Panamericana-Tour 2002
Dienstag, 3. September

Um halb acht standen wir auf. Als Erstes wollten wir zu dem Typen mit den Bananendampfern. Mal sehen, wie es aussieht. Um 8:10 Uhr brachen wir auf, um halb Neun waren wir dort. Ich ging in das Büro und fragte nach, ob schon die eine oder andere Antwort vorliege. "Ja", sagte er, "einige. Allerdings alle negativ." Dreck! Wäre zu schön gewesen, noch eine kleine Karibik-Tour zur See zu absolvieren. Schade. Dann eben weiter, zurück nach Cartagena.

Eine Nebenstraße in Barranquilla
Nebenstraße in Barranquilla.

Um Neun fuhren wir in Barranquilla los mit dem Ziel Cartagena. Ich zermarterte mir den Schädel, was es noch für Möglichkeiten gab, abgesehen von der Fähre. Dieses verdammte Darién. Und die verdammten Amis. Überall müssen sie sich wichtigmachen. Wieso kann da nicht einfach eine Straße durchgehen? Damit kämen auch die Herren im Weißen Haus billiger an ihr Pulver. Aber soweit denken sie nicht.

Vor lauter Nachdenken merkte ich nicht, daß ich einen Stuß zusammengefahren haben muß. Das bemerkte ich erst, als ich mich um 10:30 Uhr wieder in Barranquilla befand, statt in Cartagena. Das regte mich so stark auf, daß ich die ganze Zeit nur noch am Motzen war. Scheiß Kaff! Ich Will hier raus! Anderthalb Stunden und 20 Liter Sprit in der Dummheit verblasen, anderthalb Stunden verschenkt. Neuer Anlauf. Um 14:30 Uhr liefen wir dann in Cartagena ein. Um 13:00 Uhr hätten wir eigentlich hier sein können.

Wir fuhren in die Stadt, parkten das Auto in einem der öffentlichen und bewachten Parkplätze und gingen um 15:00 Uhr los zu Maritrans, wo ich mich nach den Formalitäten für die Fähre erkundigen wollte. Auf dem Weg dorthin fiel mir an einem Gebäude ein Schild auf, mit der Aufschrift Mærsk und dem weltweit bekannten Logo. Ich ging hinein, Gabi blieb unten und wartete. Ich fragte nach, wie es mit verschiffung und Mitfahren auf dem Schiff aussähe. Die Antwort war auch hier negativ. Aber einen Versuch war es wert. Wenn man nämlich nicht nachfragt, steht die Antwort schon von vornherein fest. Also lieber einmal zuviel gefragt, als einmal zuwenig.
Es hatte eine Weile gedauert, das Gebäude zu finden, in dem MariTrans versteckt war. Ich mußte ein paar mal von unterwegs anrufen und nachfragen. Erst um 17:00 Uhr kamen wir dort an. Gabi und ich gingen hinauf, meldeten uns an, und mußten kurz im Wartezimmer platznehmen.

An der Küstenstraße vor Cartagena
Frisch asphaltierte Straße an der Küste Richtung Cartagena.

Warten mußten wir allerdings nicht lange, denn schon bald kamen zwei Herren, beide waren wohl ursprünglich mit grauen Anzügen bekleidet, aber da es schon kurz vor Feierabend war, fehlten bei beiden die Sakkos und die Krawatten saßen auch schon nicht mehr ganz so konservativ im Kragen. Sie baten uns in ein Büro, boten uns Kaffee an. Sie sahen mich fragend an, so kam ich gleich zur Sache. "Ich habe mit einer Dame telephoniert, die mir erklärte, daß hier jeden Freitag eine Fähre nach Panama geht. Wieviel kostet es, was muß ich tun, wann, und wo soll ich hin?" Der fragende Ausdruck in ihrem Gesicht verstärkte sich. Nun sahen sie einander fragend an. Dann sagte der eine, daß da wohl ein Mißverständnis vorliegen müsse. Von Fähren wußten sie jedenfalls nichts. "Ich begeh gleich einen Mord!", fing Gabi an. "Wenn Du sonst nichts beizutragen hast, dann geh raus", fuhr ich sie an, woraufhin sie irgendwann den Raum verließ. "Entschuldigen Sie sie. Sie ist geistig behindert und kann nichts dafür! Aber zurück zu lösbaren Problemen: Ich glaube auch, daß es sich hier um ein Mißverständnis handelt", sagte ich, "Ist das hier MareTrans?" Sie bejahten. "Also gut. Ich habe letzte Woche ein eMail von MareTrans bekommen, von einer gewissen Marta Azevedo". Das eMail zeigte ich ihm. Dort stand tatsächlich etwas von einer Fähre, sogar ein Preis wurde genannt. "Ich habe mit der Frau sogar telephoniert. Ist sie denn noch hier? Kann ich sie sprechen?" "Nein, diese Frau arbeitet nicht mehr hier." Also hier stimmte definitiv etwas nicht. Der Laden stimmt, die geheimnisvolle Frau gibt es nicht, die Fähre anscheinend auch nicht. Ich bat um Aufklärung, schließlich hatte ich das alles nicht erfunden. Ich drehte die Sache so hin, als sei ich extra auf diese Zusage hin von Manta nach Nordkolumbien gefahren, und es könne wohl nicht sein, daß es sich lediglich um einen Scherz handelt. Man setzte mich ins Bild: Die einzige Roll-on / Roll-off Fähre (RoRo), die am Darién operiert ist die HornCap von Horn-Lines. Die fahren mit drei Schiffen, zwei Frachter und eine RoRo-Fähre. Und diese Fähre fährt nur alle drei Wochen. Ob diese Fähre auch Passagiere mitnimmt, davon wußten die beiden nichts. Da es sich um eine deutsche Gesellschaft handelt, glaubten sie eher nicht. "Das sind Deutsche und die kennen nur schwarz und weiß, das dürfte Ihnen bekannt sein." Oh, ja, da hatte ich keinen Zweifel. Sie würde wieder am 16. September fahren, also in 13 Tagen. Sie boten mir an, sich um die Verschiffung für das Auto zu kümmern. Ich lehnte ab, da ich keine Chance sah, Gabi dazu überreden zu können, noch zwei Wochen hier zu warten.

