Afrika 2000
Zweite Etappe
Montag, 11. September

Die Schweizer fuhren zur senegalesischen Botschaft, um ein Visum zu beantragen und Daniel, Marion und ich mit dem 207er erst zur deutschen Botschaft, um die Autos abzumelden. Ich bekam einen Wisch, in dem was drinstand, daß die Zulassungsstelle in Augsburg mein Auto rückwirkend ab dem 11. Abmelden soll. Und man gab mir den Tip, ich soll den Zettel bei der Zulassungsstelle vorzeigen. "Ja", sagte ich, "wenn ich in zwei oder drei Jahren zurückkomme..."

Es war aber nett, bei der Botschaft. Es gab Cola für umsonst, Klimaanlage, Heimatklänge. Wir waren etwa eine Stunde dort. Anschließend ging es zu Mercedes (angeblich unter deutscher Leitung), um einen Regler zu besorgen. 70,- DM wollen sie haben. Da ich nur 50 hatte, ging es auch so, wer weiß, wie der offizielle Listenpreis lautet, in Deutschland jedenfalls 13 DM.

Als wir zurückkamen war das Visum des Schweizers schon fertig und es konnte losgehen. Soufi hatte sich in der Zwischenzeit verabschiedet. Falls jemand einen guten Führer für die Strecke braucht, kann ich Soufi nur wärmstens empfehlen, gerade, wenn man es nicht eilig hat und einem das Auto wichtig ist. Er besitzt nach meinem Dafürhalten hervorragende Geländekenntnisse, und ist ohne weiteres dazu in der Lage, die Autos heil durchzubringen. Kostet 1.200 FF (etwa 400 DM) bei bis zu 5 Fahrzeugen, also im günstigen Fall 240 FF (80 DM) pro Fahrzeug und in unserem Fall, da wir zu dritt waren 80 FF (keine 30 DM) pro Person - man findet auf dem Camping Asimex in Nouadhibou immer jemanden, der mitfährt. Und Soufi findet man angeblich auch immer:

Soufi Ould Mahmoud - Guide Officiel
Tel.: 002222/746117
Fax: 002222/46018
BP 655 Nouadhibou
Eventuell nachfragen auf Camping Baie du Levrier,
Camping  Asimex 
oder schlichtweg direkt bei ihm zu Hause auf
N 20°56.992' / W 17°01.989'

Hier trennten wir uns von Jonny Cola. Er mußte auf ein Ersatzteil für seine Maschine warten. Irgendwas an der Kupplung war kaputtgegangen und keiner wußte, wann das Teil eintreffen würde. Bei uns ging es mit Mercedes-Benz voran. Außer vom VW-Bus, hatte die schöne Wüstenstrecke von allen Fahrzeugen Opfer gefordert. Jonny wußte auch nicht, wie es bei ihm weitergehen würde, ob er in den Senegal weiterfährt oder in Richtung Osten. Erst wollte er in den Tschad, dann an die Elfenbeinküste, dann wollte er einfach fahren und sehen, wohin ihn die Straße führt. (Anm. März 2002: Von Jonny haben wir nie wieder etwas gehört. Von allen anderen schon, nur Jonny blieb verschollen, trotz wiederholten Versuchen, ihn per eMail und Post zu kontaktieren. Weder die Schweizer noch Daniel und Marion haben je wieder etwas von ihm gehört.)

