Libyentour 1999
Montag, 13. September

Während die anderen Geld wechselten, unterhielt ich mich mit einem Libyer, der am Straßenrand stand. Er konnte ein wenig Deutsch und ziemlich gut Englisch. Er erklärte, daß er erst in "Germany-West" gewesen sei, und zwar auf einem Lehrgang für Coaxialkabel bei Siemens. Als ich fragte, wann das gewesen sei, sagte er "1978". Ja, "neulich"... hatten wir schon.

Das Geld zu wechseln, schien keine Probleme gemacht zu haben, denn die zwei kamen mit Einkäufen zurück. Wir ließen es uns in Tripolis gutgehen und fuhren am Abend nach Leptis Magna um dort zu übernachten.

Als wir ankamen, sahen wir zwei deutsche Touristenfahrzeuge, einen Iveco aus MÜ und einen Sprinter aus A (Augsburg), beide offensichtlich expeditionstauglich und einen blauen Opel Combo mit Zollkennzeichen. Der Polizist sagte uns, daß dieses Ehepaar aus der Schweiz wäre. Wir waren uns sicher, daß er das sein mußte, dieser legendäre Schweizer, der sich mit "Pritschencorsa" und 13"-Rädern zum Mathendous vorgekämpft und es auch geschafft hatte, von dem die Fürstenfeldtbrucker mit Land Rover und Tenere erzählt hatten, woraufhin wir diese Strecke auch gefahren waren. Nachdem wir das Nachtlager aufgestellt, die Wäsche gewaschen usw. hatten, mußte ich ihn ansprechen. Jawohl. Er war es. Wäre auch ein großer Zufall, wenn die Beschreibung auf einen anderen Schweizer auch gepaßt hätte. Sie erzählten, daß sie nicht nur am Mathendous und zwar direkt am Mathendous und nicht - wie wir - nur an der 5 km entfernten grauen Tonne, sondern danach noch am Wau an-Namus gewesen seien. Ich weiß, was das heißt, mit dem PKW durch die üble schwarze Hammada am Mathendous mit ihren immensen Brocken bis zum Wadi selbst vorzudringen und diese Strecke mit einer solch geringen Bodenfreiheit zu bewältigen, ist eine Leistung, von der man unumwunden sagen muß, daß es nicht viele gibt, die in ähnlicher Weise ihr Fahrzeug so millimetergenau beherrschen. Klar, man kann einfach drüberbrechen, aber der Corsa sah auch noch aus wie neu. Über die Strecke zum Wau an-Namus kann ich nichts sagen, da ich ja blödheitshalber nicht dort gewesen war. Nun hatte ich einen Grund, mich ein Jahr lang darüber zu ärgern, daß ich nicht weiter versucht hatte, den Pisteneinstieg zu finden. Aber sie bestätigten es, daß mit der Beschreibung im Reiseführer etwas nicht mehr stimmte und der Pisteneinstieg nicht ohne weiteres zu finden sei. Die Auflage ist von 1995 und inzwischen hatte sich einiges geändert. Wir unterhielten uns noch bis tief in die Nacht. Seither weiß ich, wie sich eine Fahranfängerin im Gespräch mit Schumacher fühlen muß.
"In dieser Kunst will ich was profitieren,
Denn heutzutage wirkt das viel."

"It's the man, not the machine..."

Dieser Ausspruch, der Chuck Yeager nachgesagt wird, bestätigte sich auch hier wieder. Wenn jemand mit so einem Straßenauto mit 13"-Reifen, ohne Bodenfreiheit aber dafür mit einem tiefhängenen Frontspoiler, der den Sand nur so vor sich herschiebt, also dem denkbar ungünstigsten Gefährt für Pistenfahrten, bis zum Wadi Mathendous und darüber hinaus auch noch bis zum Wau an-Namus gekommen ist, dann kann man darin nicht die Gnade eines besonderen Glücks sehen, sondern nur das Ergebnis unbedingter Fahrzeugbeherrschung, besten Geländeeinschätzungsvermögens und eines unerschütterlichen Durchhaltewillens. Ein absoluter Meister, was das Autofahren angeht. Zu gerne hätte ich die Gesichter der Einheimischen am Wau an-Namus gesehen, die nach dem Hebel suchten, mit dem man den Allrad zuschaltet - ohne Erfolg. Auch diese Strecke ist also mit einem normalen PKW zu bewältigen, das hat dieser Mann bewiesen.


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