Südamerikatour 2001
Samstag, 4. August

Des Morgens war dann erstmal wieder Schweinekälte inklusive Nebel angesagt. Mein Bordkoch war allerdings so freundlich mich nicht aus dem Schlafsack zu bemühen, bevor er einen heißen Kaba gezaubert und wir diesen getrunken hatten. Dann: auf nach Mendoza.
Eigentlich schon eine schnuckelige und nette Stadt, in der man im Sommer sicher richtig Spass haben könnte.

Erinnert an die augsburger Bahnhofsstraße - weiß nicht, wieso.

Da es aber immer wieder leicht nieselte und insgesamt doch recht kalt war, beschlossen wir nur die kleine Besichtigungstour durchzuführen, einen Kaffe zu trinken und uns wieder vom Acker zu machen. Ja... und jetzt? Naja, die Anden liegen jetzt quasi vor der Stadttür, aber um sie ganz zu überqueren sind wir eigentlich zu spät dran... "Ah, egal... jetzt fahr' mer halt mal los und schaun, was passiert." OK. Um 15:30 Uhr fuhren wir dann (bereits 900 Meter über NN) zum ersten mal so was wie einen Anstieg.

Bilder vom Andenanstieg bei Nebel:

Die im Reiseführer als phänomenal beschriebene Landschaft konnten wir leider aufgrund des Nebels nicht wirklich sehen... ist aber sicher sehr schön hier. Aber hinter einer der vielen Kurven war plötzlich kein Nebel mehr, nur noch bedeckt! Wenigstens ein bischen Sicht. Und dann wie aus dem sprichwörtlichen Heiteren Himmel: heiterer Himmel! Wahnsinn!!! Eine grandiose Fahrt durch nichtendenwollende Berge und Täler.

Es waren Polizeiposten auf der Strecke und die werden immer mit den aktuellen Informationen über Fahrbahn- und Witterungsverhältnisse versorgt. Es hieß immer "La carretera está linda", die Straße sei zur Zeit wunderschön. Na, bitte, was anderes wollten wir auch gar nicht hören. Wir bekamen einen Zettel, den wir irgendwo weiter vorn wieder abgeben sollten. Kein Problem, ist ja noch Platz im Auto. Man fühlt spätestens hier sich nach Europa zurückversetzt - es funktioniert einfach alles.

Um 16:40 Uhr hatten wir bei 1.700 m.ü.NN die Schneegrenze erreicht - wenn dieser auch nur recht spärlich vorhanden war. Ich jedenfalls konnte mich kaum mehr entscheiden wo ich zuerst hinsehen und was ich aufregender finden sollte.

Bilder vom Andenanstieg ohne Nebel:

Von der "Puente del Inca", das ist eine Schwefelbrücke oder so, sah man absolut nichts, weil sie unter Meterhohem Schnee begraben war. Lediglich den gleichnamigen Skiort sahen wir. Mit allem Drum und dran, war dieser Ort bestückt, Sessellift, skifahrenden Gören, alles sehr heimisch. Schade, daß meine Skier nicht dabeiwaren. Auch Gabi hatte aufgrund ihres Beinbruchs davon abgesehen, ihr Schneebrett mit nach Südamerika mitzunehmen. Nach einem klitzekleinen Halt fuhren wir auch gleich weiter.
Man merkte am Gaspedal immer deutlicher den Sauerstoffmangel. Der ohnehin nicht sehr spritzige Zweiliter-Diesel wurde immer müder, aber es gab keinen extrem steilen Anstieg. Man fuhr gemütlich mit 60, 70 Sachen die Anden hoch. Die Höhenangaben des GPS waren zwar nicht auf den Zentimeter genau, aber fest stand, daß der Daimler noch nie auf einer solchen Höhe arbeiten mußte. Die höchste Messung laut GPS lautete: 3.250 m.ü.NN, doch die Fahrt versprach, uns noch in ganz andere Höhen zu führen. Das muß das Boot abkönnen.
Wir selbst merkten von der Höhe noch gar nichts. Ich habe da sehr viel Gerede in Erinnerung, es würde einem Schlecht in solch einer Höhe, man bekäme Kopfweh usw. Wir merkten, wie gesagt rein gar nichts, weniger als das, kaum einen Druck in den Ohren, auch wenn ich mir fest einredete, daß man da ja nach der Logik was merken muß, wenn das Gehirn mit Sauerstoff unterversorgt ist. Dann kam ich drauf: Ich hatte meines doch in der Schweiz liegen lassen.

