Afrika 2000
Zweite Etappe
Mittwoch, 13. September

Schon als wir teils von selber, teils wegen des Lärms aufstanden, lungerten vor der Tür an die zehn Neger rum, die nur darauf warteten, daß wir uns zeigten, damit sie uns zubrüllen können. Wir konnten sie im Frühstücksraum abhängen, aber sie wurden von den Fliegen abgelöst. Es half nichts, hier macht alles keinen Spaß. "Ist das Auto zu verkaufen?" - Ich habe in Nouakchott von Almut ein DIN-A4 Blatt mit der Aufschrift versehen lassen: "Nicht zu verkaufen.", auf Deutsch, Englisch, Französisch und Arabisch. Es half nichts, Primaten können nicht lesen, man muß es ihnen sagen, und das mehrmals, weil einmal nicht reicht. Ob wir die Kanister verkaufen wollten oder die Reifen oder ob wir sonst Autoteile hätten. Keiner hatte mehr Bock, auch nur eine Sekunde länger hier zu bleiben. Wir beschlossen loszufahren. Wir nach Dakar, die anderen nach Gambia.

Ich unternahm noch schnell einen erfolglosen Versuch, den LKW-Anlasser, den die Schweizer im Kofferraum des Daimlers vergessen hatten, zu verkaufen. Ich wollte 2.000 FF, der Preis, den Dirk genannt hatte. Haben wollten sie den Anlasser schon, nur zahlen wollten sie nicht. Wir gingen von einem Trottel zum anderen, jeder erklärte, 1000 FF wäre ein guter Preis und ich solle mein Angebot machen. "2000 FF, sagte ich doch schon" - "OK, give me your last price" - "Ich habe keinen Bock auf Euren afrikanischen Zirkus. Entweder 2000 FF oder ich verkaufe das Teil woanders." Dann kommt er hinterher gesprungen, sagt, er hätte nur 1500 FF da, würde aber den Rest holen lassen, macht aber keine Anstalten, das Geld holen zu wollen. Dann halt nicht.

Ich fuhr zum Camping und sagte ihm, er solle da hinkommen, wenn er das Teil haben will, und 2000 FF mitbringen. Auf dem Camping angekommen sahen wir nur noch Maut alleine in der Ecke sitzen. Der 207 war schon unterwegs in Richtung Gambia, die Insassen laut Meldung wohl über alle Maßen genervt. Maut stieg ein und wir zogen los, genau um 13:00 Uhr, den 8.000 Reisekilometer knapp hinter uns. Da brüllt noch einer der Anlasser-Interessenten "Was ist jetzt mit dem Anlasser?" - "Wo sind die 2000 FF?" - "2000zu viel, 1500 good price." Fenster zu und ab. Penner! In Rufisque versuchten wir, die Schweizer zu erreichen, aber ohne Erfolg.

Das nächste Ziel war Dakar. Wenigstens das war ausgeschieldert. Die Straßen waren vergleichbar mit denen im Süden Mauretaniens. Wenigstens waren sie hier vorhanden. Mauretanien gewinnt in den abgelegenen Regionen allerdings, dadurch, daß es aus Wüste besteht. Möchte nicht wissen, wie hier die Befahrbarkeit ist, wenn es im Busch mal ein paar Tage durchgeregnet hat.

