Panamericana-Tour 2002
Donnerstag, 12. September

Zunächst, wie üblich, verpennt. Wie sollte es auch anders sein? Ich wußte doch, die Woche würde anstrengend werden. Dabei hatte ich mir sogar die Mühe gespart, noch die Wäsche zu waschen. Die ist sowieso wieder durchweicht, sobald ich am Hafen ankomme. Das Grün der Uniform sah in der Früh aus, als wäre es vom Reif überzogen. Schön wäre das schon, aber es war leider nur Salz. Wurscht. Schnell angezogen und los zum Hafen. Es war schon Neun. Taxis sind einfach zu finden - ich legte Wert auf ein Taxi mit Klima, also dauerte es eine Weile, bis ich endlich auf dem Weg war. "Zum Hafen, bitte. Nicht ganz so schnell, Klimaanlage auf äußerste Kraft, bitteschön!", sagte ich zum Fahrer. Dann saß ich da, alle Lüftungen auf mich gerichtet und die Ärmel so davor, daß eine optimale Kaltluftzirkulation stattfinden konnte. Sehr schön.

Am Hafen angekommen fragte ich nach einem Permiso zum Betreten des Geländes. Klar war das ein großes Problem, und da wird sich wohl kaum etwas machen lassen. "Sehr schwierig, wissen Sie..?" "Nein. Ich fürchte, überhaupt nicht schwierig, denn mein Auto wird durchsucht, und ich bin dazu verpflichtet, dabeizusein. Möchten Sie mir bitte einen Offiziellen herholen, damit er das bestätigen kann?", fragte ich ihn höflich, aber bestimmt. "Ach, so! Sie haben Fracht im Hafen? Welche Firma?" Ich sagte einfach Evergreen, wobei aus seiner Frage jetzt nicht eindutig hervorging, ob er meinte, im Auftrag welcher Firma, oder bei welcher Firma." War ja auch egal, ich wollte ja nur den verdammten Permiso. Wieso muß immer alles mit Theater verbunden sein? Ich kriege ihn ja am Ende doch, warum tut er ihn also nicht einfach gleich her? Ich gab ihm auch gleich die Containernummer durch, die ich von der Kamera ablas. Während er sein Zeug machte, schrieb ich in das KTB. Heute würden wohl ein paar Seiten herhalten müssen.

Er druckte den Permiso aus, tat ihn in eine transparente Plastikhülle und übergab ihn mir. Ich heftete ihn an die linke Brusttasche und zog im Laufschritt los in Richtung Hafeneingang. Am Drehkreuz stand ein weiterer Wichtigmacher und verwehrte mir den Zutritt. "Was ist das jetzt für eine Scheiße schon wieder?", fuhr ich ihn an, schon deutlich gereizter als beim ersten. Er sah mich etwas überrascht an. "Na, was ist? Hier der Dreckspermiso, ich darf - nein: Ich muß da rein", erklärte ich ihm den Sachverhalt. "Aber nicht ohne Helm. Da kann doch was passieren", sagte er. Meine Güte, gerade so, als wären wir hier in der Schweiz. "Stimmt! Danke! Wenn mir ein Container auf den Schädel fällt, dann bin ich ohne Helm ja Mausetot. Also, wo kriege ich einen Helm? Schnell!" "Im Büro vorne", meinte er. "Arsch!", sagte ich - auf Deutsch, natürlich, und rannte zurück zum Büro. "Und lassen Sie sich auch gleich noch eine Warnweste geben." Logisch! Ist ja nicht warm genug. Mittlerweile war ich schon wieder bis auf die Knochen naß. Ich stürmte in das Büro, in dem ich den Permiso erhalten hatte und fragte nach Halm und Harnisch, aber bevor ich überhaupt den Satz zu ende hatte, deutete der Typ schon mit dem Kugelschreiber auf eine Art Garderobe, an der Westen und Helme hingen und die die Aufschrift "Besucher" trug. "Ich wollte es ihnen noch sagen, aber Sie waren so schnell weg, da hatte ich keine Chance. Ich wußte, Sie würden wiederkommen...", sagte er. Das hat man davon. Vor lauter Eile komme ich jetzt noch später an. Man darf es einfach nie eilig haben, dann klappt alles viel besser und man schont auch noch seine Nerven - und besonders wichtig in der Karibik: Man schwitzt nicht gar so, wenn man mit etwas mehr Ruhe an die Sache herangeht...

