Afrika 2000
Zweite Etappe
Sonntag, 10. September

Die Luftfeuchtigkeit war hier schon merklich höher als sonst. Duschen gab es in der Auberge, aber nur kalt. Stört nicht. Gut, daß es überhaupt eine gibt. Frühstück gab es auch - allerdings nur aus den Bordküchen. Nachteil: Für 10 Mark kann man wohl ein Früstück verlangen. Sind ja hier nicht in London, wo man sagen könnte "Dafür sind sie mitten im Centrum" Vorteil: Der Inhalt der Bordküchen besteht aus garantiert 100% keimfreier Ware.
N 18°06.342' / W 15°58.845'
Das Auto auf dem Hof der Auberge nach den 500 Wüstenkilometern. Eigentlich Schade um den schönen Dreck, der verleiht dem Auto ein schickes Aussehen aber Salz ist wie so manche Frau. Klebt, geht nicht von selbst und verträgt sich nicht mit meinem Auto.

Stadtbummel war angesagt. Alle anderen gingen zu Fuß, ich fuhr. Die Mauretanier haben eine äußerst bescheuerte Fahrweise. Ganz unangenehm, weil uneindeutig, hier ist nichts mehr da von dem Charme, den der Straßenverkehr noch in Marokko hat. Dort ist es immer nett, egal, ob man fährt oder im Stau steht. Wie in Italien, alles locker, man sieht sich, winkt sich zu, hupt sich an, schimpft manchmal mehr freundlich als wirklich ernsthaft zum Fenster raus und es kann durchaus von Fahrkultur gesprochen werden - kennt man in Deutschland nicht. In Mauretanien ist es mehr Fahrbarbarei. Ich finde keinen anderen Begriff, lauter Blöde, als säßen sie zum ersten mal in einem Auto. Und sie haben den französischen Stil noch etwas verfeinert: Hier fehlen nicht nur die Wegweiser, sondern auch die Verkehrsschilder. Haben sie sich gespart, kann eh keiner lesen, gibt es in Italien auch, dort wird für gewöhnlich nach dem gesunden Menschenverstand und nicht, wie in der BRD, ausschließlich nach Regeln gefahren. Beides scheint hier aber völlig zu fehlen, keine Vorfahrtsregeln, geschweige denn einen Menschenverstand. Und doch geht es dahin... Man gewöhnt sich schnell daran.

Stadtverkehr 
Nouakchott
Das einzig Nette hier sind die vielen 123er.

Keinen Stil, keine Klasse, nur dumm. Das ist die übelste Mischung aus deutscher Arroganz und südländischer Hitzköpfigkeit im Straßenverkehr, die ich bis dahin erlebt hatte, wollte mich aber dadurch nicht stören lassen. Was die können, kann ich auch. Das einzige, was die können, was ich (noch) nicht kann, ist es, in eine Richtung zu fahren und in die entgegengesetzte zu schauen. Allerdings sind die wie's scheint auch erst am üben. Wenn hier die Hupe versagt, dann können die Leute nur noch beten.

Ich suchte die billigste Möglichkeit, das Auto waschen zu lassen, um das Salz wegzubekommen und eine große Flasche Cola. Nirgends war etwas Zufriedenstellendes aufzutreiben, dafür wollte mir ein Bulle erzählen, ich sei über eine Rote Ampel gefahren, ich verstand ihn nur bedauerlicherweise nicht und so schickte er mich weiter, nachdem sich mehrere Händler eingefunden hatten, die mir alle irgendeinen Schmarrn andrehen wollten, und die schließlich den Bullen verdrängten.

Ich suchte die Botschaft der Demokratischen Republik Kongo, weil es nur da Alkohol gibt (nicht für mich!) und fragte einen, der an der Straße stand und wichtig aussah, nach dem Weg. Er fragte einen anderen und der sagte, "Patt problämm. Welcome." Und ich soll ihm hinterherfahren. Tat ich. Wir fuhren vielleicht 1.4 km, und ich bedankte mich artig und wollte in die Botschaft, aber der Clown sagt zu mir mit bierernster Mine, daß ich ihm 3.000 Oguya schuldig sei, fürs Vorausfahren. Dreißig Mark für keine zwei Kilometer, ich weiß nicht, wo die Leben, was das für eine Traumwelt sein soll. Jaja, paßt schon. "Pa d'Arschong" - Hab kein Geld.

