Afrika 2000
Zweite Etappe
Sonntag, 17. September

Wir machten es uns so gut es ging gemütlich. Die Mücken fielen über uns her und schlafen ging auch nur bedingt, entweder die Mücken nervten mit ihrem leisen "Bzzzzt" - man darf nicht vergessen, daß wir uns hier mitten im Malariagebiet befinden - oder die Leute nervten mit ihrem lauten "Psssst" , jedenfalls machte es nicht unbedingt Spaß und ich hätte mir einen Flammenwerfer gewünscht. Ich mußte an den Schweizer denken. Ich fragte ihn einmal nach der Bahnstrecke Kayes - Bamako und er sagte nur "Das ist schon ein Erlebnis" . Der Zug rollte erst um 4:25 Uhr wieder an. Wir freuten uns, daß wir nun bald die Mücken los werden würden und ich persönlich freute mich darüber, daß diese Nervtypen da draußen damit beschäftigt waren, nicht von der Plattform zu fallen, was ihnen bedauerlicherweise gelang. Aber im Gegensatz zu ihnen hatten wir eine Federung und schaukelten gemütlich mit 35, mal mit 20, mal mit 50 km/h (laut GPS) in Richtung Bamako.
Zweiter Halt
Der Zug war noch keine 4 Stunden unterwegs, da stand er schon wieder für über eine Stunde. Ein Grund war nicht erkennbar.

Wir ließen uns nicht stressen, Frühstüchten, ich schlief danach weiter. So eine Zugfahrt ist zwar schlecht für den Kilometerzähler, aber man kann als Fahrer mehr als sonst die Landschaft beobachten.Die war so, wie man sich die afrikanische Savanne vorstellt, wenn es denn eine Savanne ist, könnte schließlich auch eine Steppe sein, ich kenne den Unterschied nicht. Jedenfalls ziemlich üppige Vegetation, Buschwerk und Flüsse. Keine Straßen, nur Trampelpfade. War nicht langweilig. Es wurde uns schon was geboten.

Zweite Klasse
 

Nur die Lok war ziemlich unruhig. Wenn sie Gas gab oder bremste, dann ging ein Gewaltiger Ruck durch alle Waggons. Wir stiegen auch öfter während der Fahrt aus - immer am Gepäckträger festgeklammert - und unterhielten uns mit den Franzosen oder rauchten eine Cigarette. Einer der Franzosen, der "Chef" der Bande machte gerade seinen Umzug nach Bamako. Die Leute in Mali seien nämlich sehr cool und es würde ihm in Bamako sehr gut gefallen. Senegal sei Dreck. Sehe ich auch so. Der Fahrtwind tat gut, es war nicht übermässig heiß, aber die Luftfeuchtigkeit war hoch. Und ab jetzt würde das immer schlimmer werden, je weiter man nach Süden vordringt.

Rundhüttendorf
Eines der vielen Rundhüttendörfer am Wegesrand.

Und als es doch mal so aussah, als würden wir uns langweilen, kam eine kleine Einlage: Alle Neger auf der Plattform beschlossen gleichzeitig, sich die Zähne zu putzen. Allerdings nicht mit einer Zahnbürste, wie man es kennt, sondern mit einem kurzen Holzstecken. Sieht aus, als würden sie Zuckerrohr kauen. Das sieht man oft, aber nicht im Kollektiv.

Wasserfall
Das einzige, was ich an der Landschaft auszusetzen habe ist, daß sie nicht befahrbar ist. Sonst passt alles.