Diesmal durfte ich ohne weiteres passieren. Ich fragte mich durch und kam schließlich war ich angekommen. Mittlerweile war es 10:45 Uhr geworden. Als ich am Container ankam war schon alles herausgenommen. Als Einziges stand noch der Benz im Container. Und ich, der Schlüsselträger, konnte nicht früher erscheinen, weil ich so dringend verschlafen mußte, also mußten die Herren auf mich warten. Alles wartet auf den Besold - nichts Neues...

Es war ein Zöllner, ein Mann von vielleicht 45 Jahren, der einen sehr ruhigen, fast schon resignierten Eindruck machte, und zwei Helfer im Drillichzeug. Ihm schien alles egal zu sein. Er meinte, sie würden das Auto gründlich durchsuchen, und daß sie von mir erwarten, daß ich sie unterstütze. Wir waren uns einig. Wir - also sie und ich - wollten den ganzen sinnlosen Krampf möglichst bald hinter uns bringen. Da ich mich mit dem Auto auskenne, sollten sie mir einfach sagen, was sie genau durchsuchen wollen, und ich zerlege ihnen das entsprechende Teil, das spart uns allen Zeit. Und schließlich wissen sowohl sie, als auch ich, daß sie in diesem Auto nichts finden werden, denn das, was sie suchen, ist in einem ganz anderen Container, bei dem von vorgesetzter Stelle dafür gesorgt wird, daß er nicht durchsucht wird. Und sie machten auch gar keinen Hehl daraus. Sie wußten auch, daß das hier vollkommen sinnlos war. Um 11:00 Uhr ging die Durchsuchung des Autos los.

Autodurchsuchung
Die Durchsuchung des Autos.

Er hatte angekündigt, daß die Durchsuchung "gründlich" werden würde, und ich dachte sie würden halt ein paar Sachen anschauen und es dann gutseinlassen. Ich hatte mich geirrt. Das Auto wurde komplett ausgeräumt und alles wurde durchsucht. Als er mich darum bat, die Türverkleidungen abzunehmen, wurde mir doch etwas mulmig zumute. Der fängt doch jetzt nicht tatsächlich an, das Auto zu zerlegen. Ich nahm die Türverkleidung hinten links mit ein paar Handgriffen ab, machte mich dann daan, die nächste abzunehmen, aber er meinte, daß eine reichen würde. Ob ich danach bitte die Fußraumverkleidung abnehmen möchte. Fuck! Nein, alles, bloß das nicht! "Kein Problem. Was ist mit den Kanistern? Soll ich die auch abnehmen?" "Nein, die können auf dem Dach bleiben. Bloß die Fußraumverkleidung und die Rückbank noch, bitte." Ich stürzte mich auf die Rückbank und begann diese auseinanderzunehmen. Mir lief das Wasser nur so herunter, und das lag nicht nur an der Hitze. Ich hatte nicht die Befürchtung den Rest meiner Tage in einem kolumbianischen Gefängnis zu verbringen, allerdings würde die Geschichte doch etwas unangenehm werden, wenn die die Knarre finden... Gegebenenfalls mußte ich mir eine gute Geschichte einfallen lassen. Ich hatte ein wenig Bargeld dabei. Aber das würde nicht reichen. "Hier, der Herr, die Rückbank..." Ich machte mich an die Fußverkleidung, ohne mich noch ein drittes Mal dazu auffordern zu lassen. Bloß nicht seine Aufmerksamkeit hierauf richten, sonst schaut er ganz genau. Ich schraubte umständlich die drei Schrauben weg, in der Hoffnung, daß sie das Interesse verlieren würden, aber bald schon stand einer neben mir, der mit der Durchsuchung des Fußraums beauftragt war. Ich nahm die Verkleidung ab, langte in eine Dreckschicht, die sich da im Laufe der Jahre angesammelt hatte und verließ das Auto mit einem lauten "Bäh!", einem haufen Schmiere in der linken, die Verkleidung in der rechten Hand. Er kniete sich neben das Auto und sah in den Fußraum. Wenn er genau schaut, dann muß er den braunen Knauf der 38er sehen... Aber er schaute nicht genau genug. Mit einer schwarzen Hand kam auch er wieder hervorgekrabbelt. Entweder er hatte nichts gesehen, oder er tat zumindest so. Ich war mittlerweile wieder mit dem Leiter dieser sinnlosen Operation im Gespräch. Der Helfer gab ihm ein Zeichen, und er meinte dann, ich könnte alles wieder einpacken. Ich nutzte die Gelegenheit, alles neu einzuordnen - oft hat man dazu nicht Gelegenheit in Südamerika.