Wir verabschiedeten uns, tankten noch einmal voll und fuhren dann los. Tagesziel St. Luis / Senegal. Auf dem Weg, etwa 100 km nach Nouakchott, sahen wir an der Straße einen übelst zugerichteten 190D. Der Bug fehlte komplett. Ich sag's ja. Die fahren wie die Blöden. Nicht, daß es in der BRD besser wäre, im Gegenteil. Vielleicht war ihm auch nur das Diesel ausgegangen und er hatte das Auto auf der Straße stehen lassen, wer weiß? Erst fuhren wir vorbei. Ganz vorne waren die Schweizer, längst außer Sichtweite, dahinter Daniel und am Ende wir. Ich überlegte kurz, gab Daniel Fernlicht und drehte um. Er sah das und tat es uns gleich. Kaum Verkehr auf der Straße, sonst auch niemand zu sehen, ein 190D, ganz allein und wohl nicht mehr ganz einsatzfähig. Wir sahen uns das Unglück an. Blut konnte man keines erkennen, auch war keine Leiche im Innenraum. Was immer brauchbar war, und sich auf die Schnelle abnehmen ließ, wurde mitgenomen. Daniel nahm die hinteren Reifen, wobei ich die Finger zwischen Reifen und Radlauf bekam. "Aua! Schmerzen!" Ich nahm alle Birnen und Schrauben, die ich kriegen konnte und was sonst noch nicht niet- und nagelfest war, inklusive Nummernschild als Souvenir dann fuhren wir weiter.
190D - gefallen
Den Kamerad hat's frontal erwischt. Konnte noch nicht lange hersein, da wir die ersten Plünderer waren und noch nichts fehlte - außer dem Bug (unfallbedingt).

Es kamen einige Polizeikontrollen. An die dürften wir uns langsam gewöhnen, denn fortan werden es nicht weniger werden, sondern höchstens mehr. Wie immer freundlich und sinnlos - mit einer Ausnahme. Wir fuhren dem blauen VW-Bus hinterher, der 207er fuhr uns hinterher und der Abstand zwischen den Fahrzeugen betrug einige Kilometer. An der nächsten Polizeikontrolle trafen wir uns wieder. Immer wieder kamen Viecher über die Fahrbahn, die mich daran erinnerten, daß ich eine noch lautere Hupe brauche.

Ein kaum vernehmbares Schnaufen, das von der Rückbank kam, kündete davon, daß Joe gerade irgendetwas witzig fand. "Was war das denn jetzt? Ein südländischer Gefühlsausbruch in Form eines Lachkrampfes?", wollte ich wissen. Er schilderte sachlich, was vorgefallen war: "Also, als Du die Schafe angehupt hast, sind die beiden losgelaufen..." "Welche beiden?", unterbrach ich ihn. "Na, die zwei Hirten-Jungs, die da im Acker liegen..." Ich hatte sie gar nicht wahrgenommen, war wohl zu sehr damit beschäftigt gewesen, möglichst wenig Schafe zusammenzufahren. "Als Du die Schafe angehupt, da sind die beiden losgelaufen zu den Schafen. Der erste ist gestolpert und der andere ist dann über ihn drübergefallen... Lagen sie beide am Boden..." Das alles in einem Ton, wie man ihn von Nachrichtensprechern kennt: Kanzleisächsisch, ganz ruhig, ganze Sätze, die auch noch in sich schlüssig sind. Nun war ich derjenige, der einen Lachkrampf bekam, was bei mir allerdings mit etwas mehr Lärm verbunden ist. Beide starrten mich an. Was ihre Blicke sagen wolten, weiß ich nicht. Vermutlich waren sie entsetzt darüber, wie ein Mensch so wenig Selbstbeherrschung an den Tag legen kann und einfach vor Lachen losplatzt.
Könnte ich gar nicht. Würde ich soetwas beobachten, würde ich mich erst mal ausgiebig auslachen. Dann käme sowas wie: "Die Idioten hat's grad voll auf die Fresse gelassen! Wie blöd!" Und dann würde ich erst den Hergang schildern. Daß man sowas auch als sachlichen Report den anderen zugänglich machen kann, wäre mir bis zum heutigen Tag nicht eingefallen.

Abgesehen davon, gab es nicht viel zu sehen. Der Himmel war behangen, die Dörfer heruntergekommen, die Leute arm und LKW fuhren durch die Gegend, die man bei uns nicht mal auf dem Schrottplatz findet, dafür beladen bis weit über Oberkante Ladefläche.

Heulaster
Wie dieser hier zum Beispiel.

