Libyentour 1999
Samstag, 28. August

Als es wieder hell war, sahen wir, daß wir neben einer Piste übernachtet hatten, die von Weißnichtwo nach Weißnichtwohin führte. Zum Glück gab es keinen Verkehr. Wir blieben bis zum Nachmittag hier, lasen, schrieben, lernten und tranken Tee. Der "Sonnenschutz" hätte ein bißchen professioneller aussehen können, doch dazu fehlte das Material. Es war auch so nicht unerträglich heiß, es ließ sich aushalten. Doch beim nächsten mal: Plane und Stangen nicht vergessen. Es ist ein guter Schutz gegen Regen und besonders für Norwegen anzuraten, wenn man schon zu faul ist, das Zelt aufzubauen.

Die Filzdecken als provisorischer Sonnenschutz...

Am frühen Nachmittag fuhren wir nach Sirt hinein, wo wir bis zum späten Nachmittag blieben. Hier gab es eine Metzgerei, die man an den Ziegen- und Kamelschädeln erkannte, die davor an mehreren Schlachterhacken aufgehängt waren. Ich stapfte natürlich hinein und fragte nach, ob sie Kamelfleisch hätten, denn ich wollte das jetzt endlich mal probieren.

Nein, "ma fi", gibt's nicht. Was sind das für Methoden? Man schlachtet ein Kamel, hängt den Kopf auf und tritt den Rest in die Tonne oder ißt alles auf einmal selbst auf, oder was? Also wieder kein Kamelfleisch. Wer weiß - vielleicht in Tripolis...

Der Ortseingang von Sirt. Die Plakate des Führers der großen Revolution, Muammar al-Gadaffi waren schon überall zu sehen. Hier ein besonders Exemplar (Film beschädigt). Wie mir später berichtet wurde, handelt es sich bei diesem Bogen um die Grenze zwischen Tripolitanien und dem Fezzan.

Dann fuhren wir zeitig los, um nicht zu spät in Bin Jawaad einzutreffen. Pünktlich, wie man es von anständigen Deutschen erwartet standen wir um 19:00 Uhr auf der Matte. Sonst schaffe ich es nie, irgendwo pünktlich zu erscheinen. Ich hatte einmal ein Disziplinarverfahren an der Berufsaubauschule, weil ich jeden Tag zu spät zum Unterricht erschien. Und es hätte einfach keinen Stil gehabt, wenn ich pünktlich beim Diszipinarausschuß erschienen wäre.
Wer nicht da war, war unser Gastgeber, dafür Frau und Kinder. Der älteste Sohn, etwa 12, sagte uns, der Vater hätte angerufen und wäre schon unterwegs. Die Frau war sehr nett, die Kinder - jedes für sich - auch, doch unser alter Lateinlehrer, Pater Stephan würde sagen "Mei Moo... in der Masse san's so bleed!", dabei mit der geballten Faust vor seinem hochroten Kopf wild hin- und herfuchteln. In dem Haus wohnten 19 Leute... Naja... bei solchen Zuständen muß man auf die Dauer wahnsinnig werden. Die Familie schien ziemlich wohlhabend zu sein, doch einen Photoapparat hatte der Nachwuchs zuvor wohl noch nie gesehen... Siehe obiges Bild. Zum Glück hatte ich zwei Kameras mitgenommen. Und als sie meine original türkische Hupe made in Italy entdeckten, da war es in Bin Jawaad vorbei mit der Ruhe. Das verschlafene Nest stand plötzlich senkrecht. Ruhe im Boot!


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© by Markus Besold