Panamericana-Tour 2002
Dienstag, 15. Oktober

Epilog

Um Zehn stand ich auf. Auch mein Flug ging um Neun. Viel war nicht mehr zu tun. Das Auto mußte eingelagert werden. Ich kontaktierte Bryan und fragte ihn, wann ich mit dem Auto vorbeikommen könnte. "Jederzeit! Ich bin die ganze Zeit daheim, komme einfach vorbeit..." Das war schon mal gut. Unglaublich, was man hier für Leute trifft in ein paar Tagen. Versuch das mal ein Ausländer in einer deutschen Stadt, in der er niemanden kennt. Weil ich eh schon im Laden des Eclipse war, ging ich auch gleich noch hier ins Internet und checkte meine eMails. Nochmal Gabi kontaktieren, ob das klargeht mit dem Abholen.

Als ich hinausging traf ich eine Oma, die auch mit dem Auto hier unterwegs war. Amerikanische Aussteigerin. Sie hatte genau vor mir geparkt und der Benz war ihr aufgefallen. Ihr Japaner sah nicht mehr ganz so frisch aus. Ihm fehlten ein paar Scheiben. Sie erzählte, von mexikanischer Polizei verprügelt worden zu sein. Ich mag die Amis auch nicht besonders, aber einen gewissen Respekt vor dem Alter kann man verlangen. Auf der anderen Seite: Die Opfer der USAF haben weder ein Mindest- noch ein Höchstalter... Damit muß man wohl als Amerikaner leben. Um den Einzelnen mag es mir sogar Leid tun, aber das muß man wohl unter ausgleichende Gerechtigkeit verbuchen... Man kann eben nicht alles haben.

Amerikanische Hippie-Oma.
Hippie-Oma american Style (= motorisiert).

Piter gab mir bei allem Hilfestellung. Er erklärte mir, wo ich die Bustickets kaufen konnte, und er meinte auch, daß ich das Gepäck in der Rezeption des Hotels lagern konnte, wenn ich das Auto zu Bryan brachte. Ich ging los und holte die Tickets. Dort konnte man nicht mit dem Auto hinfahren, denn der Busbahnhof war in der Fußgängerzone. Man konnte ihn zwar auch von der anderen Seite von der Hauptstraße zwar erreichen, aber dort gab es wiederum keine Parkplätze. Als ich von dort zurückkam, fuhr ich zum Unterstand und nahm eine Dusche. Ein Drecksklima ist das hier! Ich nahm auch extra die 38er aus dem Auto, legte sie auf das Bett, und machte ein Photo, auf dem erkennbar war, daß es sich um einen Zeitpunkt handelte, der später anzusiedeln war als unser Aufenthalt in Barranquilla. Das wollte ich Gabi schicken, weil sie die 38er doch irgendwo in Kolumbien wähnte.

Ich packte noch dies und jenes um, richtete meine anständigsten Klamotten in einer Tüte her. Mit meiner zerschlissenen Tropenuniform würde ich in Europa erst recht auffallen. Ich hatte noch meine Sachen, die ich für Botschaftsbesuche oder für ähnliche Anlässe mitgenommen hatte. Man sah zwar, daß die Garnitur auch schon eine Weile in einem Koffer unterwegs war, aber sie sah noch halbwegs normal aus. Und doch muß ich für die Europäer aussehen wie ein Penner. Ich hatte noch eine Bundeswehrjacke dabei, die weltweit als Pennerjacke gilt. Hilft nichts. Und vor allem: Macht nichts. Es war überhaupt gar keine Schlechte Idee, sich als Penner zu verkleiden. Dann lassen einen wenigstens die scheiß Bullen in Ruhe.

Alles wurde ins Auto gepackt. Das Zimmer war leer. Ich fuhr an die Tankstelle, machte den Tank wieder randvoll, füllte Öl nach bis zur Maximum-Marke, füllte den Rest des Öls in den Behälter für die Servo-Pumpe. Als der Tank voll war, nahm ich den Zapfhahn und begann damit, im Innenrau Diesel zu verteilen. Da kam einer daher und sah mir bei meinem tun zu, als wäre ich nicht ganz dicht. "Ich bin nicht verrückt, auch wenn es gerade so aussieht", teilte ich ihm mit. Er kam näher. "Was machst Du da?", fragte er. Das ist, damit das Blech nicht so rostet. Öl hilft gegen Rost. Ist zumindest mal meine Theorie." Dann stieg ich ein und fuhr zum Eclipse, wo ich meinen Koffer für den Flug abstellte. Anschließend zu Bryan. Zwar war keine Klingel da, aber der Benz hatte eine Hupe. Das langte vollkommen. Ich stellte das Auto in den Garten, schrieb den Stand des Kilometerzählers ab (758.753), verstaute die Fahrzeugpapiere und den Führerschein sorgfältig. Denr war im Auto am sichersten aufbewahrt. Ich wollte es nicht riskieren, ihn durch irgendeinen dummen Zufall zu verlieren. Dann nahm ich die Decken, die sonst mir als Matzratze dienten, und legte eine über Windschutzscheibe und Motorhaube, die andere über Heckscheibe und Kofferraum. Nur für den Fall, daß es mal hagelt, oder gegen herabfallende Äste oder Dachziegel. Über die Decken kam eine Plane, die wurde so verzurrt, daß der Wind sie nicht verrücken konnte. Bevor ich sie auf der Fahrerseite verzurrte, zog ich die Zivilklamotten an und warf die Tropengarnitur in den Wagen.

