Panamericana-Tour 2002
Donnerstag, 19. September

Endlich mal wieder ausschlafen. Das Zimmer war schön mit dunklen Vorhängen behangen. Die Sonne hatte keine Chance, sich da durchzuarbeiten. Erst um 11 bequemte ich mich aufzustehen. Bill war schon lange wach, der Frühstückstisch war auch schon lange hergerichtet. Er bot und erneut an, noch einen Tag zu bleiben. Aber wir mußten weiter. Wir hatten doch keine Zeit. Bis Mexiko waren es noch etwa 4000 km. Wir hatten noch fast einen Monat Zeit. Das bedeutete etwa 150 km am Tag im Schnitt. Unser Schnitt lag mindestens dreimal höher - an einem gemütlichen Tag. Es gab eigentlich keinen Grund zur Eile. Aber ich bin bloß der Fahrer... Das war schon in Augsburg meine beste Ausrede. Das denken überließ ich lieber Gabi. Erstens kann ich es nicht, zweitens ist sie doch so gescheit. Sie weiß nicht nur alles, und zwar besser.

Abgeparkt in Bill's Garten
Vor Bills Haus auf dem Rasen abgeparkt.

Nach dem Frühstück packten wir unser Zeug ins Auto. Während Gabi zur Eile trieb, ließ ich mir mehr Zeit als nötig. Dadurch kamen wir relativ zeitig los. Wir verabschiedeten uns von Bill. Gerne wäre ich noch einen Tag geblieben, vielleicht noch ein paar Tage. Es war so schön erholsam hier. Klima, Fernseher, satt zu Essen, ein normaler Mensch, der nicht alles weiß, der seine Fehler hat und macht, mit dem man sich vernünftig unterhalten kann. So schlecht war es hier nicht. Wir verabschiedeten uns von Bill und bedankten uns für die Gastfreundschaft.

Um 12:30 Uhr brachen wir von Santa Clara auf (km 752.902). Weiter ging es in Richtung David. "Wenn wir noch einen Tag geblieben wären, hätte ich mich mit ihm gestritten", sagte Gabi, kurz nach der Abfahrt. Ja, logisch. Warum auch nicht? Er hat schließlich eine andere Meinung als sie über Schwuchtel und Pädophile. Wenn es nach Gabi ginge, müßte man solche Nazis wie Bill sofort wegeuthanasieren! "Wo kommen wär da hän, wenn man jedem saine Mainong läßt? Das artet am Ende noch än Demokrratä aus!"

Über die Straßen in Panama kann ich soweit nichts schlechtes sagen. Kaum Schlaglöcher. Kurz vor David kamen wir in eine Polizeikontrolle. Es war ein einzelner Motorrad-Polizist. Ich richtete mich im Sitz auf, griff in meine linke Knietasche, zog alle Papiere heraus und überreichte sie ihm. Vielleicht, so hoffte ich, würde ihn das überfordern und es würde nicht so lange dauern. Doch ich lag falsch. Er sah sich alle Papiere genau durch. Und ich saß im Auto und wartete und wartete. Bestimmt würde er jetzt anfangen, irgendwas zu suchen. Aber nichts geschah. Er inspizierte den Zettel vom Zoll gründlichst. Dann gab er mir alles zurück und wir durften weiter.

Um 18:16 Und kamen wir in David an. Nicht sehr spannend. Wir brauchten eine Bank. Und zwar eine, bei der man mit Kreditkarte abheben konnte. Die Währung hierzulande war der US$. Es dauerte ewig, bis wir eine passende Bank fanden. Je mehr wir suchten, desto mehr entfernten wir uns von der Hauptstraße. So ein Blödsinn. Aber um 19:56 Uhr, kurz vor Acht, eindreiviertel Stunden nachdem wir die Stadt erreicht hatten, fanden wir endlich eine Bank, bei der es möglich schien, Geld abheben zu können. Ich parkte davor und blieb im Auto. Es war schon dunkel und die Gegend gefiel mir irgendwie nicht wirklich. Es war kein abgeschutteltes Viertel, aber es war irgendwie einfach zu ruhig. Gabi kam wieder. Frag mich keiner wie es passierte, aber aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen fand Gabi das Geld nicht mehr. Ich weiß nicht mal, um welches Geld es sich handelte, ob um das frisch abgehobene, oder um Geld, das vorher schon da war und jetzt nicht mehr auffindbar. Ich wußte nur, daß es nicht meines war, daher war mir das relativ egal. Fahren durfte ich nicht, also beobachtete ich die Gegend, in der Zeit, in der Gabi die komplette Rückbank immer und immer wieder umpflügte, bis sie endlich fündig wurde.

