22. bis 25. September 2003

Nun brach die letzte Woche USA an. Irgendwas mußte nun geschehen, einen richtigen Plan hatte ich aber immer noch nicht. Wen wundert's? Auftragslage hervorragend, aber irgendwas muß einem immer das Leben schwer machen. Beklagen will ich mich nicht, wenigstens ist es diesmal nicht das Weib, sondern die INS. Und damit weiß ich mich schon irgendiwe zu arrangieren, denn die INS hat eine gewisse Logik und sie ist straight, auch wenn der Weibliche Artikel das gegenteil vermuten läßt. eigentlich müßte es ja der INS heißen, denn das S steht ja für Service. Wobei ich sagen muß, daß ich da schon mächtigen Respekt davor habe. Nur nicht mit den Brüdern anlegen. Gegenüber den klassischen Illegalen hab ich den gravierenden Nachteil, daß ich hier legal bleiben will. Und das ist nicht leicht, es wäre viel einfacher, illegal im Land zu bleiben. Papiere wegwerfen und sich unauffällig verhalten, dann kann man hier leben. Zwar tut das Gesetz alles, um das zu fördern, so darf einen ein Polizist beispielsweise nicht grundlos nach dem Ausweis fragen. Auch auf dem Führerscheinbogen wird ein Ausweis verlangt, damit ersichtlich ist, ob der Antragsteller sich legal im Lande befindet. Tut er das nicht, so steht eigens dabei, braucht er allerdings nicht zu befürchten, daß man ihn hinhängt, denn der DAV sei nicht befugt, diese Information weiterzureichen. Auch gibt es regelrechte Arbeitsvermittlungsbüros für Illegale sowie ärztliche Fürsorge. Aber trotz alledem, das gelbe vom Ei ist das Illegalendasein sicher nicht.
Als normaler legaler Tourist flößt mir das Wort "INS" Respekt ein. Als Illegaler würde es mir wahrscheinlich Angst einflößen. Es passiert nicht viel, aber es drohen 10 Jahre Einreiseverbot und in 10 Jahren ist mein Leben gelaufen, hier kann ich noch etwas daraus machen. Mir wurde erzählt, wie man am besten aus einer Horde Mexikaner einen aufgeregten Hühnerstall macht. Man rennt einfach durch und schreit dabei "La Migra! La Migra!" Ist bestimmt auch ganz gut, wenn man sich in der entstehenden Panik verflüchtigen muß.
Will man also illegal einfach hierbleiben, hat man kein Problem, aber will man legal einwandern, ohne eine Fake-Heirat abzuschließen, dann hat man es nicht leicht. Aber das scheint überall so zu sein, Deutschland ist ja Meister im Entwerfen idiotischer Gesetze. Bei allem. Um in Deutschland auf legalem Weg an eine Waffe zu kommen, muß man mindestens Zaubern können. Was macht man also? Man geht zum nächsten Albaner und besorgt sich seine Wumme. Nicht registriert, keiner weiß, woher der Schuß kam - keine Kontrolle für den Staat, statt daß man registrierte Waffen ausgibt und so die lage besser unter Kontrolle hat. Bei Pässen das gleiche. Anstatt einen Zweitpaß rauszurücken und zu wissen, daß diese beiden Paßnummern auf eine Person laufen um die Kontrolle zu behalten, verweigert man den Zweitpaß, wohlwissend, daß der erste dann "zufällig verloren geht" und man einen neuen Ausstellen muß. Folge: Der Antragsteller bekommt seinen Paß, der Staat verliert die Kontrolle über den "verlorenen". Ebenso ist
Ähnlich ist es in den Staaten. Das Problem mit den Illegalen Einwanderern bekommen sie nicht unter Kontrolle. Stattdessen erlassen sie alle paar Jahre Amnestien, die aus den illegalen Einwanderern legale Immigranten macht, die nach 5 Jahren ihre Staatsbürgerschaft beantragen können.
Aber es ist nicht so, daß illegale Einwanderer das Paradies auf Erden hier haben. Sie sind zwar für das System unsichtbar und damit also praktisch nicht greifbar, aber auch das hat seinen Preis. Kein normales Leben auf Jahre hinaus, bis irgendwann vielleicht eine Amnestie kommt. Mit dem Auto in die Arbeit zu fahren ist dann schon jedes mal riskant. Doch auf das Auto zu verzichten wäre ein zu hoher Preis für mich. Das kann ich in Deutschland billiger haben und muß nicht mal arbeiten. Also auf zum Kampf. Und jeder, der wirklich hier bleiben möchte, der findet seinen Weg. Ist nur eine Frage des Willens, und ob man die Kraft und Beharrlichkeit aufbringt, durchzuhalten. Dann noch ein bißchen Glück und man kriegt es hin. In meinem Falle lief es bisher wunderbar. Ein paar kleine Rückschläge, aber nichts erwähnenswertes. Aber der große Schlag kommt schon noch, das liegt in der Luft, das spürt man einfach. Aber all die Hürden, die man nehmen muß, sind einem Ausleseprozeß gleichzusetzen. Die, die nichts taugen, scheitern daran. Einzige Möglichkeit, sich den Hürdenlauf zu sparen: Heiraten. Aber auch das bedeutet noch lange nicht, daß man die Greencard umsonst bekommt. In diesem Falle darf man sich nämlich Jahrelang mit einem Weibsstück umeinanderschlagen und läuft Gefahr, daß man seine Zeit in den USA im Knast verbringt, weil man sie erschlagen hat.
