Afrika 2000
Die Überfahrt
Samstag, den 21. Oktober

Wieder strahlender Sonnenschein am morgen. Das Früstück ließ ich sausen - es gibt ja auch ein Mittagessen und hier muß niemand verhungern. Kurz nach zehn, als ich wieder an Deck stand und eine Marlboro rauchte, sah ich an Steuerbord irgendwelche Teile knapp über der Wasseroberfläche fliegen. Es sah aus wie ein Schwarm silberner Vögel in der Größe von Spatzen, aber was suchen Vögel hieraußen? Ich hielt weiter Ausschau nach diesen seltsamen Viechern. Es waren Fische, aber warum fliegen die? Hier gibt es überhaupt keine Insekten? Ich verstand es nicht. Aber sie hießen von nun an "Fliegende Fische". Ich hörte mal Gerüchte, daß es solche unüberlegten Konstruktionen im Tierreich geben soll. Es sah wirklich elegant aus, wie sie da in aufgelockerter Formation aus den Wellen sprangen, etwa 10 oder 15 m neben dem Schiff herflogen und wieder in den Fluten verschwanden. Wir würden sie auch in den nächsten Tagen oft beobachten können.
Almut hatte sich länger mit dem Chief Officer unterhalten und sich die Dienstgrade erklären lassen. Sie sagte mir später, daß er uns beide eingeladen hatte, einmal nach Myanmar zu kommen, um ihn und seine Familie zu besuchen. Die Einladung wurde natürlich sofort angenommen. Einer von uns muß vorher nur im Lotto gewinnen und / oder eine/n reiche/n Witwe/r heiraten. O glücklich jene, die für ihr Geld nicht arbeiten müssen. Die können sich in das Auto schwingen und nach Herzenslust durch die Welt gondeln. Bei nicht allzu hohen Ansprüchen würde ein kleines Vermögen, das 2000 DM an Zinsen im Monat abwirft vollauf genügen. Einen Streckenplan hätte ich da schon:
Schön langsam nach Feuerland hinunter und dann am Pazifik wieder hoch, durch die USA und Kanada nach Alaska, von dort aus auf ein Schiff und ab nach Asien und diese Landmasse von Osten her aufrollen, China, Mongolei, die Gobi, Indien. Nicht so, wie gewohnt, einfach durchrasen, sondern schön langsam immer weiter nach Westen und wieder nach Afrika oder sonst irgendwohin, wonach es einem gerade ist. Ach!, das wär ein Leben, so wie es mir gefällt. O Du mein St. Pauli, o Du weite Welt... Aber noch müssen wir weiterträumen, wahrscheinlich die nächsten 40 Jahre...
Kurz vor dem Abendessen gingen wir an den Bug. Dort gab es heute einen Sonnenuntergang. Das Rollen war hier stärker zu spüren. Sah man hinunter, dann stellte man fest, daß es mehrere Meter waren, die das Schiff auf und ab machte. Wir blieben bis es dunkel wurde und wollten dann in die Messe zum Abendessen. Auf dem Weg dahin stellten wir bei einem letzten Blick auf die weißschäumende und mächtig rauschende Bugwelle fest, daß darin hunderte von Punkte grünlich leuchteten. Keine Ahnung, was das ist. Man sagte uns, es seien Fische und Metalle. Kann sein, es sah jedenfalls gespenstisch aus.
Almut brachte seit Langem mal wieder die Deutsche Welle rein. Keine besonderen Vorkommnisse in der fernen Heimat. Sie versuchen halt, Leute wie Joseph Fischer oder wen interessant zu machen, aber ich glaube, es gibt keine uninteressanteren Erscheinungen als Politiker. Den einzigen positiven Nebeneffekt, den gerade deutsche Politiker & Co. bewirken sind Sprüche wie:
"Pontu, Bubak, Schleier
Kommen nicht zur Weihnachtsfeier,
Sie liegen brav in ihren Kisten.
Schönen Gruß
    Die Terroristen."


Voriger Tag Zum Anfang Nächster Tag

[Hauptseite] [Besolds W123] [Reiseberichte] [Gästebuch]
© by Markus Besold