Panamericana-Tour 2002
Montag, 23. September

Um neun Uhr wurde ich wach. Ich stand auf, stellte aber bald fest, daß es mir soviel besser nicht ging. Verdammt! Was soll dieser Dreck jetzt schon wieder? Ich bin einmal im Jahrzehnt krank, aber das muß auch unbedingt dann passieren, wenn es am ungünstigsten ist. Vielleicht sollte ich noch einen Ruhetag einlegen? "Fahren wir heute weiter, oder bleiben wir noch einen Tag?", fragte ich Gabi. "Wenn Du krank bist, bleiben wir, wenn Du meinst, Du kannst weiterfahren, dann fahren wir weiter... Fahren kann ich immer. Aber gesund fühlte ich mich nicht. Ich überlegte kurz... Wir fuhren weiter. Falls ich mich umentschied konnten wir immer noch woanders in einem Hotel absteigen. Wir packten zusammen und fuhren in ein Café, das Gabi aus dem Lonely Planet gesucht hatte.

Café Britt
Ein gediegenes Frühstück und die Welt sieht schon viel besser aus.

Wir bestellten ein gescheites Frühstück. Das war nicht gerade billig, aber durchaus eßbar. Um halb Elf fuhren wir zu einem Café Britt. Dort wollte Gabi eine Tour durch irgendwelche Kaffeeplantagen machen. Wir fanden es auch, dank Gabis Navigationskünsten. Alle Achtung, bei der schlechten Karte. Ich hätte sie nach 100 Metern auf dem Fenster geworfen. Ich ging nicht mit, ich wollte mich irgendwo abparken und weiterschlafen. Gabi ging hinein und klärte die Formalit"ten. Eintritt usw. Keine Ahnung. Ich blieb, wie gesagt, im Auto.

Sie kam zurück und teilte mir mit, wann ich wieder hier sein sollte. Und darüberhinaus erfuhren wir hier, daß es zu Panama eine Stunde Zeitunterschied gibt. Es war nun nicht 10:50, sondern 11:50 Uhr. Das erklärt die anderthalb Stunden "Verspätung" beim Tauchgang. Wir waren nämlich nicht um 8:35 Uhr dort, sondern schon um 7:35 Uhr. Mitdenken ist nicht gerade unsere Stärke. Aber nun wußten wir wenigstens die richtige Uhrzeit. Das hilft schon mal weiter. Die Frage, warum die Uhren hier eine Stunde vorgestellt wurden, statt zurück, wie es üblich ist, wenn man nach Westen fährt, die stellte sich keiner. Wahrscheinlich haben entweder die Costariquesen oder die Panamaner keine Sommerzeitumstellung. Wer weiß...

Sie ging hinein, ich fuhr los und suchte mir eine ruhige Ecke zum pennen. Nach einer Weilekam ich auf den Trichter, mich einfach wieder auf den Parkplatz zu stellen, und dort zu schlafen. So konnte ich mich nicht verspäten, nur weil ich mich wieder mal verfahren hatte. Und das passiert zwangsläufig, wenn ich mehr als dreimal abbiegen muß. Um halb eins war ich wieder am Parkplatz. Motor abgestellt, Sitz zurück, Radio an. Radio! Mal wieder Nachrichten hören. Das erübrigt sich auf normalen Fahrten, da Almut immer mit ihrem Weltempfänger in halber Nacht auf einen Hügel hüpft und mir am Morgen die wichtigsten Meldungen überbringt.

Es war auch gar nicht schlecht, daß ich hier das Radio eingeschaltet hatte. So erfuhr ich beiläufig, daß der Hurricane Isidor, der von Venezuela nach Mexiko unterwegs war, uns rechts überholt hatte und nun gerade an Cancún vorbeifegte, unserem Endziel. Der mächtigste König im Luftrevier, ist des Sturmes gewaltiger Aar... Der mächtigste König in Groß-Berlin, das ist der Isidor weiß... Na, welcher auch immer, er hat uns verfehlt. Nicht den leisesten Windhauch hatten wir mitbekommen. Ich schlief ein.

Irgendwann kam Gabi zurück. Es war zwei Uhr. Als nächstes mußten wir zu American Airlines. Jede Wette: Gabi mußte irgendwas Sinnloses erledigen. Flüge bestätigen, oder sonstwas. Mich interessierte es nicht. Ich bin nur der Fahrer. Nach einigen Hin und Her kamen wir auch am Bürogebäude an. Als Navigatöse ist Gabi durchaus genz brauchbar. Sie findet überall hin. Sie brauchte eine Weile, um alles zu erledigen.