Wir fuhren nach Dakar hinein, in diese Stadt, vor der uns jeder gewarnt hat, um ein Internet-Café aufzusuchen. Während ich anderthalb Stunden im Internet-Café saß mußten sich Joe und Almut mit den Leuten rumschlagen. Wenn sie Weiße sehen, zumindest mit ausländischem Kennzeichen, flippen sie aus. Es ging kaum einer normal am geparkten Auto vorbei, entweder schlug er gegen oder brüllte irgendwas in Richtung Auto, versuchte, irgendeinen Schrott zu verkaufen oder machte irgendwelche undeutbaren Gesten, die höchstens darauf schließen ließen, daß der Typ einen an Marmel hat. An die Ssssst-, Psssst- und Ksssst-Schreier haben wir uns bereits gewöhnt, die haben wohl in ihrem Leben sonst nicht viel zu tun. Am meisten nervten mich diese unzähligen Schwachköpfe, die unbedingt das Auto kaufen wollten. Einer, der Schwachsinnsdialoge:
"Wieviel willst Du für das Auto haben?"
"Kannst Du lesen? Da: NE PAS À VENDRE - NICHT ZU VERKAUFEN!"
"Ich kann Dir das Geld hier und jetzt geben."
"Ich will Dein Geld nicht, sondern mein Auto behalten und in Ruhe gelassen werden. Geht das?"
"Jetzt hör mir doch mal zu. Das mit dem Zollstempel ist kein Problem. Wieviel willst Du?"
Ja, red' ich denn mit einer Wand? - "Eine Million US-Dollar. In Bar und sofort. Hast Du sie da?"
"Ich versuche gerade ernsthaft mit Dir zu reden!"
"Und ich versuche gerade, Dir zu erklären, daß ich mein Auto nicht verkaufen will. Was ist daran kompliziert?"
"Mein Onkel hat das gleiche Auto und deshalb... "
"Dann geh da hin und frag ihn, ob er es Dir verkauft und laß mich in Ruhe. Ich verkaufe nicht. Mund zu, abgang... "
"Aber viele Touristen, die hier herkommen, wollen ihre Autos verkaufen."
"Wenn ihr nicht jeden nerven würdet, dann wären ein paar Touristen mehr da, die ihre 123er loswerden wollen. Also Tschüs, Du nervst."

Warum versteht es jeder normale Mensch, wenn man einmal "Nein" sagt, und warum kapieren diese Prototypen hier dieses einfache Wort nicht? Keine Ahnung, ist mir auch egal, denn ich kann sie nicht ändern und sie werden weiternerven bis zum jüngsten Tag.

Nach dem Internet-Café gingen wir zu einem Libanesen auf eine Pizza. Einer dieser Kruscht-Händler verfolgte uns tatsächlich über drei Straßenzüge - wohl bemerkt: er war zu Fuß und wir mit dem Auto unterwegs - um mir ein schweizer Offiziersmesser zu verkaufen, obwohl ich im eines unter die Nase gehalten hatte und ihm erklärte, ich hätte schon eines und bräuchte kein zweites. Kapieren die nicht. Gehen höchstens im Preis runter, wenn überhaupt. Bei 1.500 hätte ich es normalerweise gekauft, aber das habe ich hier mit Absicht unterlassen.

Um 22:10 Uhr verließen wir Dakar, das zumindest an dem Tag, an dem wir dort waren gar nicht so schlimm war, wie viele es geschildert hatten, genauso, wie wir andererseits den Senegal viel schlimmer fanden, als wir es durch die Reiseberichte erwartet hätten. In den Reiseberichten kommt der Senegal meist gut weg, besonders im Vergleich zu Mauretanien, über das, wie schon erwähnt, niemand ein gutes Wort verlor. Zumindest uns gegenüber nicht. Doch von Mauretanien waren wir positiv überrascht, wenn es dort auch keine brauchbaren Straßen gibt, denn gerade diese straßenlose Strecke durch die Sahara werde ich wochenlang nicht vergessen, es war zu schön.

Senegal, hingegen überraschte negativ, obwohl die Landschaft einiges zu bieten hat. Ansonsten ist dieses Land nicht sehr angenehm, offen gestanden ein Dreck! Mauretanien - jederzeit wieder, Marokko auch, ist nichts besonderes, aber auch nicht besonders schlimm. Senegal? Einmal und nie wieder, wenn es nicht im Weg läge. Natürlich... jeder erlebt es anders und es ist nur meine Meinung, vielen gefällt es hier, weiß der Geier, warum. Wahrscheinlich hat es mit der Erwartungshaltung zu tun. Auf einer an Schulzensuren angelehnten Skala von 1 bis 6 bekäme Senegal jedenfalls die Note 7.

Diesmal übernachten wir auf dem noch nicht wiedereröffneten Camping eines Deutschen in Rufisque für umsonst, auch eines der wenigen positiven Erlebnisse, allerdings braucht nicht gesagt zu werden, daß der Campingplatz einem Europäer gehört, der sein Personal im Griff hat, denn die sind sehr nett. Den Anlasser ließen wir da, da der Besitzer die Schweizer kannte.


Voriger Tag Zum Anfang Nächster Tag

[Hauptseite] [Besolds W123] [Reiseberichte] [Gästebuch]
© by Markus Besold