Wir fuhren durch Rosso und bogen in Richtung Osten ab. Rosso scheint der Haupübergang zu sein. Ich kannte ihn nur aus Peter Kohles Bericht. Unangenehm! Und die Schweizer rieten auch davon ab, diesen zu benutzen. Dort setzt man mit der Fähre über den Fluß. Fähre bedeutet Hafen, Häfen ziehen grundsätzlich Gesindel an und ist gleichzeitig ein geschlossener Bereich. Das bedeutet also, daß wir mit dem Gesindel im Hafen gefangen wären, würden wir über Rosso fahren. Wir wollten einen kleineren Übergang benutzen, über den eine Brücke führte. Dieser war allerdings nicht gar so leicht zugänglich - sonst würde ihn ja auch jeder benutzen. Sechzig Kilometer Piste galt es zurückzulegen. Sie führt an einem Damm entlang, mal links oder rechts davon - das Auto hat dann eine Schräglage von mindestens 30 Grad - und hier muß ich meinen hinteren rechten Stoßdämpfer geliefert haben. Mich wunderte an der einen oder anderen Stelle, daß der VW-Bus nicht umgekippt ist. Peter bemühte sich immer darum, möglichst weit unten am Damm zu fahren, das Auto möglichst gerade zu halten, während ich immer möglichst weit hinaufstrebte, um nicht in Peters Spuren zu fahren und um nicht noch mehr Spuren aufzuwühlen, denn hinter uns kam schließlich noch Daniel. Unser Auto hat einen ziemlich niedrigen Schwerpunkt, so daß es nicht so leicht kippt wie etwa ein Bus oder ein Geländewagen.

Piste in den Senegal
Dafür, daß Regenzeit ist, staubt es noch ganz schön. Fenster waren zu, Klima war an, Radio aus - man hört eh nichts, denn das Anti-Vibration-System von Kenwood ist Dreck.

Ohne uns festzufahren, kamen wir am Grenzübergang an. Wir waren nach Mauretanien eingereist mit der Erwartungshaltung, die man haben muß, wenn man nur Negatives über ein Land hört und liest. Wir wollten nur möglichst schnell durch und mit allem anderen nichts zu tun haben. Im Nachhinein betrachtet muß ich aber sagen, daß Mauretanien - abgesehen von einigen Cretins, die es überall gibt - nicht annähernd so schlimm war, wie wir es zunächst geglaubt hatten und ich würde jederzeit wieder dort hinfahren. Klar, wird man dauernd anqequatscht und es nervt einen, aber das hatten wir auch schon im Marokko, zwar nicht so aufdringlich, aber wir glaubten mittlerweile, daß das hier harmlos sei im Vergleich zu dem, was noch kommen sollte. Und wir sollten leider Recht behalten.

Die Ausreise aus Mauretanien erfolgte um 20:15 Uhr / Rkm 7.949, verlief glatt, nur ein bißchen Teuer. An einer Tür im Polizeigebäude hing ein Aufkleber, der einen blonden Mann im schwarzen Anzug vor einem knallroten Amischlitten zeigte. Darauf stand: Mitleid bekommt man geschenkt - Neid muß man sich verdienen. Scholz

Letztes Bild in Mauretanien und im Film: Der Fluß Senegal
Vor Saint Louis.

Wo Mauretanien aufhörte und wo der Senegal anfing, das wußte man nicht so genau, war nicht eindeutig definiert. Wir standen vor einer Schranke und irgend ein Stück Müll mit klassischer Gangsterwollmütze wollte 100 FF oder 3000 Oguya haben. Konnte aber entweder nicht reden oder beide Elternteile waren Affen. Ich tippe auf Letzteres. Almut war etwas ungehalten ob der Unhöflichkeit dieser Erscheinung - so hatte ich sie bis dahin noch nie erlebt, die kann ja richtig schreien - und wies ihn auf Arabisch zurecht. Wir dachten, wir wären noch in Mauretanien, hinterher stellte sich aber heraus, daß wir schon im Senegal waren und er hat kein Wort verstanden.

