Samstag, 5. Juli 2003

Irgendwann am späten Morgen gingen wir frühstücken in einem französischen Restaurant. Danach ging es zurück zum Roten Löwen. Ich packte den Rechner aus und fing an, meine Berichte zu tippen. Einen gravierenden Nachteil gibt es in Amerika, denn kein Land ist perfekt: Man darf in öffentlichen Lokalen nicht rauchen - zumindest nicht in Kalifornien. Ich ging als ab und zu hinaus, um mir eine Cigarette anzustecken. Da kommt man sich bald blöd vor, wenn man sich ausschließlich vor die Wirtschaft stellt, um zu rauchen, aber gerade weil das so ist, raucht man weniger. Und bei einer dieser Pausen kommt mir einer entgegen, geschätzt mitte sechzig, der mich mit oberbayerischem Dialekt fragt, ob ich der Augsburger sei. Er stellt sich mit „Servus, bist Du der Augsburger? Ma heert vui vo Dir...“ vor. „Und? Wo schlofst zur Zeit?“ „Naja, am Friedhof hab ich’s probiert, aber den machen die ja in der Nacht zu, also hab ich heut beim Marco übernachtet, vorgestern am Standstreifen vom Highway, das geht schon alles irgendwie, bin nicht sehr anspruchsvoll." Da lacht er, „Oiso, om Friedhof brauchst need schloffer. Ober wenigstens bist need doot...“ Aber er hätte eine Couch, auf der könnte ich es mir gerne bequem machen, so lange, bis der Laden mal läuft und ich was besseres gefunden hätte. Ich nahm das dankend an. Er wohnte gleich neben dem Roten Löwen, eine gute Ausgangsbasis. Wir packten es gemeinsam mit Frank an. Ich fühlte mich wie Schuster Wilhelm Voigt, der da einst sagte: "Det is ja nu 'n Karussell... Keene Arbeet, keene Papiere, keene Papiere, keene Arbeet..." Das trifft den Nagel auf den Kopf, denn so ist es tatsächlich. Wenn ich keine Arbeit habe, bekomme ich keine Papiere, um Papiere zu bekommen, muß ich allerdings eine Arbeit haben. Und irgendwo muß man eben anfangen. Die erste Gelegenheit kam auch bald
Wir gingen zusammen in den Roten Löwen und bald kam ein weiterer Deutscher, der eine Schreinerei hatte. Ich spekulierte darauf, daß hier etwas ginge, aber es schien, als ob das nicht wirklich der Fall sein würde. Wie Frank sagte: "Probieren. Der Erste sagt 'nein , der Zweite sagt 'nein', der Dritte sagt 'nein', der Vierte sagt 'vielleicht', der Fünfte sagt 'vielleicht ja', irgendwann klappt es." Es hilft sehr viel, wenn man diese deutsche Geht-Nicht-Denkart abwirft. In diesem Land geht alles. Wenn ich sage 'alles', dann mein ich auch 'alles'." Die erste Gelegenheit kam auch schon zur Tür hinein. Ein Deutscher, der hier eine Schreinerei hatte. Schon nach einem kurzen Gespräch war klar, was Frank gemeint hatte. Egal, hätte mich ja auch gewundert, wenn es so einfach wäre.
Abends fuhren Hans, Frank und ich zum Essen. Die beiden bestellten sich Essen, ich bestellte mir einen Burger, was sonst? "Wehe, ich muß lesen, daß es in Amerika nichts anderes gibt als Burger." Schreib ich es halt nicht, aber ich fresse nun mal lieber Burger, da braucht man kein Besteck nicht.

In Franks 300D.

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