Afrika 2000
Die Überfahrt
Montag, den 16. Oktober

Gleich in der Früh fuhren wir mit dem Taxi zu SIVOM. Unsere Letter of Inddemnity war inzwischen eingetroffen. Als Fax. Es waren einige Stellen zum Ausfüllen und wir erkannten, daß wir nicht einfach einen Vordruck unterschreiben konnten, sondern diesen erst einmal neu abtippen mußten. Sam ärgerte das. "Was soll das denn?" Aber bevor er Houston rebellisch macht, schlug ich vor, daß er einfach einen Kaffe trinken soll, während Almut und ich uns ans Abtippen machen. Er willigte sofort ein und stellte einen zweiten Stuhl neben den Computer. Almut diktierte und ich tippte. Hat's die Teile nicht auf Deutsch gegeben? So ein Schwachsinn! Wir machten uns gleich daran, die " Letter of Indemnity " auszufüllen und abzutippen.
Sam war wirklich froh, das nicht machen zu müssen. Und die Bedingungen sind wirklich akzeptabel. Sie wollen nichts blechen müssen, wenn was passiert, und das ist nur verständlich. Nach einigen Malen Durchlesen wurde die LOI ausgefüllt und unterschrieben, unsere Pässe kopiert und angehängt. Die LOI mußte beglaubigt werden und wir handelten heraus, daß das von der deutschen Botschaft und nicht von irgendeinem Kasper gemacht werden sollte. Der Agent fuhr uns hin. Wir kamen an (11:15 Uhr) und wieder wollte mir so ein Watch- und Hampelmann das Taschenmesser abnehmen. "Jetzt hau endlich ab, Du Depp!" Wir gingen rein und warteten und warteten und warteten... Hätten doch vorher die gute Brigitte abholen sollen, dann wäre es ruckzuck gegangen. Irgendwann wurden wir dann doch hineingerufen und alles wurde problemlos beglaubigt. 20 DM. Immer diese Behörden... überall das gleiche. Aber das war nicht schlimm und ich war auch mit niemanden deswegen böse. Ganz anders als damals in Budapest. Das war eine Sauzucht, die schlimmste Auslandsvertretung. Hoffentlich ist die blöde Sau dort an Malaria krepiert - hoppla - ist mir rausgerutscht... Hier in der abidjaner Botschaft waren alle nett, kann man nichts sagen. Auch in Nouakchott waren die Leute ziemlich angenehm.
Da standen wir nun mit beglaubigter LOI, die wir dem Master, also dem Käpt'n geben sollten und fuhren erstmal wieder in die Stadt, in Richtung SIVOM. Doch was sollten wir dort? Man ließ uns auf dem halben Weg raus, weil man dort während der Mittagspause nichts zu wollen hat. Warum sollten wir also mitfahren? Wir baten um einen Anruf, falls heute herauskäme, wann das Schiff einläuft. Wir gingen durch die Rue de Commerce, stellten fest, daß alles zu hatte und nahmen dann ein Taxi zu Brigitte. Wenn man auf ein Taxi zusteuert, dann kommt immer ein Trottel an und zeigt auf ein Taxi. Winkt wie ein Idiot in alle Richtungen. Ich nahm immer absichtlich ein anderes, dann rannte er her und erklärte dem Fahrer, daß ER die Kunden angeschleppt habe. Der Fahrer gab ihm eine Münze. "Almut, Dein Platz ist auf dem Beifahrersitz..." Ich ließ mich "übermüdet und tranig" auf die Rückbank fallen und schlief erstmal.
Als auch aufgeweckt wurde standen wir vor Brigittes Haus. Das Mittagessen wartete. Sie sagte nur kurz 'Hallo' und fuhr gleich ins Institut. Wir aßen und warteten auf unseren Anruf. Ich wühlte in der Privatvideothek eine Titanic-Verfilmung aus den End-80ern oder Anfang90ern hervor. Sozusagen zur Einstimmung. Es war 15:45 Uhr, der Film lief noch keine halbe Stunde, da klingelte es und der Agent meldete das voraussichtliche Einlaufen der "Clipper Ipanema" für 2 Uhr Nachts. Gut. Wir nehmen an, es sei die letzte Nacht an Land und ich wartete immer noch auf meinen Brief.
Um 16:45 Uhr ging es ab zur Post, die macht sonst zu. Wir fuhren mit dem Taxi los. Bei der Post gab es nichts, aber ich unternahm den Versuch, die Post in das Hauptpostamt in Campinas / Brasilien umleiten zu lassen. Klappt wahrscheinlich eh nicht, aber versuchen kostet nichts. Die nette Dame am Schalter, die uns schon kannte, sagte, das sei überhaupt kein Problem und versicherte es nochmals, als ich deutlich ungläubig nochmal nachfragen ließ. Gut, dann schauen wir mal...
Auf dem Weg zum Taxistand noch in verschiedene Stoffläden geschaut. Almut brauchte Stoff und ich brauchte Schlaf, also schlief ich unter dem nächsten Ventilator ein, während sie sich das passende Muster raussuchte. Man fällt hier fast nicht auf, wenn man das macht, denn man kann froh sein, wenn alle Verkäufer wach sind, was nicht heißen soll, daß man dann auch bedient wird. Das einzige, was den einen oder anderen irritieren mochte war die Hautfarbe, denn Weiße sieht man hier nirgendwo in der Öffentlichkeit schlafen.
Danach ab ins Taxi und heim. Abends ging es zu Walter. Wieder sehr nett. Spezi, Wiener Schnipfl, Ruhe und Gemütlichkeit, wieder tat es mir fast ein wenig Leid, daß die Weichen schon alle gestellt waren. Es fing an, mir zu gefallen und wäre das Auto nicht im Container, dann wäre ich wohl trotz aller Horrormeldungen geblieben. Hier hat es mir bisher am besten gefallen, keine Frage. Es stimmte einfach alles. Wenn da nicht das verdammte nicht vorhandene Geld wäre. Ich ärgere mich immer wieder darüber. Irgendwas muß man doch anstellen können, daß man nicht arbeiten braucht. Nur was? Hat jemand eine Idee?
Spät am Abend ging es heim. Die Straßen waren wieder wie leergefegt. Alle hatten Angst. Wieder verbrachte ich die halbe Nacht vor dem Computer. Ein LapTop hätte einiges erspart und ohne LapTop eine Homepage aktuell zu halten ist ein Ding der Unmöglichkeit.


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