Ich hasse es, in solche Situationen zu geraten und ich hasse solche Leute, besonders, wenn sie einen 123er fahren. Es ist nicht der Preis, über den kann ich noch lachen, weil ich ihn nicht ernst nehmen kann, aber dieses niederträchtige Verhalten, jemanden glauben zu machen, ihm einen Gefallen tun und dann nicht vorher, was in Ordnung wäre, sondern hinterher Geld zu verlangen. Ich sagte zum kongolesischen 1. Sekretär, der sich mit eingeschaltet hatte und englisch sprach "Pech. Ich habe kein Geld da. Soll er vorher sagen, dann sage ich ihm das gleich, aber so nicht."

Aber dieses Stück Dreck ließ nicht locker, er müsse schließlich fürs Diesel auch bezahlen, als ob ein 240D 3000 Liter auf 100 Kilometer brauchen würde. Ich bin 1,87 m, doch er war noch einen Kopf größer als ich und doppelt so breit, so daß ich es nicht drauf ankommen lassen wollte, denn der hätte mich in Stücke gerissen. Ich sagte, er soll um 19 Uhr wieder herkommen, dann bekommt er 2000 Oguya. Ich fuhr zurück in die Herberge, packte Dirk ein und wir fuhren zur Tankstelle. Ich ließ erstmal das Auto waschen und stellte fest, daß die Batterie leer und das Ladekontrollämpchen kaputt war. Einen passenden Regler fanden wir nicht. Ich versuchte, mit Dirk, dem Frankfurter, einen LKW- Anlasser zu verkaufen. Die Leute schienen aber mehr an meinem Auto interessiert und ich mußte etwa tausend mal wiederholen, daß ich es nicht verkaufen möchte. Wir fuhren von einem Tandler zum anderen und jeder kannte wieder einen, der den Anlasser haben wollte. Nur zahlen wollte keiner. Dann halt nicht. Es war jedenfalls eine interessante Tour durch die Vororte von Nouakchott.

Ich fuhr mit Almut noch einmal los, um einen Regler aufzutreiben. Und - wieso nicht? - würgte ich beim Wenden das Auto ab. Mitten auf der Straße, die Vorderräder im Sand. Na, toll. Ich habe die Kiste schon seit Jahren nicht mehr abgewürgt, aber nein, ausgerechnet jetzt, wenn sie nicht anspringt und auch noch im Sand festsitzt muß ich sie abwürgen. Es fanden sich "Autoschieber" und wir kamen auch hier wieder frei. Es wollte schon dunkel werden. Wir fuhren noch einen Supermarkt an und ein Kameruner drehte mir eine Ka... (vergessen, wie das heißt), so ein Zupfinstrument eben, an. "Geschenk. Wenn Du mir dafür Geld schenken willst, nur symbolisch, kein Problem." Wieso er denn Deutsch sprach, wollte ich wissen. "Meine Mutter aus Togo..."

Ich gab ihm 100 FF. Die hatte ich 1996 einmal an einer Mautstation bekommen und das Geld ist einen Dreck wert weil abgelaufen. Vier Jahre vor dem Euro kommen die Franzosen auf die Idee, noch schnell neue Scheine zu drucken. Haben mal seit Napoleon wieder versucht zu denken, oder was? Nun aber schnell heim. Nouakchott, Stadtverkehr und das ohne Licht ist mir 'ne Spur zu hart.

Als wir auf dem Rückweg zufällig an der Kongobotschaft vorbeikamen stand der Trottel, der mir den Weg dorthin gezeigt hatte tatsächlich vor der Botschaft. Soll er mal schön warten. Wir sind in Afrika und da gibt es keine Pünktlichkeit. Um halb neun zogen wir los. Zu Fuß und zu sechst, war ja nicht weit. Nun konnte ich mich schon eher auf einen oberarmgesteuerte Argumentenaustausch einlassen. Sollte er da stehen und Geld verlangen, würde er wohl wieder keines bekommen. Aber er war weg, nur der erste Sekretär erzählte, der "Taxifahrer" habe über eine Stunde gewartet. Recht so. Wir blieben ein Stündchen, tranken unser Heineken und gingen dann langsam wieder los, da sich die Botschaft mit islamischen Suffköppen zu füllen begann und auch zentralafrikanische Sitten sind in Verbindung mit der entsprechenden Menge Alkohol bei ihren Trägern nicht Jedermanns Sache. Beim Hinausgehen fragte der Sekretär, was er dem "Taxidriver" sagen solle, wenn er morgen kommt. Ich ließ ihm ausrichten, daß wir uns in einem Camping am anderen Ende der Stadt seien und daß ich morgen zwischen 10 und 12 und 16 und 18 Uhr dort sein würde. Hauptsache, der Diesel läuft.


Voriger Tag Zum Anfang Nächster Tag

[Hauptseite] [Besolds W123] [Reiseberichte] [Gästebuch]
© by Markus Besold