Um Fünf verließen wir San José. Das nächste Ziel war der Vulkan Arenal. Der war ungefähr 200 km entfernt. Zeitdauer war nicht einzuschätzen, da Straßenzustand und -verlauf mir unbekannt waren. Gabi hatte wohl auch erfahren, daß ein Hurricane an uns vorbeigefegt war. "Wird langsam Zeit, daß wir mal einen richtigen Karibiksturm zu sehen bekommen!", stellte ich fest. "Du bisch so dumm, echt!", hörte man sie bellen. Zum Glück bin ich nicht so gescheit wie sie...

Müllabfuhr, San José, Costa Rica.
An der Karibik kan man die Teile ungelogen schon fünf Blocks entfernt riechen...

Aber mehr als Gabi nervte mich die Straße. Ständig mußte man stark drosseln, da es oft keinen Weg um die Schlaglöcher herunführte. Da mußte man durch. "Was ist das nur für ein Kackland, schon wieder?", fluchte ich los. Wieder ein Schlag. "Fuck! Das Land in der Ecke, in dem man die meisten Touristen findet, und Straßen haben sie, als wäre hier ständig Bürgerkrieg! Nicht mal in Mali hab ich so beschissene Straßen fahren müssen, und das ist eines der ärmsten Länder der Welt!", machte ich meinem Ärger Luft. "Immerhin hat Costa Rica noch ein paar andere Sachen zu bieten. Ist schon mal besser als sowas wie Mali, das zwar nichts hat, aber dafür eine Straße, damit die Touristen drauf fahren können." Klar. Weil es in Mali ja soviele Touristen gibt. Aber dazu wußte ich nichts Intelligentes zu erwidern. Was Intelligentes wäre hier sowieso fehl am Platz. Was ähnlich Dummes fiel mir trotz größter Mühe nicht ein, also ließ ich es bleiben und fluchte für mich allein weiter.
Irgendwie konnte mich Costa Rica immer noch nicht überzeugen. Da war mir Panama wesentlich stympathischer. Mit den zentralamerikanischen Ländern konnte ich ohnehin nichts anfangen. Das ist Karibik, und Karibik ist so gar nicht mein Stil.

Um halb Acht abends, es war schon kuhnacht, kamen wir beim Vulkan an. Wir suchten, irgendwie möglichst nah ran zu kommen. Das ging irgendwie nicht so, wie ich mir das vorstellte. Entweder waren die Wege (Straßen wäre übertrieben) gesperrt, oder nicht da. Man sah die Lava als orange leuchtende, zähe Masse aus dem Berge brechen und talwärts wandern. Schon beeindruckend, wenn auch weit weg. Wir versuchten erneut, näher ranzukommen, aber es war nicht hinzukriegen.

Auf der Seite, an der man wesentlich näher heranfahren konnte, war keine Lava zu sehen. Hier beschlossen wir zu bleiben. Den wollten wir uns noch tagsüber ansehen, auch wenn man bei Helligkeit die Lava wahrscheinlich nicht sehen kann. Es war eine Art Feld, wobei ich nicht feststellen konnte, ob es bewirtschaftet war oder nicht. Vielleicht diente es auch nur als Viehweide. Diese Gedanken äußerte ich nicht, sondern behielt sie für mich. Der Platz war gut und ich verspürte keine Lust, noch drei Stunden weiterzusuchen. Mein Fieber war immer noch nicht weg. Sehr früh ging ich auf die Bleche. Heute verzichtete ich auf das Moskitonetz. Ab und an sah man am Krater hier und da einen leichten Orange-Schimmer aufblinken und langsam wieder verschwinden. Auf den Blechen liegend rauchte ich noch gemütlich zwei Cigarretten, sah mir den Vulkan an und kam mir selbst etwas seltsam vor.

Wenn ich daheim in Augsburg saß und mir so einen Vulkan vorstellte, war das eine sehr faszinierende Geschichte. Da würde ich sofort hinaufklettern und mir das von der Nähe ansehen. Nun stand ich wenige hundert Meter vor einem Vulkan, dem ständig die Sabbe aus dem Krater lief und hatte nichts besseres zu tun, als eine Cigarrette zu rauchen und ihn von weitem anzusehen. Dafür braucht man eigentlich nicht um den halben Globus zu fahren. Das kann man sich auch im Fernsehen ansehen, das ist nicht nur bequemer, sondern auch noch informativer. Aber so war die Situation.


Voriger Tag Zum Anfang Nächster Tag

[Hauptseite] [Besolds W123] [Reiseberichte] [Gästebuch]
© by Markus Besold