Gammel in Mexiko 2003
Mittwoch, 18. Juni

In der Früh weckt mich Alberto. "Wo ist denn der Schlüssel für die Werkstatt?" Ich bemerkte, daß es schon fast elf Uhr war. "Ist der Pedro da?", fragte ich Alberto. "Nein, der hat doch frei." Ob denn Gerardo da wäre. "Nein, der hat doch auch frei." "Und wer bedient?" "Tere..." "Und wer kassiert?" "Na, Tere!" Ich sprang auf. "Fuck! Wieso weckt mich denn keiner?" Ich zog mich an, rannte in das nächste offene Zimmer, machte mich fertig, im zurücklaufen warf ich Alberto den Schlüssel zu, der in der Waschküche gewesen war und machte mich ans Bedienen. War alles voll. Ich bat Tere wieder darum, mir nächstes mal einen ihrer Trottel zu schicken, damit er mich weckt. Tun ja eh nichts, den ganzen Tag. Einen Wecker hab ich schließlich keinen, aber die weigerte sich. Das könne man nicht machen.

Als die Gäste etwas weniger wurden kam Eikka vorbei. Ob ich ihn zum Flughafen fahren könnte, seine Harley stünde dort. "Das hast jetzt davon, ich hab Dir schon vor einem Jahr gesagt, Du sollst Dir einen Mercedes kaufen. Ich muß hier bedienen, ich kann Dich erst am Abend fahren, weil einfach so für drei Stunden zu verschwinden, das kann ich nicht bringen." Er erklärte es mir genauer: "Nicht der Flughafen Cancún. Der hier in Playa, bist in zehn Minuten wieder da, frag Alberto nach seinem Roller." Wir fuhren zum Flughafen. Das Wetter war mal wieder so ekelhaft, daß nicht mal der Fahrtwind half. Und das war erst der späte Vormittag. Ich bekam Kopfweh, es wurde am Nachmittag noch heißer. Ich ging ins Internet-Café um meine eMails abzurufen. Kein Noramail. Das war ganz angenehm, denn nun war ich völlig außer Gefecht. Ich machte den Ventilator an, legte mich auf meine Pritsche und schlief bis zum frühen Abend. Klatschnaß wachte ich auf, ich nahm mein Bettzeug, warf es in die Maschine, eine doppelte Ladung Waschpulver hinterher. Fluch sei dem Klima, Fluch der Karibik, "Fluch sei der Hoffnung, Fluch dem Glauben und Fluch vor allem der Geduld..."
Zwei Monate auf eine Scheibe zu warten, das geht eigentlich noch, aber jede Minute, die man hier mit warten verbringt ist eine Qual, ich frage mich täglich, wie man so bescheuert sein kann. Vielleicht gewinne ich ja mal einen Preis...

Am Abend schliff und strich ich den Laden. Das ist oft doppelte Arbeit, weil jedes mal wieder so ein Traumtänzer in das frisch Gestrichene hineintappt. Ich schliff also immer nur einen kleinen Teil und sperrte den mit Stühlen ab. Das half nichts. Es fragt sich keiner, warum die Stühle so blöd im weg stehen, sondern die werden zur Seite geschoben und in den Lack gestiefelt. Erst wenn die Badeschlappen kleben bleiben merken sie es. "Oh, ist hier frisch?" "Nein, es tut nur so..." Ich stellte die Tische genau vor den Durchgang, drei Stück an der Zahl, auf jeden der Tische noch einen Stuhl. Das sollte reichen. Denkste. Als nächstes kommt die blödgekiffte Amerikanerin aus Zimmer acht und klettert auf den Tisch. "Excuse me, I didn't put the tables there just for fun..." Sie schaut verstört, klettert wieder runter, ich zeige ihr den einfachen Weg zum Kühlschrank, sag dann zu Pedro, daß er mal Stacheldraht besorgen soll. Solchen, womit man Rindviecher einzäunt. Die Alte wohnt hier schon seit Jahren, kann aber kein Wort spanisch.

Einer der Schweden kam in den Laden und meinte, sie hätten einen riesigen Fisch gefangen, und ob ich nicht Lust hätte, mitzuhelfen, damit der aufgegessen wird. Schade, daß ich mir kurz zuvor den Bauch vollgeschlagen habe, die Meldung kam etwas spät. Aber ich nahm die Einladung an. "Half an hour". Ich ging duschen und kam dann viel zu spät. Übersehen, daß "Half an hour" in diesem Falle auch "Half an hour" heißt und nicht etwa "später". Aber den Fisch ließ ich mir gut munden und wir unterhielten uns. Was ich denn hier mache? Standardantwort: "Tja, das weiß ich auch nicht so recht. Eigentlich wollte ich nach Südafrika..." Gelächter, wie immer, nach dieser Antwort. Ich bin ja geringfügig vom Kurs abgekommen. Ob ich denn irgendwann wieder nach Deutschland zurückzugehen gedachte."Eigentlich nicht, denn da muß ich ja arbeiten..." Eine hübsche Schwedin konnte mit der Aussage nun überhaupt nichts anfangen. "Neulich hast Du den ganzen Tag von früh bis spät das Zimmer da oben geschliffen, alle fünf Minuten führst Du jemanden durch das Hotel, gestern wolltest Du meine Wäsche erledigen, heute hast Du in der Früh den Kellner gespielt, seit Nachmittags schleifst Du den Boden im Laden bis tief in die Nacht, man sieht Dich nur arbeiten, was ist der wirkliche Grund, warum Du nicht nach Deutschland willst?" Nachdem ich etwas ertappt dreingeschaut hatte rückte ich raus mit der Sprache: "Ja, das ist nicht der einzige Grund, da ist auch noch so eine Dumme Geschichte mit den Bullen. Die wollten mir meinen Führerschein nehmen und... you know... wie es halt immer so läuft..." Schwedisch ist eine schöne Sprache, ich bedauere nur, daß eine der wenigen europäischen Sprachen ist, die ich gar nicht erst identifizieren kann.


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