Wir durften weiter. Auf dem Weg zurück zur Straße, die uns weiter nach Westen führen sollte, hielten wir, um etwas Eßbares einzuwerfen. Wenig später befanden wir uns auf der Straße in Richtung Norden. Wir wolten den Grenzübergang im Norden nehmen. Die Panam liefe meines Wissens weiter nach Westen. Der Generalkurs blieb Mexiko. Eigentlich soll man sich ja generell außerhalb Europas und Nordamerika nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr auf Überlandstraßen aufhalten, aber in Panama hatte ich nicht das Gefühl, mich an diese Regel halten zu müssen. In Kolumbien oder Brasilien war mir bei solchen Aktionen jedenfalls deutlich mulmiger. Und selbst in jenen Ländern kam ich nicht umhin, das eine oder andere Mal nachts zu fahren. Dort fuhr ich meist bis zur nächsten Gelegenheit, die Straße sicher zu verlassen, hier fuhr ich bis die Vernunft gebot, die Straße zu verlassen.

Por la Panamericana...
Irgendwo in Panama.

Ich hätte noch bis drei oder vier Uhr fahren können, aber am nächsten Tag wäre ich sicher nicht ausgeschlafen. Also fuhr ich um 23:45 Uhr (km 754.410) neben die Pazifikstraße von Chiquiri nach Costa Rica vor einen kleinen Hügel, den man über eine kleine Piste erreichen konnte. Der Daimler wurde so abgeparkt, daß wir im Zweifelsfall nicht erst groß rangieren mußten, um wieder auf die Straße zu gelangen. Das empfiehlt sich, und ich habe mir das schon vor Jahren angewöhnt. Eingeparkt wird grundsätzlich rückwärts, außer in Ausnahmefällen, z.B. wenn es auf jede Sekunde ankommt, oder wenn der Kofferraum beladen werden muß. Beim Aussteigen, auch bei nur kurzen Aufenthalten wird jede Tür geschlossen - oder der Baifahrer muß ein paar Hundert Meter laufen. Das hat praktische Gründe. Ich möchte die Kälte im Innenraum und das Ungeziefer draußen haben und nicht umgekehrt. Das Kochen entfiel, denn wir hatten ja in David gegessen. Ich baute mein Lager auf den Sandblechen auf, wieder mit Moskitonetz.

Viel zu viel von diesem Gestrüpp, hier. Da gibt es jede Menge Steckmücken gratis mit dazu. Ich möchte gar nicht wieder anfangen, aufzuzählen, was die Drecksviecher alles übertragen. Ob es hier Malaria gibt, wußte ich nicht, aber es gab Dengue. Aber da war ich weniger gefährdet. Ich trage grundsätzlich nur lange Klamotten. Das ist die beste Mücken- und Hautkrebsabwehr. Und wenn es wirklich so sinnvoll wäre, kurze Hemden und Hosen in den Tropen zu tragen, dann hätten die Fremdenlegionäre in Guyana sicher keine langen Klamotten an. Das bißchen Hitze nehme ich gerne in Kauf. Das ist weitaus weniger wild, als 30 oder 40 Mückensticke, die nicht nur unangenehm jucken, sondern mit einer gewissen Wahscheinlichkeit auch noch krankmachen.
Allein das Rauchen der Gute-Nacht-Zigarrette hätte so viel Umstände bereitet, daß ich auf sie diesmal verzichtete.


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