 

Des Nachmittags zog sich der Himmel zu. Regenzeit. Schwere, dunkelgraue Wolken über uns, ringsum blitzte und donnerte es furchterregend und irgendwann fing es auch erwartungsgemäß an zu Regnen, wie es in der Regenzeit halt üblich ist. Und Regen ist hier nicht Regen, schön geordnet immer alles nach der Reihe, ein Tropfen nach dem anderen, sondern - wie es in der Natur dieses Kontinentes zu liegen scheint - alles auf einmal. Innerhalb von kürzester Zeit war alles durchweicht, was die anhatten. Es schien ihnen aber nicht das geringste auszumachen. Die brüllten und scherzten weiter, als ob die Sonne scheinen würde. Almut reichte ein Handtuch raus - bringt gaar nichts, ist sofort durch und patscherlnaß. Was soll's. Trocknet alles wieder...

Morgentoilette
Kollektives Zähneputzen auf der Plattform. Wir machten das als der Zug stand, weil sonst wegen des Fahrtwindes der Zahnpastaschaum überall dagegenfliegt. Das Problem hatten die hier nicht.

Die Zugfahrt war nicht wirklich so schlimm, wie wir dachten. Der Zug hielt unverhältnismäßig oft und einmal schaffte die Lok den Berg nicht und mußte zurück um Anlauf zu nehmen. Schlimm war das alles nicht, wohl weil wir wieder mal schlimmeres befürchtet hatten.
Es schien jedenfalls nicht so, als würden sie uns abkoppeln, blieb nur noch eine Frage: "Wie, wann und für Wieviel kommen wir in Bamako von dieser Plattform runter." Wir hatten zwar nachgefragt, ob in dem bereits bezahlten Betrag auch das Abladen mit dabei ist und man versicherte uns, daß das Abladen nichts kosten würde, doch wir alle sahen keinen Grund, hier irgendjemandem Glauben zu schenken. Ich suchte schon mal meine Sägeblätter zusammen, falls es uns so gehen sollte, wie den Leuten, die vor uns diese Strecke gefahren sind und die ihre Autos selbst losmachen mußten. Doch noch konnten wir nichts tun.

Die ersten Tropfen
Wir merkten von dem Regen natürlich nicht viel, die dort draußen dafür umso mehr.

In der Nacht wachte ich auf weil ein etwa drei Meter langer Neger den Zug entlanglief und auf Bambara (?) irgendwelche Abgehackten Laute in einer selbst für afrikanische Verhältnisse ungewöhnlichen Lautstärke von sich gab. "a-bata-hutu-tuttu-mongo-ratta" oder so. Dann wurde der freigebliebene Platz zwischen den Autos mit Brennholz aufgefüllt und die Leute nahmen darauf Platz. Ich ging mal raus um dafür zu sorgen, daß die meinem Auto nicht zu nahe kommen, dann nahm ich wieder Platz. Einer von denen schaffte es in seiner unendlichen Blödheit, mir den Stern abzubrechen. Soviel Platz frei und er muß sich ausgerechnet auf meinen Stern setzen, dieser Trglodyt. Natürlich mußte ich ihn daraufhin aufs Wüsteste beschimpfen, darf ich auch, weil bei dem eh nichts zu holen ist, so eine Gelegenheit läßt kein unvernünftiger Mensch sausen: "Geh doch z'rück auf Dein' Baum, Du Brunzkachel, Du *\·×µ±&%, Du scheiß Supp, Du bleede, @¦$&®¨#@$%" Das erwartete Echo blieb aus, da das beschumpfene Objekt von einer erschütternden Blödheit war. Genausogut hätte ich auf einen Hund einbrüllen können, die Reaktion wäre dieselbe gewesen. Schaut mich an, blöd und häßlich wie die Nacht. Hätte ich ihn schlagen wollen, dann hätte ich auf die Augen zielen müssen - was anderes sah man von dieser überflüssigen Erscheinung nicht - oder warten, bis es hell geworden war. So was gehört normalerweise an ein 10 Meter langes Seil gebunden und dann während der Fahrt von der Plattform geworfen. Ansonsten gab es keine Zwischenfälle mehr. Reicht ja auch schon, finde ich

Rundhüttendorf
Durch Steppengräserwogen
Sind wir hindurchgezogen...

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