Um 12:35 Uhr stand das Auto wieder frisch gepackt im Container. Und ich war fix und fertig. Ich wäre gern eine halbe Stunde im Auto sitzengeblieben, und hätte mich von der Klima wiederherstellen lassen, aber bei der war ja der Schlauch geplatzt... Ich brauchte etwas zu trinken.

Irgendwo fand ich einen Cola-Automaten und kippte eine Flasche Pepsi hinunter. Meinem kaputten Zahn war das den Schmerzen nach zu urteilen nicht sehr angenehm. Ich ließ mich auf die Bank nieder, die neben dem Automaten stand und fluchte vor mich hin, während ich mir die Backe hielt. "Fuck!" Ich ging wieder langsam zurück und sah zu, wie sie den rest der Containerladung durchsuchten. Ich bat den Chef, daß er doch bitte möglichst erst die Kisten durchsuchen lassen mochte, die ich um und auf das Auto zurückstellen würde, damit ich mich vom Acker machen kann. Er tat dies. "Das kolumbianische Klima bekommt Dir wohl nicht ganz, mein Freund?" Nein, gar nicht. Zumindest nicht an der Karibik. In den Anden sah es anders aus. Bald waren die Kisten wieder da wo sie hingehörten, das Auto wieder gesichert und ich konnte weiter. Ich war hier noch lange nicht fertig.

Wieder alles verpackt
Da stand er wieder, verzurrt und vernagelt und von Kisten umgeben, bereit zur Verschiffung.

Nun war zwar die eigentliche Aufgabe erledigt, doch Teil zwei der Mission fing eben erst an. Ich hatte einen Permiso und war im Hafen. Nochmal würde ich das nicht schaffen, also galt es nun, ein Schiff zu finden, das uns über den Darién brachte. Und hier gab es einige Schiffe. Zwar galt mein Permiso nur für diesen Sektor des Hafens, aber das war mir egal. Mehr als rausschmeißen konnten sie mich nicht. So ging ich los. Zunächst zum Büro von Evergreen.

Es dauerte eine Weile, bis ich das fand. Ich klingelte - keine Antwort. Aber da stand Evergreen, also mußte es hier sein. Ich versuchte, die Tür zu öffnen. Mit einem lauten "Klack" sprang sie auf. Der Türöffner war wohl auch nicht mehr der neueste. Ich stand in einer Empfangshalle, aber es herrschte Totenstille... Drei Türen sah ich und beschloß nachzusehen, was sich dahinter verbarg. Zwei waren zu, eine ging auf. Drei Mitarbeiterinnen lagen auf den zusammengestellten Couchen und schliefen.

Mittagspause
Mittagspause bei Evergreen ...

Bei diesem unerwarteten Anblick fielen mir spontan einige Aktivitäten ein, die sicher mit mehr Spaß verbunden waren, als die, der ich gerade nachging, nämlich bei sengender Hitze und 150% Luftfeuchtigkeit nach einem passenden Schiff zu suchen... Am liebsten hätte ich mich einfach dazugelegt, aber ich bin mir sicher, daß die Damen bei meinem Anblick dann schreiend davongerannt wären.

Dann schlaft mal weiter, Mädels. Ich ging derweil zu den Schiffen... Als erstes stand da die Cielo di Cile. Sie wurde gerade beladen. Ich ging hinauf und sah auf die Uhr: 13:20 Uhr. Keiner da. Ich blieb an Deck stehen, bis sich jemand zeigte. Es war ein Offizier. Ich sprach ihn auf Englisch an, aber er antwortete gleich auf Deutsch. Muß wohl an meinem starken Akzent gelegen haben. Ich fragte ihn, wo denn die Fahrt hingeht. Chile. Aber ohne Halt in Zentralamerika... Da war ich also wieder mal auf dem falschen Dampfer... So ein Blödsinn. Also ab zum nächsten. Wieder nichts. Das gibt's doch nicht! Um 13:45 Uhr stand ich an Deck der Cielo di San Francisco. Sowohl der Kapitän als auch der Chief Officer waren aus Deutschland - nur leider nicht anwesend. Und der indische Maat konnte mir nicht weiterhelfen. Das kann nur mit dem Kapitän geklärt werden, er hätte keine Befugnisse. Und wann die beiden wieder kamen, das konnte er mir nicht sagen. Kann sein in zehn Minuten, kann sein in zehn Stunden...