Wir zahlten dann doch die 100 FF, ich beschimpfte ihn noch nach Herzenslust, für was zahle ich denn 30 Mark?: "Da, Du Dreck, davon wirst auch nicht reich. Ätschbätsch." Er kann zwar bestimmt kein Deutsch, aber er schien mich verstanden zu haben. Mir rutschte ein Satz von P. Kohle in Bezug auf den Senegal raus: "Muß ja ein tolles Land sein, welches seine Gäste durch einen solch handverlesenen Vertreter empfangen läßt" - so oder so ähnlich stand es über einen anderen senegalesischen Grenzübergang geschrieben - wahrscheinlich trifft das auf die meisten zu. Einreiseformalitäten wurden fast alle recht schnell erledigt, jeder fragte nach einem "Kadoh" (Cadeau = Geschenk) und ich verstand wieder Null. "Passavant Touristique", die Durchreiseerlaubnis gilt für 4 Tage. Wenn ich einen Senegalesen höre, der sich über zu wenig Touristen beklagt... Nur die Versicherung ließ sich nicht abschließen, weil bei denen Sonntagnacht war und da kann man es den Leuten nicht zumuten, hart zu arbeiten, eine Unterkunft gab es aber auch nicht.

Wir wollten bis St. Louis und hofften, in keine Kontrolle zu geraten. Dirk sagte noch während wir drei Fahrer die Einreiseformalitäten erledigten: "Cool. Senegal. Nacht. Keine Versicherung. Das dürfte ein abenteuerliche Fahrt werden...". Um 21:50 Uhr war die Einreiseprozedur für den Senegal beendet und wir konnten weiterfahren. Hoffentlich keine Bullen und wenn, dann bitte nur in grün-weiß - hinterher rot. Unser frommer Wunsch ging leider nicht in Erfüllung. Nach 20 Kilometern standen sie da und hielten uns an. Alle drei. Wir waren das letzte Auto. Sie fingen vorne beim VW-Bus an und arbeiteten sich hinter. Schließlich kamen sie bei uns an.
"Papiere?", fragte der Bulle.
"Hier...", sagte ich und gab ihm, was auch immer wir an Papieren hatten. Er war den Stapel noch nicht ganz durchgegangen, wußte aber genau, wonach zu suchen war. "Versicherung?", fragte er. "Gib mir die Versicherungsdoppelkarte", sagte ich zu Almut, die auf dem Beifahrersitz saß. Sie hatte diese bereits in ihr Tagebuch eingeklebt, da sie wußte, daß wir sie nicht mehr brauchen würden. Sie hatte sich schon bei der Einreise in Marokko als nutzlos erwiesen, da Marokko nicht freigeschaltet war. Die Länder, die nach Marokko waren, waren schon gar nicht angeführt, geschweige denn freigeschaltet.
Auf einen Versuch ließ ich es jedoch ankommen. "Hier", sagte ich und reichte ihm die Doppelkarte.
"Schön... Das ist die für Deutschland. Wo ist die für Senegal?", sagte er. Und wartete - als ob er nicht genau gewußt hätte, daß wir keine hatten. "Die hatte zu, machen wir morgen", ließ ich von Almut übersetzen. "Dann nicht weiterfahren", war seine Antwort. "Wie sie meinen..."

