

"Jiha!!! Teerstraßen!!!"

Erstes: Einen Supermarkt suchen. Das war, wie wir feststellten nicht ganz so einfach. Außerhalb der Stadt gab es nämlich keine Supermärkte und in der Stadt ist leider jedes Parken unmöglich. Dann halt nicht... Aber zumindest gab's Tankstellen: "Einmal volltanken, bitte!!!" Gelenkwelle mal wieder mit frischem Isolierband umwickeln und noch nach dem "richtigen" Weg nach Juliaca fragen.

Zu unserer großen Überraschung stellte sich heraus, daß wir uns - bei unserem Ausflug durch die Anden - eigentlich auf dem richtigen, oder zumindest auf dem gebräuchlicheren Weg gewesen waren, nämlich auf der weiß eingezeichneten Piste obenrum. "Super!"

Die Einheimischen meinten zu allem Überfluß auch noch, wir sollten es uns abschminken, mit diesem Auto auf dieser Strecke nach Juliaca zu fahren: LKW, Bus oder Jeep: "Si." - Mercedes-Benz: "No!!!"
Wir waren trotzig und beschlossen trotzdem den anderen Weg zu nehmen. Die Straßen jedenfalls können nur besser werden. 30 km vom Stadtzentrum Arequipas entfernt verwandelte sich die Teerstraße dann, wie befürchtet, wieder in eine Piste, obwohl man bei einem Blick in die Karte fast zu der Überzeugung kommen hätte können, es handele sich bei der rot eingezeichneten Strecke um eine einigermaßen gute Straße. Den Kartographen möchte ich gern kennen lernen. Naja, in vier Stunden schafften wir immerhin 50 km!!!


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