Gammel in Mexiko 2003
Sonntag, 15. Juni

Tere hatte mir vor einigen Tagen gesagt, daß bald die Hochsaison anfinge. Wir hatten eine Menge Zimmer frei. Mehr Zimmer als Schlüssel, weil die Schlüssel, seit Peter weg ist, immer irgendwoanders landen, als da, wo sie hingehören. Ich war gerade damit beschäftigt, Zimmer 9 zu schleifen, da schrie man mir, ich solle kommen. Ich kam hinunter aus meiner Staubwolke, eingestaubt bis auf die Unterwäsche, mit Sonnenbrille und Staubmaske und vor mir standen 11 Schweden und Schwedinnen. Wollten alle einquartiert werden. "Moment, bin gleich wieder da." Ich klopfte gegen meine Kleidung und in der Staubwolke, die dann entstand, verschwand ich, um die Schlüssel und Formulare zusammenzusuchen. Wir handelten einen Preis aus, ich brachte sie unter, versuchte, 10.000 Fragen auf einmal zu beantworten, mir lief der Schweiß in Stömen runter, der Staub wurde zu einer knisternden Hülle und ich mußte mich zur Ruhe zwingen, um nicht sofort eine Schwedin aus ihrem Zimmer zu kicken, mich dort einzuschließen und mich vor die Klima zu legen. Laß laufen, die Soße, ist eh schon scheißegal... Ist eine gute Nervenübung.
Abends wurde wieder mal gewaschen, aber auch nur, weil mich die Neugier plagte, ob mein Zeug im Grunde noch grün ist, oder tatsächlich schon rotbraun. Als ich mich dann zur Ruhe betten wollte kroch mir eine riesige Spinne entgegen. Die kam direkt unter meinem Moskitonetz hervorgekrochen. "Naja, die meisten Kojen werden von zwei Mann benutzt, das heißt, wenn der eine abgelöst wird, legt er sich in den Mief des anderen..." Das Viech sah wirklich furchterregend aus, wäre ich früher gekommen, hätte ich mich möglicherweise zur letzten Ruhe gebettet.

Die Wachablösung...

Der Körper maß etwa fünf Zentimeter, wenn man die Beine dazunahm, war die Spinne größer als meine Hand, die mein werter alter Herr immer als Abortdeckel zu bezeichnen pflegt. Ich kickte das Viech raus aus der Rezeption. Perdo sah das, schrie, ich solle das töten, das sei giftig. "Woher weißt Du das?" "Keine Ahnung, hab sowas noch nie gesehen, aber schau Dir mal die Stachel an..." Die waren in der Tat nicht schlecht. Das Monster kroch dann unter der Wandverkleidung in den Laden. "Haha, jetzt tötet es Dich morgen in der Früh..." Pedro war über den finsteren Gast nicht sehr erfreut. Ich ging zurück und machte die Lichter im Hotel aus. Feierabend für heute. Als ich wieder in den Hauptgang kam, erwischte ich das Viech, wie es gerade wieder in die Rezeption gehen wollte. "So... Du Hund, Du hattest Deine Chance, jetzt heißt es Du oder ich." Der Gedanke, am nächsten Morgen als eine blau angelaufene, im Todeskrampf erstarrte Leiche zu erwachen mißfiel mir etwas. Ich zog das Blasrohr hervor, nahm eine Handvoll Reißnägel, und zwar diese länglichen. Die lassen sich prima verschießen, das hatte ich von meinem Vetter gelernt. Dann eröffnete ich das Feuer. Nachdem ich mich dann eingeschossen hatte, war es um den Bruder auch geschehen...

Abgeschossen...

Das war elegant erledigt, aber vielleicht war er nicht allein gewesen. Man weiß nie. Ich nahm vorsichtig mein ganzes Lager auseinander und untersuchte es nach weiteren dieser Genossen. Es ließ sich kein weiterer finden, also baute ich alles wieder zusammen und legte mich mit einem etwas unguten Gefühl schlafen. Das war nicht der erste den ich sah. Vor ein paar Tagen hatte ich einen im Zimmer fünf gesehen, etwas kleiner als dieser Geselle hier, aber ich ließ ihn am Leben, aus rein wirtschaftlichen Gründen, denn das Zimmer war für eine Woche reserviert und wenn der Gast schon am ersten Abend krepiert, dann kann man das Zimmer erneut vermieten.


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