Wir standen halb auf der Straße, halb im Gras, konnten nicht vor noch zurück. Erst mal alle aussteigen - wie daheim bei Polizeikontrollen (Hörte sich immer so an: "Steigen's mal aus, Herr Besold" -"Also Leut', ihr habt es gehört: alle aussteigen!"... aber das ist eine andere Geschichte...) Man sagte uns, wir sollen von der Straße runterfahren, aber ohne Papiere geht das schon mal gar nicht. Ohne Papiere zu fahren ist ja illegal. Die Autos blieben an Ort und Stelle. "Was machen wir? Wer hat Hunger?", fragte der Schweizer. Alle natürlich, also kochen wir halt was. Die Schweizer holen wieder ihr vier Kanister hervor, legen die Sandbleche drauf, da ist der Tisch wieder; wir steuern unseren Kocher bei. Die Polizisten taten so, als wäre es ihnen egal. Da mußten schwerere Geschütze ran. Peter, der Schweizer, verschwand auf der Ladefläche seines VW-Busses. Erst ist es still, dann scheppert und kracht es ein wenig. Wir waren gespannt. Nach einigen Minuten kommt er mit einem Schaukelstuhl aus Großmutters Zeiten wieder zum Vorschein, platziert ihn so auf dem Asphalt, daß es sich eben gemütlich schaukeln läßt und steckt sich mangels Zigarren in aller Seelenruhe eine Cigarette an und bläst Kringel in den Abendhimmel, als gäbe es auf der Welt nichts, worüber man sich Sorgen machen sollte. Wie die Ruhe in Person saß er da vor den Mitgliedern der Karavane, die wir Aktion nicht ganz zu durchschauen vermochten. Doch was er damit bezweckte zeigte sich wenige Augenblicke später: Der Oberpolizist kommt angerast mit Schaum vor dem Mund, das rote Barett - das einzige, was man außer den aufgerissenen Augen und den fletschenden Zähnen in der Dunkelheit von ihm sah - 20 cm über dem Kopf und fordert uns lautstark auf, sofort abzubauen. Er war außer sich vor Wut, schrie sich die Lunge aus dem Leib. Mir war etwas mulmig, aber ich mußte einfach lachen, was auch nicht gerade dazu beitrug, den Polizisten wieder zu beruhigen. Vielleicht waren wir nun doch etwas zu weit gegangen. Der Schweizer schaukelte weiter vor sich hin und zeigte sich von dem auf ihn zustürmenden Polizisten reichlich unbeeindruckt. Der stand dann breitbeinig vor ihm und brüllte ihn an. "Hast Du nicht gehört, was ich gesagt habe?"
"Doch, aber wieso denn? Versteh ich nicht... Du hast unsere Papiere, wir haben Hunger, also essen wir jetzt", erklärte der Schweizer, als ob er mit einem kleinen Jungen redete. "Ihr kommt alle ins Gefängnis!!!", tobte der Polizist weiter. "Wieso 'alle'?", fragte Dirk, "Was haben die Beifahrer denn Schlimmes gemacht?" Der Bulle war immer noch aufgebracht, aber wenigstens brüllte er nicht mehr. "Gut", sagte er, "alle drei Fahrer kommen ins Gefängnis, die anderen auf den Camping!" Der Schweizer tat, als wäre er einverstanden. "OK, hört sich gut an. Bringt ihr uns hin? Aber wer fährt die anderen zum Camping? Hm... Wie machen wir das jetzt nur..?", gerade so, als würde er verzweifelt nach einer Lösung suchen. Der nächste Punkt ist in Afrika unumgänglich: große Diskussion, schließlich stehen die Autos im Weg und wenn keine Fahrer da sind, dann bleiben sie weiterhin im Weg und das wollten sie auch nicht. Ich erklärte dem Polizisten den Sachverhalt indem ich ihn unter anderem fragte, was er zu Weihnachten bekommen hätte und ähnlichen Schwachsinn. Das alles selbstverständlich auf Deutsch, weil ich ja kein Französisch kann und er brüllte verzweifelt in die Runde, daß "Der da", also ich, überhaupt nichts verstünde. Der Schweizer sagte zu mir: "Du verstehst echt nichts, jetzt geht's nämlich ums Zahlen und um sonst gar nichts mehr." Dirk, Peter und ich, der ich rausfinden wollte, wie man sowas hier regelt, gingen in das Häuschen. Weiter mit der Diskussion. Und wer verantwortlich sei, wenn einer von uns einen Unfall baut und blablabla... Dabei ist das völlig unwichtig. Hier baut ständig einer einen Unfall und kann nicht zahlen. Es ist nun mal so. Das interessiert ihn auch nicht. Ihn interessiert, wie er zu Geld kommt. Garantiert nicht dadurch, daß er uns in den Knast steckt, oder wir uns eine Versicherung kaufen. Selbst wenn wir eine Versicherung hätten, ist fraglich, ob die zahlen würde, wenn es drauf ankäme. Doch man diskutierte munter weiter, wobei man natürlich auch auf die Argumente des Bullen eigehen mußte. Das natürlich nur, um den Preis zu dücken. Ende vom Lied, 200 FF und plötzlich hat niemand gesehen, daß wir keine Versicherung haben. Die Situation ist faktisch genau die gleiche wie vor einer Stunde, nur haben 200 FF den Besitzer gewechselt. Wir hatten immer noch keine Versicherung, doch nun interessiert es die Polizei nicht mehr.

