21. bis 23. Dezember 2003

 Wieder bepacktWenn die bunten Fahnen wehen, geht die Fahrt wohl über's Meer. Die letzten Tage der Vorbereitungen für Alaska laufen an. Die Kanister wurden wieder auf das Auto geschnallt, diesmal mit Wolfgangs Methode, weniger Zeitaufwendig und ebenso effektiv - muß ich noch lernen. Nun fühlte ich mich wieder wie ein freier Mann. Und als solcher stolzierte ich auch in die Schenk' und orderte Cola. Es muß ja noch gefahren werden, schließlich hatte ich heut mein Datum mit dem Fräulein. Angeblich soll ein gewisser Günther Prien, der Stier von Scapa Flow, Kommandant des berühmten Unterseebootes 47 am Heiligen Abend 1940 einen feindlichen Frachter nicht torpediert haben - "weil Weihnachten ist". Was macht aber der alte Wirt Walter Hohl, bei dem der Name Programm ist, an Weihnachten? Er suspendiert meine Lieblingsbedienung - "weil Weihnachten ist". Klar, daß mit dem Mädel nichts mehr anzufangen war, die war buchstäblich bedient - und damit mein letzter Sonntagabend ruiniert. Es gibt einfach gewisse Gesetze, die immer Geltung besitzen. Eines davon heißt: Quae medicamenta non sanant, ferrum sanat, quae ferrum non sanat, ignis sanat. Nun darf ich mir den Kopf darüber zerbrechen, wie man dieses Gesetz in diesem speziellen Falle wohl anwenden könnte. Haß! Eigentlich schlage ich keine Leute, die 40 Jahre älter sind als ich, aber in diesem Extremfall könnte es bei der richtigen Alkoholkonzentration im erhitzten Blute durchaus dazu kommen, daß die eine oder andere Sicherung durchgeht - das würde bestimmt niemand sehen, und wenn die Bude noch so brechend voll wäre.
Die Abfahrt wurde auf "spätestens am 25. in der Früh" festgesetzt. Die Bordküche mußte aufgefüllt, warme Wintersachen aufgetrieben und das Getriebeöl gewechselt werden. Und natürlich meldet sich, gerade als wir Wolfgangs Scout wieder mal in die Werkstatt brachten - wie scheinbar vor jeder großen Fahrt - die Bremse wieder. Immer das gleiche, man will Bremsen und trappt ins Leere. Das Adrenalin kann man förmlich schmecken, wenn man die roten Bremslichter des vorwärtigen Verkehrs immer näher und näherkommen sieht. "Jetzt... jetzt! Jetzt bleib doch steh'n..." Zum Glück mußte ich mir nicht den Satz melden, der auf dieses Zitat folgt und der da heißt: "Boot ist nicht zu halten." Man muß halt eben fast das Bremspedal verbiegen, um eine geringe Verzögerung herbeizuführen. Zuletzt erlebte ich das kurz bevor es in Cancún in Richtung USA losging. Seitdem allerdings nicht mehr. Dennis machte mir kürzlich den Vorschlag, die Bremsen des 126ers einzubauen, dann wisse man, wo der Hammer hängt. Leider ist das Zeitlich nicht mehr drin, das nenne ich Timing. Es fühlt sich so an, als würden nur die hinteren Bremsen greifen und auf dem zu erwartenden winterlichen Geläuf da oben im Norden tauchen da einige Bedenken auf. Wenn nämlich nur die hinteren Bremsen gereifen, legt man auf Eis ruckzuck einen 180er hin und wenn das unbeabsichtigt geschieht, mag ich mir die Folgen gar nicht ausdenken. Sowas hasse ich, warum kann das nicht eine Woche eher passieren? Nein, immer dann, wenn keine Zeit mehr ist. Und nur dann.
Ich rief Manuel an und berichtete ihm das Problem. "Komm morgen vorbei", meinte er nur. Almut und ich fuhren ins Getty's Museum. Ich als Kulturbanause kann ja mit sowas eigentlich nichts anfangen, aber man muß ja, weil es eben ein Muß ist. Wir fuhren auf den Parkplatz und man verwies uns höflich auf den anderen Parkplatz auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Warum? Natürlich wegen der Kanister. Ist ja immer noch alles in heller Aufruhr. Man kann eben nicht immer nur austeilen, das gilt auch für die allmächtigen USA. Alles hat seinen Preis... und jeder wird zur Kasse gebeten, und sei er noch so mächtig.
Kaum hatte ich das Auto abgestellt, klingelte das Handy und mein Tinchen war dran. Sehr angenehme Überraschung. Danach setzte ich mein Und-ihr-habt-doch-gesiegt-Grinsen auf und stolzierte mit Almut in das Museum hinein.

Im alten Geist zu neuen Zielen...

Mit dem Kino wurde es hinterher allerdings nichts mehr, erst standen wir stundenlang im Stau, hinterher versumpften wir im Löwen. Mich ärgerte es, daß dieser sabbernde Idiot von einem Wirt auf keine meiner Provokationsversuche einging. Nichts, dabei bin ich als Provokateur nie schlecht gewesen, aber es funktioniert nur bei Leuten, die mindestens über ein Oberschlundganglion verfügen, was mir hier nicht der Fall zu sein scheint.
Und die Kennzeichen waren immer noch nicht da. Ohne die Kennzeichen und ohne ins Kino gegangen zu sein, kann ich L.A. nicht verlassen, das geht einfach nicht - nicht mal in Amerika.


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