Einer der Höhepunkte war aber mit Sicherheit der Aconcagua (mit 6.955m der höchste Berg außerhalb Asiens), Eigentlich sieht der ja gar nicht so hoch aus, wenn man sich allerdings vor Augen führt, daß man sich selbst bereits auf einer Höhe von 3.000 m.ü.NN (also etwa dem Gipfel der Zugspitze) befindet und zum Gipfel dieses Berges dann noch 4.000 Höhenmeter fehlen, bekommt das ganze irgendwie eine andere Dimension. Die unzähligen schneebedeckten Gipfel mit den vom Licht der untergehenden Sonne rot angestrahlten Wolken waren jedenfalls ein einzigartiger Anblick.

Nun war auch der argentinisch-chilenische Grenze, die sich, wie zu erwarten, mitten in den Anden befindet, nicht mehr weit. Und da vor allem ich keinen Bock hatte in den zwar wunderschönen, aber auch verschneiten Anden zu übernachten, beschlossen wir nach Chile weiterzufahren. Man weiß nie, am End kommt da ein Lama daher und spuckt einen an. Warnschilder gab es genug.
Gut... obwohl uns ein freundlicher Polizist in Puente de Vaca, ca. 30 km vor der chilenischen Grenze, darauf hingewiesen hat, daß wir in einem Kaff in ca. 17 km, Orcones oder so, erstmal die Ausreiseformalitäten zu erledigen hätten, verplanten wir es natürlich und standen plötzlich vor der chilenischen Grenze. Also back for good, Ausreiseformalitäten erledigen und back again.

Die argentinische Grenzstation war völlig überdimensioniert, hier hätte man bequem einen Flugzeugträger verstecken können. Hier spürte ich auch zum ersten mal die Höhe. Irgendwie fühlte man sich hier extraleicht. Das hängt sicher mit der Bewegung zusammen, die man leider an einer Grenzstation verrichten muß: Tür aufmachen, zu den Zöllnern laufen, wieder zurück, weil keiner einen Kugelschreiber hat, wieder hin, schreiben, erklären, fragen, zittern, weil es ja kalt ist. Dann legte ich mich noch unter das Auto auf den kalten Asphalt (Jacke liegt immer noch in Augsburg), um die Gelenkwellenmanschette mit Isolierband abzudichten und zu verstärken usw... das Schlaucht einen Sportgegner auf über dreitausend Metern Höhe!!! Aber wenigstens kommt man nicht ins Schwitzen und es gibt keine lästigen Insekten, streunende Hunde und vor allem keine planlosen brasilianischen Zöllner. Man fragte mich nach meinem Passierschein für das Auto. "Haben sie mir nicht gegeben." Die Zöllnerin stutzt. "Achso, das ist ein Argentinisches Auto. Jetzerle...". Ich widersprach: "Nein, ist deutsches Auto." Sie zeigt mir den Zettel, drei Buchstaben, drei Zahlen. Weil die Argentinier immer den Bindestrich weglassen und ihre Kennzeichen auch nur drei Buchstaben und drei Zahlen haben, allerdings weiß auf Schwarz. "Du deutsch, aber Auto argentinisch". "Aber nicht, doch..." sage ich und stelle auf restringierten Code um: "Yo alemán, auto alemán, papel alemán, todo alemán..." Da fiel der Groschen bei der Dame: "Ah! No es Mercosur! Entonce no corresponde. Bueno, no hay problema. Auw Widdersähn!" Na, also, mit Geduld und Spucke geht einiges. Das fehlen des Passierscheins wurde damit erklärt, daß das Auto nicht aus Südamerika sei und alles war bestens in Butter.

Die Anden im Mondenschein.

Um 20:15 Uhr waren wir also aus Argentinien aus-, allerdings noch nicht in Chile eingereist. Aber den argentinischen Sternenhimmel inklusive Mond über den Gipfeln der Anden hätte ich mir auch gerne noch länger angesehen.


Voriger Tag Zum Anfang Nächster Tag

[Hauptseite] [Besolds W123] [Reiseberichte] [Gästebuch]
© by Markus Besold