Auf keinen Fall den Ausreisetermin überziehen, denn damit legt man sich selbst einen riesigen Felsbrocken in den Weg. Ich rief Frank an und fragte, ob er Bock hätte, am Wochenende nach Tijuana zu fahren. nach dem Telephonat hatte ich einen Plam. Freitag um 10 Uhr morgens Abfahrt nach Tijuana, ausreisen, wieder einreisen. ganz einfach geht das. Mit einem Trick, bloß klappen muß er...
Eines Abends rief ich Frank an. Wir mußten das genauer besprechen. "Wo biste denn?", fragte ich. "1145 North Central in Glendale", gab er kurz zurück. "OK, bin gleich da..." Ich warf das Navi an, gab ein: "1145 S Central, Los Angeles". Der Rechner fand nichts, es ging erst ab 1500 los. Aber ich ließ mich nicht beirren und ließ mich hin lotsen. Und ich fuhr und fuhr und die Gegend wurde immer dusterer und schmuddliger. Verschmierte Wände, leere, offenstehende Lagerhallen, auf den Straßen lungerten Leute herum. Das könnte auch irgendwo in São Paulo sein. Es wurde auch ganz anders gefahren. Jeder pest durch die Landschaft, mal werden rote Ampeln mißachtet, hier wird man geschnitten. Bald war ich bei 1145 angekommen. "Da stimmt doch was nicht", denk ich mir noch, "was sollte Frank denn mitten im Ghetto verloren haben?" Ich rief ihn an. "Hallo, also eigentlich wär ich jetzt da, aber irgendwie ist alles komisch." "Wo biste denn?" "Tausend irgendwas South Central." "In Glendale?" "Keinen Plan" "Aber South ist sowieso verkehrt, ich hab doch extra North gesagt. Und sie zu, daß es Glendale ist..." "Sch..., OK, bin gleich da". Ich änderte dann den Waypoint dahingehend um, daß nun North Central angezeigt wurde und ließ mich lotsen. Nach einer halben Stunde und einer Irrfahrt über drei verschiedene Freeways war ich dann wieder angekommen. Wieder rief ich an: "Hallo. Jetzt bin ich da. Ich seh nur Dein Auto nicht." Er fragte mich nach der Straße, die die Central kreuzt. "Imperial" "Was? Was fährst Du denn für einen Stiefel zusammen. Sag mal, bist Du denn auch in Glendale, oder bist Du auf der Central in L.A.?" "Keinen Plan, ich bin halt auf Central. Ist Glendale nicht L.A.?" Er gab das Telephon weiter. Derjenige erklärte mir dann, daß die Straßen hier oft über 50 oder 100 Kilometer lang sein können und daß es ganz hilfreich sei, wenn man den Stadtteil beachte. Ich solle auf den 10er zurück, dann auf den 134er. Ich änderte dann wieder die Eingabe in "1145 N Central, Glendale" um und siehe da, der Rechner findet sogar die exakte Hausnummer. Wunderbar. Nach einer weiteren halben Stunde war ich dann endlich richtig. "Sag doch gleich, daß Du beim Marco bist. Da hätt ich auch ohne Navi hingefunden..." Deswegen war mir die Stimme am Telephon so bekannt vorgekommen... Ich irr' da in South Central umher. "Hast wahrscheinlich Glück gehabt", meinte Frank, nachdem er sich halb totgelacht hatte. Ich erinnere mich da dunkel an ein sogenanntes Lied, das viel gehört wurde, als ich noch jung war: "Born South Central... Born dead!"
Wenigstens war ich da jetzt auch mal. Wolf hatte mich eindringlich davor gewarnt, nächtens auch nur in die Nähe dieser Gegend zu fahren. Dort herrschen die Gangs und als "spoiled rotten rich german Whitie" hätte man nicht viele Chancen, heil davonzukommen, wenn man den falschen Leuten über den Weg führe. Jedenfalls hatte das, was ich dort sah, nichts mit dem Amerika zu tun, das ich kennen- und schätzengelernt hatte.


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