Afrika 2000
Das dicke Ende
Montag, 4. Dezember

Um Acht Uhr in der Früh stellte ich mich an die Bushaltestelle, um den Bus nach Santos zu nehmen. Der kam so gegen 9 Uhr mal vorbei, Fahrpläne gibt es keine. Daß hier auch gar nichts funktioniert... Um 10 Uhr stand ich bei der Brasiliense das ist die Agentur, bei der der Agent arbeitet, allein der Name sollte jeden abschrecken. Man muß sich einfach um alles selber kümmern. Ich platzte ins Büro, verlangte, daß er bitteschön umgehend diese Arschbomben beim Zoll anrufen möchte und ihnen mitteilen möchte, daß ich auf dem Weg zum Lager bin um mein Auto aus dem Container zu fahren. Das tat er und Besagte schickten tatsächlich einen Nichtsnutz zum Lager los. Ich ging auch gleich los. An der Pforte wollte man mich erst gar nicht reinlassen, dann nicht ohne Agenten und plötzlich ging es doch. Das liegt daran, daß die ersten zwei Leute, die man an der Leitung oder vor sich hat, ganz sicher inkompetent sind, der dritte vielleicht und der vierte vielleicht nicht. Er gab mir die Erlaubnis - außer mir hatte niemand den Schlüssel - und bat mich, ihm zu folgen. Er sagte, daß er schnell im Computer nachsehen müßte, wo der Container steht, aber ich hatte den richtigen gleich ausgemacht und meinte, das wäre gar nicht nötig, könnte er später immer noch machen. Ob ich mir da sicher sei, die Nummer sagte ich ihm auswendig (250193-7) und er pfiff zwei Leute herbei, die den Container öffneten. Auch eine weitere Gemeinsamkeit mit Afrika: Die Drecksarbeit machen die Neger.
Mein Auto! Ich dachte schon, ich sehe es nie wieder. Es stand noch genau so da, wie ich es auf die Stunde genau 52 Tage zuvor in Abidjan hineingestellt hatte. Es sprang auch sofort wieder an. German Diesel... Ich fuhr es hinter die große Lagerhalle am Hof und bat darum, daß man eine Plane darüberlegen möge. Nun bestand aber der Typ darauf, daß ich den Schlüssel dalassen solle. Ich weigerte mich natürlich zunächst, aber ließ mich dann doch überreden - Fehler. Ich muß mir unbedingt einen Fake zulegen, damit man nicht jedem Dreckskerl den Schlüssel aushändigen muß.
Danach ging es wieder zurück zur Agentur. Auf dem Weg fuhr ein Page der "Brasiliense" vorbei und nahm mich mit. Er war auch ein Nachkomme ehemaliger Sklaven aus Afrika. Wir unterhielten uns kurz, er fragte mich, ob das wahr sei, daß ich geradewegs aus Afrika käme. "Ja, und wenn ich gewußt hätte, was mich hier in diesem selbsternannten Schwellenland erwartete, dann wäre ich auch tunlichst dort geblieben. Mann, sieh zu, daß Du im Land Deiner Vorfahren Fuß fassen kannst." das hätte er sich auch schon überlegt, aber er könnte nur Portugiesisch. "Angola, Mozambik, Guinea-Bissau... alles ist besser als dieser Müll hier. Viel Glück, noch." Ich stieg aus und wir wünschten uns gegenseitig viel Glück. Viel Spaß zu wüschen wäre vielleicht etwas sarkastisch gekommen.
Nun, da das Auto aus dem Container sei, könne man mit dem "Prozeß" beginnen. Es wurden ungefähr 10 Seiten getippt. Was für ein Auto, woher, warum, wieso, ein Blatt eigens dafür, was man unter Mercedes 200D fortan zu verstehen hätte, wenn das im Text auf dem nächsten Zettel vorkommt, die Bill of Lading wurde mehrmals kopiert, anschließend mußte alles beglaubigt werden. Die Bill of Lading mußte in einem nahen Gebäude abgestempelt werden und ein anderer Page saß schon seit geraumer Zeit da und wartete darauf. Ich ging persönlich rüber und fragte ihn, was denn los sei und er meinte, er wüßte es nicht, es dauert halt einfach. Ich ging an den Schalter und zeigte auf meine Bill of Lading, die ganz offen da lag. Mit gebieterischem Ton und aufgesetztem deutschem Akzent fragte ich mal nach, was denn mit diesem Fetzen da wäre, ob der jetzt bald abgestempelt würde oder ob sie mir mal schnell ihren Chef holen könne. Sie fragte mich, wer ich denn sei. "Ich bin ein Idiot, der sich das beschissenste Land ausgesucht hat, um sein Auto hinzuverschiffen und ich hätte gerne meine Bill of Lading, abgestempelt und das möglichst sofort." - Zack! Stempel drauf und "Bittesehr, hier ist sie." Blöde Schlampe, das hättest auch schon vor zwei Stunden machen können. Es war vier Minuten nach 17:00 Uhr, der Zoll hatte natürlich schon zu - ist ja eine Behörde und man möchte sich wundern, daß die nicht Nachtaktiv sind, wie alle anderen Verbrecher halt auch.


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