Südamerikatour 2001
Freitag, 17. August

Leider hatte der Schnee über Nacht bereits zu schmelzen begonnen. Ich hatte mich schon so darauf gefreut, den Benz wieder mal, nach langer Zeit über sein eigentliches Element zu jagen: Schnee und Eis. Wurde leider nichts draus...

Schneeschmelze.

Wie schon vorher beschlossen, sind wir dann noch mal nach La Paz rein gefahren... vorher bot sich uns natürlich noch mal dieser gigantische Blick von oben auf diese megafette Stadt. Schreihals Zu unserer großen Überraschung und Freude fanden wir total schnell ein Parkhaus, das auch noch genau in dem Stadtteil war, den ich mir ansehen wollte. Der Stadtteil war zwar etwas arg Tourimäßig, ist aber dafür bestens für allerlei Souvenireinkäufe geeignet. Und meinen Pulli hab' ich hier auch endlich gekriegt. Etwas abseits von den Tourishops besuchten wir noch den Hexenmarkt, auf dem es wirklich die wildesten Sachen gab, einschließlich getrockneter Lamaföten, die man - wie wir uns erklären ließen - im Fundament eines Hauses einmauert um es vor bösen Geistern zu schützen... "wenn's schee macht!!!"

So, dann die Einkäufe im Auto verstaut und auf dem Markt endlich was essen gehen. Markus entdeckte in einer Markthalle an einem Stand irgendwelches Teigzeugs mit Käse drin und wollte unbedingt an diesem Stand, der auch einige Sitzgelegenheiten bot, bleiben. Mir war's wurscht, also bleiben wir eben. Die Bedienung, eine ca. 25-jährige Bolivianerin war eigentlich ganz drollig, obwohl sie die Tatsache, daß sie kaum mehr Zähne im Mund hatte nicht gerade besonders hübsch machte. Er ließ sich also eine kalte Teigtasche servieren und fragte nach zwei Bissen etwas erstaunt, wo den der Käse geblieben sei. Das hätte er mal besser gelassen, den daraufhin popelte das nette Fräulein mit ihrem Finger mitten in seine Teigtasche, um sich nach kurzer Zeit sehr erfreut darüber zu äußern, den Käse entdeckt zu haben... "Is' OK, Alte, wir glauben's..." Ich habe mir also stattdessen lieber noch ein sehr zu empfehlendes Getränk Namens Api bestellt, das sehr nach Glühwein vom Kristkindlesmarkt schmeckte.

Damit war dann La Paz auch eigentlich abgehakt. Zurück zum Parkhaus und Stadt verlassen... so war zumindest der Plan, nur wie immer war's mal wieder nicht so einfach. Angesichts der Höhe, auf der La Paz liegt, wollte nämlich der gute Benz im Parkhaus mal wieder nicht so wie wir es gerne gehabt hätten. Angesprungen ist er zwar problemlos, doch Schwierigkeiten machten uns bzw. dem Benz aber die Auffahrt ins Parterre - unvorsichtiger Weise hatten wir nämlich im zweiten Untergeschoss geparkt. Also Anlauf nehmen und... der kalte Diesel hat die Auffahrt ins erste Untergeschoss ums sprichwörtliche Verrecken nicht geschafft. Rückwärts wieder runter rollen und... ja, irgendwie schaffte es Besold, den Benz so zwischen die runden Außenmauern der Auffahrt zu rangieren, daß er irgendwann mit der rechten Seite hinten zwischen den Mauern steckte... in diesem Moment wußte ich ehrlich gesagt nicht so recht, ob ich lachen oder weinen sollte und fragte immer nur völlig verdutzt: "Und jetzt?" Besold meinte, daß es keinen Grund zur Panik gäbe, schließlich wird der Zeitpunkt kommen, an dem irgendwer an uns vorbei müsse, da er aus dem Parkhaus fahren will und der müsse uns dann eben helfen, den Benz wieder frei zu kriegen. So lange mußten wir aber zum Glück nicht warten. Es kamen nämlich sofort fünf nette Herren, die im Parkhaus angestellt waren, die uns aus den Mauern befreiten und uns halfen den Benz wieder ins Parterre hoch zu schieben.

Scheiße...

Aus den furchterregenden Klauen des Parkhauses befreit drehten wir noch eine ausgiebige Runde durch das Stadtzentrum, bevor wir uns aus der Hauptstadt Boliviens wieder verabschiedeten. Und weiter ging's in Richtung argentinische Grenze...

Ich regte mich noch eine Runde über die Fahrweise der Bolivianer auf. Zumindest hier in La Paz fahren sie nicht den sonst üblichen lockeren Stil, sondern fahren einfach nur rücksichtslos. Ab und zu muß man dem einen oder anderen Idioten deutlich machen, daß man kein Problem damit hat, ihn zu rammen, weil er sonst den Platz nicht freigibt. Wenn dann auch noch diese harten Berganfahrten auf ca. 3000 Höhenmeter mit einem vollbeladenen 200D hinzukamen, dann mochte man richtig aggressiv werden. Aber es ist atypisch für solche Länder. Aggressiv pflegte ich am Steuer sonst nur in Mitteleuropa zu werden.
Als wir aus La Paz fuhren begann es wieder zu schneien, allerdings nicht mehr so schön, wie am letzten Tag. Und von jetzt ab würde der Schnee immer weniger werden, schließlich traten wir mit dem Verlassen von La Paz die Rückreise an.

