Afrika 2000
Die Überfahrt
Sonntag, den 22. Oktober

Der Allahdienst auf der "Deutschen Welle" hatte für heute einen brillanten Spruch vom Stapel gelassen:
Markus 10,17-27: Reichtum auf Erden ist nicht alles... - vergaß aber, den Rest zu erwähnen, nämlich ohne Reichtum ist alles nichts...
Die Sonne blieb uns treu. In der Messe hing ein Schild, daß heute Nacht alle Schiffsuhren um eine Stunde zurückgestellt werden würden "Tonight the ship's clocks will be retarded by one hour". Weiter stand nichts auf dem Programm. Das könnte ich Jahrelang aushalten. Ausschlafen, solange man will, Essen frei Haus, keine Termine, einen Fernseher mit Video... Das einzige, was bei einer solchen Lebensweise zu kurz kommt ist das Auto, aber wenigstens wußte ich es in der Nähe.
Um 18 Uhr hörten wir die Nachrichten ab. Wir waren gespannt, was sich in Abidjan tut. Heute sind dort Wahlen angesagt und man erwartete eine Bombenstimmung. Doch es gab wohl keine besonderen Vorkommnisse, lag vielleicht auch ein bißchen daran, daß der Korrespondent erst in einer Woche in Abidjan eintreffen sollte, vielleicht hat es aber damit auch gar nichts zu tun, weiß ich nicht. Wie dem auch sei, Demokratie hin oder her, hier muß meiner Ansicht nach einfach wieder eine Kolonialmacht her und dann ist Ruhe. Es wäre besser für alle. Sicher haben die Kolonialmächte in Afrika viel Schaden angerichtet, noch größer aber wurde er für die meisten afrikanischen Staaten, als die Herren diese Länder in die Freiheit entließen und zwar weniger für die Weiße Minderheit als vielmehr für die schwarze Mehrheit.
Danach unterhielten wir uns am Bug über die deutsche Gesellschaft in Abidjan, während die untergehende Sonne alles blutigrot färbte.
Zum Abendessen gab es heute Spagetti mit Pilz-Tomatensoße und Käse. Feine Sache...
Die See rauhte etwas auf, die Wellen trugen kleine Gischtkronen, von einem nordatlantischen Tief waren wir aber nicht nur geographisch betrachtet Welten entfernt. Das Rollen wurde merklich stärker. In der Nacht hatte es den Elephanten aus Grand Bassam, der unseren Schreibtisch zierte umgefotzt. Wir banden ihn am Schrank fest.


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