Wenig später waren wir in St.Louis - zum Glück keine weiteren Polizeikontrollen - und wollten uns irgendwo möglichst schnell in die Pampa hauen. Die Jungs im VW-Bus zogen es doch vor, erst eine Versicherung abzuschließen, bevor sie nach Rufisque weiterfuhren. Wir hielten noch kurz an einer Tankstelle, wurden vollgequatscht und der 207er sprang nicht mehr an. Es fanden sich aber sofort irgendwelche Leute, die anschoben und so lief er wieder. Leider hat Peter einen Faktor nicht berücksichtigt: Die Regenzeit. Die Pampa war unter Wasser und so mußten wir uns mit einem Parkplatz zufriedengeben. Kaum schwiegen die Motoren, kam schon wieder der nächste Idiot an, der erklärte, daß dieser Platz zu seinem Camping gehörte. Er deutete auf ein Gebilde, das man mit etwas Phantasie für ein Restaurant halten mag. Das Verhandeln überließen wir dem Schweizer. Kurz darauf folgten wir dem Trottel in sein Restaurant. 10.000 CFA für 7 Personen. Gut, weil nichts anderes da ist, bleiben wir hier (N 16°01.577' / W 16°30.203'). Wir fragten, ob es etwas zu Trinken gäbe, er versicherte "Ja, klar doch, selbstverständlich, Toiletten und Duschen gibt es auch..."

"Fein!, dann mal hinein in die gute Stube..." Elektrisches Licht gab es nicht. Kerzen waren die einzigen Lichtquellen. Das Dach war zu niedrig oder ich zu lang, jedenfalls rannte ich mit dem Kopf öfter mal dagegen und war nahe dran, mit ein paar Tritten die Bude zu demontieren. Und es stellte sich schon bald heraus, daß es zwar sowohl Bier als auch Duschen und Toiletten gab, jedoch das eine im Supermarkt, das andere im Hotel. Toller Typ. Aber wenigstes ist er zum Bierholen gegangen. Nicht, daß es schneller gegangen wäre, als wenn einer von uns sich bemüht hätte, aber er soll ruhig laufen, schließlich hat er uns gesagt, es gebe was zu Trinken. Einige tranken Whisky-Cola, die anderen begnügten sich mit dem "Gazelle" genannten Bier, das er anschleppte. Ich für meinen Teil trank Whisky-Cola ohne Whisky. Das verbessert den Geschmack. Das ganze natürlich ohne Eis, aber man sollte sowieso davon absehen, auch noch ansprüche zu stellen. Auch vom medizinischen Standpunkt betrachtet, schien das Fehlen von Eis eher ein Segen zu sein. Wenn man Eis in das Getränk tut, dann sollte man die Variante Whisky-Cola ohne Cola wählen und hoffen, daß der Alkohol alle Krankheiterreger killt, die das Eis in sich trägt, denn es ist nicht davon auszugehen, daß man hier Mineralwasser aus der versiegelten Flasche zur Eisherstellung verwendet.

Daniel fand heraus, daß der 207er nun Probleme mit der Lichtmaschine hatte. Deshalb war er auch schon an der Tankstelle nicht angesprungen. Wir hatten das Salzwasser im Verdacht. Morgen würden wir uns darum kümmern.

Wer kein eigenes Wohnmobil dabeihatte, mußte sich eben mit dem PKW abfinden. Ich schlief auf den Blechen, Almut und Joe im Innenraum. Die Bleche waren relativ bequem, trotz Regenzeit wenig Mücken, was auf die Nähe zum Meer zurückzuführen sein dürfte. Im Innenraum war es wohl nicht besonders bequem, aber da ich den ganzen Tag gefahren war und morgen den ganzen Tag fahren würde, blieb ich auf den Blechen liegen. Die ersten Stunden im Senegal waren insgesamt nicht so überragend. Kein positives Erlebnis bis dahin. Sogar das Auto hing leicht schief. Der Stoßdämpfer muß ja voll im Eimer sein, die Karre wippt wie ein Schaukelstuhl. Dreck, verfluchter!


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© by Markus Besold