Noch einmal die Vororte von La Paz.

Der eine oder andere mag sich fragen, wie diese zwei Trottel es schaffen, so nah an Machu-Pichu vorbeizufahren. Ein Grund war sicher die Gelenkwelle, auch der Faktor Zeit spielte eine maßgebende Rolle, da man ja sieht, daß man nicht mal für einen Tag planen kann, geschweige denn für eine Woche. Wer weiß, was uns auf dem Weg nach Cuszco alles erwartet. Am Ende hängen wir irgendwo in den Anden und das Flugzeug startet ohne Gabi in Sau Paulo. Ich fand das keine Schlechte Idee, Kreditkarte war schließlich vorhanden, aber die Gabi fand das nicht ideal. So fuhren wir halt in Gottes Namen südwärts, erst nach Argentinien und danach Richtung Brasilien.
Man sah die Anden wieder. Auf dem Weg nach Süden, Generalkurs Cochabamba, zog sich das Wetter zu. Bewölkt war es schon seit wir La Paz verlassen hatten, aber dicht neben der Straße berührten die dunkelgrauen Wolken den Boden. Wir kamen allerdings nicht in das zweifelhafte Vergnügen, mitten in ein Andengewitter zu fahren. Ich hatte mal ähnliches erlebt, als ich nach Nordbrasilien fuhr, und ich lege keinen Wert darauf, dies nochmals zu erleben. Jetzt weiß ich ja schon, wie's ist. Auch fehlten hier die ununterbrochenen Blitze, die dem ganzen ein etwas bedrohlicheres Aussehen verleihen. Es blieb neben der Straße, wir blieben darauf und konnten beruhigt U2 hören. Es fing zwar an zu regnen, aber auch das hörte nach kurzer Zeit wieder auf.

In Brasilien hatte mir jeder den Rat gegeben: "Fahr ja nicht nach Bolivien hinein. Wer da hinfährt, der stirbt." Ganz abgesehen von den anderen Schauergeschichten von Drogenkartellen, Bandenkriegen, Aufständen und was nicht noch alles. Ich muß sagen, daß ich mich, egal wo ich in Bolivien war, wesentlich sicherer Gefühlt habe als ich dies in Brasilien je könnte. Liegt vielleicht an meiner Blauäugigkeit, mag sein, aber La Paz ist ein gänzlich anderer Schlag als beispielsweise São Paulo. Die Straßen sind in Ordnung, es sieht alles ordentlich aus, jeder verhält sich normal, im Centrum ist nachts alles beleuchtet, die Parkanlagen sind Parkanlagen und keine Müllhalden. Gleiches gilt auch für das Umland: Die Hauptstraßen bestehen aus Asphalt und nicht aus dessen Resten, wie in Brasilien, die Beschilderung ist für Südamerika relativ gut, die Markierung ist in gutem Zustand...

...die Tankstellen sind nicht in einem ruinösen Zustand...

...es gibt kaum Mautstationen. Bis Potosí genau keine einzige und das, obwohl man auf der Straße nicht schlecht unterwegs ist.
Es gab aber etwas, was doch leicht an Brasilien erinnerte: Wir bekamen nämlich eine Gratiskostprobe bolivianischer Folklore zu sehen. Muß wohl kurz vor Oruro gewesen sein. Die Männer in ihren flachen Strohhüten und ihren weißen Anzügen sehen genau aus, wie die Cariocas der 30er Jahre. Nur spielten die hier keinen Samba - sehr angenehm. Die Straße war schlecht befahrbar, weil darauf so viele Menschen unterwegs waren, aber wir hielten gern, um uns das anzusehen.

Umzug vor Oruro.

Das einzige, was uns etwas störte war, daß wir keine Gewißheit über die vor uns liegende Strecke hatten. Der Asphalt war zwar schön, das ja, aber wie lange würden wir ihn noch genießen können? Laut Karte natürlich bis Sau Paulo, aber leider fuhren wir nicht auf der Karte sondern auf harten Tatsachen. Die Sonne war längst untergegangen, als ich feststellte, daß der Boden um uns recht flach zu sein schien, wie ein Fußballfeld sah er aus, sehr geeignet für ein nettes Plätzchen für die Nacht. Wir verließen die Straße. Dier Untergrung war zwar rauh, aber bestens befahrbar. Wir fuhren so weit wie möglich weg von der Straße. Bald versperrte uns eine Bahntrasse den Weg. "Macht nix". Wir sahen zwar nichts, konnten nicht einordnen, ob das hier ein Acker oder sonstwas war, aber es machte alles einen sehr gediegenen Eindruck. Wir blieben.


Voriger Tag Zum Anfang Nächster Tag

[Hauptseite] [Besolds W123] [Reiseberichte] [Gästebuch]
© by Markus Besold