Südamerikatour 2001
Sonntag, 12. August

Nach dem Aufstehen fuhren wir erstmal nach Tacna hinein. Wie wir schon am Abend zuvor feststellen konnten, fahren die Peruaner etwas türkisch, sozusagen. Es wird viel gehupt und ohne den ganzen Fahrschulschwachsinn gefahren. Macht Spaß. "Relax, sit back and ejoy..."
Als erstes brauchten wir einmal gültiges peruanisches Bargeld. Es war Sonntag, vergiß also die Banken und Wechselstuben, sofern überhaupt vorhanden. Ich ging also in ein Hotel und fragte auf Englisch einen, der Wichtig aussah, ob sie mir denn wechseln könnten. Ging nicht, aber der Wichtige pfiff nach dem Empfangsneger. Der sah aus, wie im Zeichentrickfilm: Knallrote Uniform mit goldgelben Rändern und diese Mützen, wie man sie aus schlechten Filmen aus der Kolonialzeit kennt, nämlich auch knallrot, leicht schief und mit einem goldgelbem Kinnriemen.
Peru
Neben der Straße blühen im Grase Blumen am Wegesrand.

Der kam gleich und bat mich überhöflich, mitzukommen. "Auweh!", dacht ich mir, "das kenn ich doch noch... hinterher will er sicher wieder Geld." Er schrie über die Straße einen der vielen Dollarwechsler herbei. Wie alle anderen auch sah er nicht sehr Vertrauenserweckend aus. Ich sagte ihm, wieviel ich wechseln wollte, er rechnete mir den Kurs vor und er erschien mir absurd, ich konnte es aber nicht nachprüfen, weil nirgendwo was stand, wieviel der Dollar wert ist. Ich erinnerte mich nicht an den verdammten Dieselpreis. Hier kostete eine Galone (!) laut Wechselheini etwa 7 Soles. Das macht 1,75 Soles pro Liter, das wären nach diesem Kurs also etwa ungefähr 150 Cent. Ist logisch. Entweder er hat gut geschätzt oder er weiß den tatsächlichen Dieselpreis und hat ihn zurechtgedichtet. Also gut, was bleibt schon groß übrig. Bei so kleinen Beträgen lohnt es sich nicht, erst nachzusehen. Da wurde halt gewechselt. Ich gab dem Dollawechsler die Dollar, er kramte den Betrag aus seiner Tasche und gab sie dem Neger. Von denen zweigte dieser auch gleich nach gutem afrikanischen Brauch einen Teil ab. Erst die Münzen. Er nahm sie mit der linken Hand, tat sie in die rechte, behielt ein paar Münzen in der Linken und gab mir das, was er in der Rechten hatte. Dann steckte er die Münzen unauffällig in die Hosentasche. Als der Dollartyp dem Neger auch noch die Scheine geben wollte, sagte ich zu ihm, jetzt auf Spanisch, daß ich hier Geld wechsle und nicht er. So erhielt ich die Scheine direkt und ohne Abzüge. Ich zählte nach, es fehlten etwa zwanzig, dreißig Pfennige. Das war das, was er wohl abgezweigt hatte. Alles einstecken und ab zur Autotür, doch natürlich kam der Empfangsneger mit und verlangte ein Trinkgeld. "Hast Du Dir doch schon genommen..." Er leugnete dies natürlich, ich hatte aber keinen Bock auf Diskussion. Solche Geschäfte macht man am besten im Auto und mit vorgehaltener Waffe, dann lassen sie das Kasperln sein. "Mehr gibt's nicht, und wenn Du mich weiterhin belästigst, unterhalten wir uns mit Deinem Chef..."

Die Panamericana in Peru.

Nach dieser Wechselaktion fuhren wir zur Tankstelle. Preise haben die hier. Alles ist billig, nur das Diesel nicht. Hilft nichts, weil mit dem Tank läßt es sich nun mal nicht verhandeln. Also tankten wir und fuhren weiter. Wieso die Peruaner in Galonen messen, das konnten wir nicht herausfinden. Auffälig waren auch die vielen amerikanischen Autos, die wir seit dem Passieren der Grenze sahen. Die meisten allerdings in recht desolatem Zustand.
Die Zeit wurde wieder einmal umgestellt, eine weitere Stunde zurück. Zum Glück spielt Zeit im engeren Sinn keine so große Rolle, sonst wär' ich schon längst durchgedreht.