Der eingelagerte Benz. Playa del Carmen / Mexiko.
Der Benz war eingelagert.

Von den Bäumen, die ihn umgaben, war keiner schwer genug, großen Schaden anzurichten, wenn er bei einem Karibiksturm umfallen sollte. Ein Kuß auf die Haube, ein leises Servus und ich fuhr mit Bryan zum Eclipse, um mein Gepäck abzuholen, und... "Ich bin so ein fucking Idiot! Kannst Du bitte nochmal umkehren. Ich habe was vergessen!", fragte ich Bryan. Er drehte um. Ich löste eine Seite der Plane, machte die Türe auf, nahm meine Hose zur Hand und holte meinen Paß und die Tickets für Bus und Flugzeug heraus. Dann verschloß ich das Auto und machte die Plane wieder fest. "Oh! Yes, you might be needing that", sagte er und lachte mich fett aus. Ich bin es gewohnt alle wichtigen Papiere bei mir zu haben. Jetzt hatte ich aber so ungewohnte Klamotten ohne Knietaschen an, die einem das Denken nicht abnahmen.

Bryan brachte mich zum Eclipse. Dort nahm ich meinen Koffer und ging damit zum Busbahnhof. Der Bus ging um 17:00 Uhr. Ich war mir überhaupt nicht mehr sicher, was ich hier überhaupt tat. Ich überlegte nochmal gründlich, ob es nicht doch besser wäre, einfach hierzubleiben, statt mich in die Höhle des Löwen zu wagen. Es gab nicht viele Gründe, dort hinzufliegen. Ich brauchte auf jeden Fall einen LapTop, und mein Mädel wollte ich auch mal wieder sehen. Es gab vieles, was gegen die Aktion sprach: Mein Paß war schon seit Jahren als gestohlen gemeldet. Doch nun flog ich nach Italien, nicht in irgendeine lateinamerikanische Bananenrepublik, wo man mit ein paar Dollar vieles regeln kann. Der Grenzübergang war ein Flughafen, keine Barracke, bei der gerade mal Strom da ist für ein paar Stunden am Tag. Besser den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Hier wußte ich, was ich hatte: Nichts und den Benz. In Deutschland hatte ich nichts und nicht mal den Benz. Noch konnte ich einfach umdrehen. Gegen viertel nach Sechs war ich am Flughafen. Ich ging zum Schalter von Lauda-Air und checkte ein und gab das Gepäck auf. Eine halbe Stunde danach, um 19:15 Uhr begab ich mich zum Boarding, obwohl Boarding-Time erst 20:30 Uhr war. Die Zeit bis zum Boarding wollte nicht verstreichen. Sie kam mir endlos vor. "Es gibt übrigens eine gewisse Chance: Die da oben rechnen nicht mit uns..." Ich ging als letzter an Bord des Fluges LA 194. Die Maschine war eine 767-300. Bald darauf ging hinter mir die Türe zu. Um 21:07 Uhr rollte das Flugzeug von der Gangway weg. Nun gab es kein Zurück. An der Entscheidung konnte ich nichts mehr ändern, egal wie sie ausfallen sollte. Ich merkte, wie meine Anspannung langsam verflog. Als das Flugzeug in der Luft war, schlief ich erst mal ein und genoß es, ruhig dasitzen zu können, ohne daß mir die Soße herunterlief. Es war angenehm kühl.

Um 21:22:30 Uhr Ortszeit Cancún hob das Flugzeug ab. Zum Abendessen gab es Ravioli mit zuwenig Brot. Ich bestellte noch nach, aber das schien nicht zu klappen. Kann man wohl für 300 US$ nicht verlangen. Aber jeder hatte einen Bildschirm und da lief Spiderman. Ich hatte schon ewig keinen Film mehr angeschaut. Danach schlief ich wieder ein. Die Zeit wurde umgestellt auf die Ortszeit in Mailand.


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