Cielo di San Francisco
Cielo di San Francisco...

Um Viertel nach Zwei ging ich wieder zur Administración. Mittlerweile dürfte die Siesta vorbeisein. Die Dornröschen saßen tatsächlich wieder brav am Schreibtisch und gingen ihrer Arbeit nach. Ich fragte nach dem Zuständigen. Der war noch in der Mittagspause. Also fragte ich nach, wie ich feststellen konnte, mit welchem Schiff mein Container verfrachtet wird, wo es liegt und ob ich mit dem Kapitän sprechen kann. Das wußten sie aber nicht. Da stand ich nun, ich armer Tor, und war so klug als wie zuvor...

Es half nichts, ich ging wieder hinaus und suchte weiter nach Schiffen. Dabei versuchte ich immer all denen aus dem Weg zu gehen, die offiziell aussahen. Immerhin hatte ich meinen cheffigen Helm auf, dazu die Weste, an deren unterseite ein wichtig aussehendes Papier baumelte. Man fragte mich auch nicht, was ich hier zu suchen hatte, ich hatte meinen Sektor lange schon verlassen. Auf dem Weg zu einem weit entfernten Schiff kam mir ein Mopped entgegen, erst fuhr es an mir vorbei, dann hörte ich, wie es umdrehte und auf mich zufuhr. Es hielt neben mir. Der Typ fragte mich, ob ich einen Permiso hätte, mich hier aufzuhalten. "Ja, klar! Hier!" Er sah es sich genau an, stellte dann fest, daß ich hier gar nichts zu suchen hätte. "Oh... Sorry... Wußte ich nicht", entgegnete ich ganz unschuldig. Was ich den überhaupt vorhätte. "Nun, ich muß bei der Zollinspektion zugegensein, wenn man meine Fracht durchsucht. Deshalb bin ich ja überhaupt hier im Hafen." Aus dem Permiso ging nicht hervor, wann die Inspektion sein würde, also konnte er nicht wissen, daß sie schon war. Und wenn er es doch herausfinden sollte, kann ich immer noch sagen, daß ich dachte, da käme noch was... Um Ausreden war ich nie verlegen und einen richtig dummen Eindruck zu machen fiel mir noch nie schwer, so daß sich die meisten dann nur denken "Der Bub ist halt dumm", den Kopf schütteln und von weiteren Maßnahmen absehen. Funktioniert gerade in Südamerika meistens...
"Na gut, aber hier darfst Du nicht sein. Spring auf, ich fahre Dich in Deinen Sektor zurück", sagte er. Ich setzte mich auf das Mopped und er fuhr mich zurück.

Und wieder bei Null anfangen...
Der Weg war umsonst...

"Wenn Du waren mußt, da vorne ist das Casino. Da kannst Du Dich hinsetzen", erklärte er, und fuhr mich dort hin. Ich bedankte mich, setzte mich auf eine Bank und wartete dort, bis ich ihn aus den Augen verloren hatte. So in Blödsinn, jetzt muß ich den ganzen Weg zurücklaufen. Aber wenigstens hatte er mich nicht rausgeschmissen. In der Vorhalle des Kasinos, das mehr einem Restaurant glich, entdeckte ich einen Münzfernsprecher samt Telephonbuch. Dort suchte ich die Nummer von der Evergreen-Niederlassung in Cartagena und rief dort an. Ich schilderte mein Problem und bat darum, mit mitzuteilen, wie ich mich mit dem Kapitän des Schiffes in Verbindung setzen konnte. Dummerweise war mir der Name des Schiffes entfallen. Zwar hatte ich ihn mir aufgeschrieben, aber ich wußte nicht mehr wo. So ein Dreck aber auch, wenn man nur ein Spatzenhirn hat! Aber es mußte doch festzustellen sein, auf welches Schiff der Container kommt. Ein Anruf bei ECL reichte, und man sagte mir den Namen des Schiffes: Es handelte sich um die "Green Modest". Läuft morgen aus.