Es ging es natürlich gleich weiter mit fahren, fahren, fahren... wir mußten relativ schnell feststellen, daß man hier - zumindest mit so einem für Südamerika relativ unüblichen Auto wie Besolds - an jedem Eck von der Polizei kontrolliert wird. Aber man muß auch gleich dazu sagen, daß die Polizeikontrollen sehr harmlos sind und die meisten Polizisten eigentlich nur mal mit dem Besitzer dieser supertollen "coche alemán" sprechen wollten. So endete etwa eine der Polizeikontrollen dieses Tages mit einem großen freundschaftlichen Kugelschreibertausch. Die Polizisten waren nämlich so begeistert von uns, daß sie unbedingt ein Andenken von uns haben wollten. Wir gaben einen Deutsche Post Kugelschreiber und erhielten dafür einen von Faber - Castell... einer "sehr berühmten peruanischen Marke" - wie uns die Polizisten mehrfach versicherten. Alles klar! Nun, wenn schon sonst nichts passiert... aber wir haben es an diesem Tag oder zumindest irgendwann in der Nacht noch bis Arequipa geschafft.
Als wir ankamen war es schon sau spät und wir wollten eigentlich nur noch pennen. Da Arequipa immerhin die zweit größte Stadt Perus ist, ist bei der Nachtplatzsuche ein genügender Abstand von der Stadt selbst zu halten. Also, am besten bereits ein Stück vorher anfangen zu suchen, wenn sich nix ergibt, durch die Stadt durchfahren und am anderen Ende weiter suchen. Aber, wir hatten ja "Glück" und fanden bereits vor der Stadtgrenze von Arequipa, noch so ein bisschen in Bergen gelegen, ein hübsches Plätzchen. Irgendwie war mir schon die ganze Zeit so unheimlich zumute und als da dann noch so Mitten aus dem Nichts ein Taschenlampenlicht aufkreuzte und uns ständig anmorste, wollte ich eigentlich nur noch weg. Wer weiß was für ein Drogenkurier da auf seinen Lieferanten wartet? "Na gut, fahr'mer halt no a Stückerl..."
Tja, nur leider waren wir schon näher an Arequipa als wir gedacht hatten und hopplahopp waren wir schon an der Stadtgrenze. Genau das wollten wir eigentlich ja vermeiden, Nachts durch unbekannte Großstädte zu fahren. Deshalb waren wir auch relativ froh, als wir eine Umgehungsstraße entdeckten. Wer weiß schon wie es in Arequipa Nachts abgeht?
Gut, also unsere Umgehungsstraße, die laut Beschilderung auch noch der direkte Weg zu unserem nächsten Etappenziel Juliaca war (Bingo!) führte natürlich durch etliche Vororte.
Diese Vororte sehen nicht gerade einladend aussahen (wobei das Nachts auch täuschen kann), was aber recht bedenklich stimmte war, daß hier weder Mensch noch Tier auf der Straße unterwegs war. Auch war weit und breit kein Auto, kein Bus und nicht mal mehr ein LKW zu sehen...

Kurz nach Sonnenuntergang.

Prost, Mahlzeit!!! Meine Panik steigerte sich schön langsam auf die Größe eines mittleren Nervenzusammenbruchs... Na ja, kann ja nicht mehr lange dauern, bis wir das hier überstanden haben und dann ist alles gut (wahhhhh!)... und wie heißt es so schön: es kam schlimmer. Kaum aus den Vororten herausgefahren, ging die Straße nämlich in eine schwer befahrbare Piste über, die in die Anden führte... toll! Bei einer Höchstgeschwindigkeit von 30 km, Nachts, alleine auf einem "Feldweg" irgendwo im Nirgendwo. Hier hört einen ja nicht mal wer schreien. Dazu erschwerte sich die Nachtplatzsuche insofern, als natürlich in den Bergen wesentlich seltener ein Weg von der Hauptstraße abführt und direkt an der Straße pennen kam in meinem Panikzustand für mich nicht wirklich in Frage. Irgendwann, etwa zwei Stunden später, schafften wir es dann aber doch noch, einen Platz zu finden, mit dem ich mal gerade so einverstanden war. Das GPS verriet, daß wir schon wieder auf über dreitausend Metern waren. Irgendwie war ich in der Zwischenzeit so müde, daß mir langsam alles egal war...


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