Ich ging hinaus auf den Gang, wo Gabi in einer Ecke kauerte, gab ihr ein Zeichen, und wir verließen das Gebäude. "Und jetzt?", fragte sie - gerade so, als wüßte ich das. Die nächste Fähre geht in zwei Wochen. "Zwei Wochen???" "Ja. Wir finden schon irgendwas." "Ja, was denn? Wie denn?" "Das weiß ich jetzt auch noch nicht. Heute ist jedenfalls Feierabend. Es war schon fast sechs Uhr. Morgen geht's weiter.

Wir suchten uns einen Camping-Platz, weil die billiger sind als Hotels. Am Stadtrand fanden wir einen. Es war sechs Uhr und somit schon dunkel. Dort fuhren wir hinein und fanden uns in einem weitläufigen Tropengarten wieder. Eine abgerissene Gestalt kam, ich fragte nach dem Preis. Der stimmte natürlich nicht mit den Angaben im Lonely Planet überein - warum auch? Das war nicht das Problem, aber weder gefiel uns das Erscheinungsbild des Besitzers, noch das des Camping-Platzes an sich. Wir fuhren also wieder zurück nach Cartagena hinein, hielten noch an einem Supermarkt, an dem wir kurz zuvor vorbeigekommen waren. Der war gerade dabei, zu schließen, denn es war schon halb Sieben. Ich kaufte einen Wodka und Zwei Tüten Orangensaft. Eis gab es nicht. Was soll's...

Wir suchten die Küste ab nach einem Platz zum Übernachten. Das dauerte eine Weile. Kaum glaubte ich, etwas gefunden zu haben, stellte sich heraus, daß er doch nicht so gut war, wie er von der Straße aus aussah. Bei einem größeren Hotel fuhr ich durch den Parkplatz und stand am Strand. Es war ein Wächter da, der meinte, wir sollten uns nicht genau vor das Hotel stellen, sondern etwas weiter nach hinten. "Dort, wo der Schatten anfängt", sagte er und zeigte auf eine Stelle, an die das Licht der Flutlichter des Hotels nicht mehr hinreichte. War mir nur recht. Helligkeit stört mich beim Schlafen weitaus mehr als Lärm.
Um 19:20 Uhr stellte ich den Diesel ab. Der Daimler stand mit dem Bug zum Meer, es war nicht sehr windig, aber ich hatte das Gefühl, daß der Wind von oben kam. Vielleicht auch nur mein Gefühl. Ich hoffte, daß er bald wieder wehen würde, und mir dadurch die Mücken vom Leib hielt. Mein Lager auf dem Dach richtete ich gleich her, auf das Moskitonetz verzichtete ich - ebenso auf das Abendessen.

Am Strand vor Cartagena
Frustsaufen am Strand...

Ich holte zwei Tassen, ließ sie voll Wodka und Orangensaft, stellte Gabi eine hin und leerte die andere. Der Wodka-O paßte prima zu unserer Verschiffungssituation: Einfach beschissen. Eis fehlte. "Scheiße!", sagte ich, "der Plan ist wohl schiefgegangen..." Gabi schob einen Haß auf diese Tussi, die uns Geschichten von irgendwelchen Fähren erzählte, und darüber, daß sie dafür nicht belangt wird. Mich nervte es zwar auch, allerdings war ich im Gegensatz zu ihr nicht der Ansicht, daß diese Frau unser Leben aufs Spiel gesetzt hat. Aber es mußte eine Lösung her. Dann eben eine konventionelle Verschiffung mit Container und Flug. Ich bemühte mich darum, diplomatisch zu sein, wobei ich darin noch nie ein Meister war: "Ich will auch keine zwei Wochen warten, auch wenn wir alle Zeit der Welt hätten", erklärte ich Gabi. Vollkommener Schwachsinn, natürlich. Mir gefiel es hier und ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn wir uns diese Woche um die Verschiffung kümmerten und dann eine Woche Urlaub einlegten. Wäre nett gewesen und gemütlich. Aber das Wort Gemütlichkeit war schon in Brasilien von Bord gegangen. Das verträgt sich nicht mit Gabi Z. L. und der klügere gibt nach - dieser Zustand bedingt die Herrschaft der dummen. "Ich würde sagen", fuhr ich fort, "ich kümmere mich um eine Containerverschiffung - so billig wie möglich - und wir fliegen dem Auto hinterher. So teuer können die Flüge ja nicht sein. Auf dem Schiff mitzufahren probiere ich zwar auf jeden Fall, aber Priorität hat ab sofort die Verschiffung.
Als der Wodka leer war, wankte ich auf den Gepäckträger und schlief irgendwann ein. Alles drehte sich...


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