Gammel in Mexiko 2003
Dienstag, 17. Juni

Ich wache auf weil das Telephon klingelte. Es war noch dunkel und es konnte nur Nora sein. Ich geh als mit meinem süßesten "Hallo" an den Apparat. "¿Quien Habla?" kam da eine männliche Stimme aus dem Hörer, "Fidel? Bist Du's?" Es war Peter. "Jawohl. Ich bin's. Servus." Ob ich geschlafen hätte. "Ja, eigentlich schon, es ist halb fünf Uhr in der Nacht." Er wollte mir nur mitteilen, daß die Scheibe zerbrochen sei. Ich ließ mich auf den nächsten Stuhl fallen. "Kein Problem, nicht so schlimm..." War es auch nicht, schlimm ist anders, das hier war nur eine Katastrophe. Er meinte, er würde zusehen, daß er eine neue auftreibt. Wenn das mal gutgeht, vier Tage. Aber was soll's. Schicksal.
Ein paar Stunden später erwachte ich dann offiziell und fragte mich erst noch eine Zeitlang, ob ich das nicht irgendwie alpgeträumt hätte. Ich machte mich ans Bodenschleifen, damit das fertig ist, bis Peter zurückkam. Am Nachmittag fuhr ich mit dem Roller los, um den Schlüssel für die Werkstatt zu holen, denn Alberto hatte wieder mal abgesperrt. Vor mir fährt ein VW-Pointer, und zwar dermaßen idiotisch, daß er nur von einer Frau gesteuert sein konnte. Fährt nicht, bleibt aber auch nicht stehen, fährt nicht rechts, sondern macht anstalten, abzubiegen, und zwar ständig, entweder nach links oder nach rechts. An einer Kreuzung zieh ich daran vorbei, aber der Roller war einfach zu müde. Im Vorbeifahren sah ich, daß die Alte nach rechts sah und nach links fuhr. Ich wollte hupen, aber das Teil funktionierte immer noch nicht, also schlug ich ihr gegen die Scheibe. Als nächstes zog es mir das Hinterrad weg, weil dieser Vierbeiner mich einfach anfährt. Hinfeflogen bin ich nicht, ich hielt auch nicht an, sondern fuhr einfach weiter, als ob nichts gewesen wäre. Einige Touris und einige Mexikaner, die die Szene beobachtet hatten schüttelten den Kopf oder gaben der Alten Namen und machten ihr Gesten des Augenaufmachens. Ich hielt dann doch an, um den Roller zu untersuchen, aber da war nichts, also weiter. Wie lieb' ich meinen guten alten 200D...

Eine Norwegerin, die mit den Schweden zusammen angekommen war fragte mich, ob ich irgendwie feststellen könnte, wie das Wetter in Veracruz sei. Ich fragte rum, sah im Internet nach, konnte ihr aber keine bessere Information geben als: "Entweder so wie hier oder besser. Schlechter kann es nicht sein." Am Abend kam sie und meinte, sie würde doch nach Veracruz fahren. Sie fragte nach dem Bus-Terminal. Wer braucht denn sowas? Ich fragte Pedro und der schickte sie Richtung stadtauswärts. "Bist Du sicher, daß die zwölfte da ist und nicht dort?" Ja, ganz sicher. Ich kannte das und fragte sicherheitshalber nochmal bei Jorge nach, der für das Lokal verantwortlich war. "Wie lange bist denn Du schon hier? Die zehnte war schon immer da." Er zeigte gennau in die Richtung, in die die Norwegerin nicht gelatscht war. "Oh..." Ich fuhr ihr hinterher, auf dem Weg gab ich den Anschiß an Pedro weiter: "Wie lange arbeitest Du schon hier? Zwei Jahre? Die zehnte ist da, das da, wo Du die Alte hingeschickt hast ist die zwölfte, da wird sie lang suchen." Er winkte ab, meinte, sie würde es schon finden, aber das ist der Gast, das kann man nicht bringen. Ich holte sie ein. "Entschuldigung, aber die Richtung ist falsch. Außerdem ist das ein gutes Stück, glaube ich, wenn Du willst, dann fahr ich Dich da hin - mit dem Auto, selbstverständlich..." Zurück zum Hotel, wir stiegen in den Daimler um und fuhren los. Klappt alles bestens, wenn man sich auf Mercedes-Benz verläßt.
Abends kam wieder der komische Italiener vorbei, der vor ein paar Tagen im Hotel nebenan eingecheckt hat. Er hatte sich für drei Monate einquartiert, wußte auch nicht so recht, was er hier sollte. Da saßen also wir zwei verirrte und unterhielten uns über alles mögliche. Wo es als nächstes hinginge? "Schauen wir mal, ob wir in die USA hineinkommen. San Diego, Los Angeles, die Gegend..." Ob ich noch einen Platz freihätte. "Naja, eigentlich schon. Es fährt ein Mexiikaner mit, aber der muß unbedingt seinen dummen Hund mitnehmen. Wenn wir den irgendwie beseitigen könnten, dann wäre ein Platz frei..." "Was? Du willst mit einem Hund da rauffahren? Das sind bestimmt dreitausend Kilometer..." Was soll man machen? "Überleg Dir halt, ob Du mitfährst, notfalls mach ich einfach Platz." Ich machte mich dann daran, Zelt und Schlafsäcke zu waschen, die etwas viel Diesel aufgesogen haben, als der Tank leckte.


Voriger Tag Zum Anfang Nächster Tag

[Hauptseite] [Besolds W123] [Reiseberichte] [Gästebuch]
© by Markus Besold