Grand Canyon 2006
Freitag, 7. März

Man wacht wieder auf, überlegt, ob man weiterfahren soll oder nicht, läßt es bleiben, oder tut es doch - je nach Entscheidung. Wir fuhren also ein paar Meilen weiter, doch dann übermannte mich doch wieder die Müdigkeit und ich hielt nach einigen Stunden wieder an. Diesmal nicht an einer Raststätte, sondern an einem Seitenstreifen eines Seitenstreifens.

Als es hell war, wachte ich auf und beschloß weiterzufahren. Vorher jedoch, mußte ich ein Leck nehmen, wie die Amerikaner zu sagen pfelegen ("Take a leak"). Ich marschierte also anstandshalber etwa 20 Meter vor das Auto, stellte mich vor den Straßengraben, und schiffte vor mich hin. Dabei betrachtete ich die recht ansprechende Gegend, bis ich merkte, daß genau hinter mir ein Auto anhielt. Jemand sagte etwas. Ich drehte mich um und ich sah einen Police Interceptor mit der Aufschrift Highway Patrol (Hochwegwache, wie man wohl auf deutsch sagen würde). Darinnen saß ein kräftiger Glatzkopf mit Sonnenbrille. Da ich nicht verstanden hatte, was er gesagt hatte, ging ich zuknöpfenderweis zum Beifahrerfenster und fragte, ob er mich gemeint hätte. "Wen denn sonst? Siehst Du hier sonst noch jemanden, der in die Landschaft pißt? Tu zumindest so, als wäurdest Du Dich verstecken. Du kannst doch nicht hier vor allen Leuten ungeniert in die Botanik pinkeln", sagte er und konnte sich das Lachen nicht verkneifen. Ich sagte anständig "Sorry", mußte selber lachen, sparte mir die Frage, wer außer ihm überhaupt da war und latschte zum Auto zurück. Er fuhr weiter, fragte nicht, warum ich komische Kennzeichen oder Benzinkanister oder eine völlig demolierte Frontscheibe hätte. Wir fuhren weiter.

Die restliche Fahrt verlief recht unspektakulär. Das gleiche Gefühl, das ich früher immer hatte, wenn ich mich langsam Augsburg näherte. Die Gegend wird immer vertrauter, bis man eben daheim angekommen ist. Janas Rücken plagte sie immer noch, also bot ich ihr an, ihre Schwester vom Flughafen abzuholen. Ich lieferte sie daheim ab und fuhr selbst heim.

Die Elite unter sich.

Ich fuhr noch aus Versehen an einer auf echte Mercedes-Benz spezialisierte Werkstatt vorbei. Ich fragte nach, war das Auswechseln der hinteren Radlager kosten würde. Um die 300 US$. Das war in Ordnung. Und dennoch braucht die Karosserie noch viel Arbeit. Das muß demnächst geschehen. Dieses Auto wird dereinst noch Asien unter die Räder nehmen, das steht fest. Doch nach all den Strapazen, besonders deutsche Winter mit all dem Salz und Dreck, bracuht es eine Erholungskur. Wenn man all die bestens erhaltenen 123er in Kalifornien sieht, dann tut es einem weh, wenn man das eigene Auto besieht. Das einzige, was fehlt sind Einschußlöcher, aber ansonsten sieht es aus, als käme es gerade mit letzter Kraft von der Hauptkampflinie angeeiert. Wie immer, hat man in Kalifornien die Qual der Wahl. Was soll man tun? Eine rostfreie Karosserie besorgen, die man hier allerorten findet und diese in das Auto einbauen? Das hieße im Prinzip, sich einen neuen 123er zuzulegen, weil sich dann die Fahrgestellnummer ändert, und nur die Maschine, das Getriebe und das Interieur in die neue Karosserie einzubauen. Dann hätte man amerikanische Kennzeichen. Oder soll man von der anderen Karosserie die durchgerosteten Teile in das Auto einzubauen, ein Fleckerteppich erstellen, sozusagen? Das ist natürlich teurer und man hat immer noch das Problem, daß man erstmal mit deutschen Kennzeichen weiterfahren muß und irgendwann das Auto offiziell importieren muß, was wieder mit Kosten verbunden ist. Der Plan auf lange Sicht ist es aber doch, eines Tages mit amerikanischen Kennzeichen kurz duch Deutschland zu rollen mit genau jenem Auto, das im Jahr des Herren 2000 Deutschland verließ, um der Beschlagnahme zu entgehen. Mit einer anderen Fahrgestellnumer funktioniert das nicht.

Gesamtstrecke: 2.095 km
Kilometerstand bei Ankunft: 816.790 km

 


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