Ich ging nach einer Weile wieder los zum Büro von Evergreen. Etwa um 16:00 Uhr war ich dann endlich da. Der Zuständige war auch da. Er hieß Villalba, war über fünfzig, klein und dick. Ich trug ihm mein Anliegen vor. Er meinte, es sei nicht möglich. Das Auto sei kein Problem, aber Passagiere würden nicht mitgenommen. Ich betonte nochmal, daß ich durchaus bereit bin, dafür zu bezahlen, und daß es sehr wohl möglich sei, denn ich selbst hätte das bereits gemacht. Ich hätte auch, so sagte ich ihm, mit Evergreen Kolumbien telephoniert und die meinten, das müsse ich mit dem Kapitän ausmachen. Ich bräuchte nur auf das Schiff. Aber er blieb dabei und sagte: "Also. Ich bin Evergreen Kolumbien und ich sage es geht nicht. Fertig." Arschgesicht! "Na gut, wenn das so ist, dann suche ich mir eben ein anderes Schiff, das mich mitnimmt. Wiedersehen..." Ich ging hinaus. Nun galt es festzustellen, wo und vor allem wann die "Green Modest" hier anlegt. Den Deppen da drinnen brauchte ich nicht fragen, also ging ich zurück zur Administración. Dort war ein Typ, der einen recht kompetenten Eindruck machte. Er sah auch für einen Einheimischen viel zu hellhäutig aus, aber das störte nicht. Im Gegenteil. Ich sagte ihm, daß ich auf die "Green Modest" wollte, und ob er mir sagen kann, wo die liegt. Erst fragte er mich, ob ich auf dem Schiff arbeitete. "Nein, ich muß nur zum Kapitän sprechen". Nicht, daß er am Ende noch meine Marschpapiere sehen will... Er telephonierte ein paar mal durch die Gegend, nannte mir dann zwei Piere, an denen sie anlegen würde. Sie war also noch nicht da. Verdammt! "Wann läuft sie denn ein?", wollte ich wissen. Vermutlich morgen am späten Vormittag oder am frühen Nachmittag. Ich bedankte mich und ging wieder hinaus.

Es war 17:00 Uhr. Reichlich spät für Telephonate, aber ich versuchte doch noch, irgendwas zu erreichen. Es gelang mir nicht. Mittlerweile war es fast dunkel geworden. Ich drehte die Weste, so daß die reflektierenden Streifen nach innen schauten. So fiel ich nicht gleich auf wie ein Weihnachtsbaum im Niemandsland. Immer den Schein der Flutlichter meindend, zwischen Containern, Kränen, Fahrzeugen und sonstigem Material, das Deckung bot, schlich ich mich von einem Schiff auf das nächste. Warten, bis es ruhig ist, dann hin und hoch die Treppe. Ich hatte einfach kein Glück. Es war aussichtslos, und mit jeder Stunde, die voranschritt, schwand die Hoffnung. Sah so aus, als müßten wir doch fliegen. Ich glaube es nicht! In Afrika klappt es, hier soll es mit vollem Einsatz doch danebengehen? Das kann doch gar nicht sein! So viele Pötte, da wird uns doch einer mitnehmen können. Die meisten Offiziere waren tatsächlich Deutsche. Und die denken ja nur mit Vorschriften, nicht mit dem Hirn. Verflucht!

Ich probierte solange es ging, eine Schiffspassage zu organisieren. Und 20:00 Uhr gab ich schließlich auf. Da war einfach nichts zu machen... Zumal die Amis ihre Finger im Spiel zu haben scheinen, was diesen Hafen angeht. Hier haut es nicht hin, wenn man der Wache eine Cola spendiert, damit er ein Auge zudrückt.

Glauben wollte ich es dennoch nicht. Welch ein Schwachsinn! Nun war die letzte Chance vorbei, mit einem der großen Pötte mitzufahren. Ein weiteres Mal würde ich nicht in diesen Hafen gelangen. Nun mußte ich es bei den Nußschalen probieren. Und wenn da nichts geht, dann mit dem Flugzeug.
Geschlagen machte ich mich auf den Heimweg. Es half nichts. Hier war nichts mehr auszurichten...

Kaputt
35 Grad, 100% Luftfeuchtigkeit. Bis auf den Kragen alles naß. Reserven: Keine.

Im Viena angekommen machte ich mir gar nicht erst die Mühe, ins Internet zu gehen. Da hätte ich herausfinden müssen, was Gabi macht, wie wahrscheinlich es war, daß sie mich dabei erwischt, und das war mir zuviel Streß. Ich ging aufs Zimmer, warf meine durchweichten Klamotten ins Eck, ging in die Dusche und legte mich dann schlafen. Die Klamotten sorgen für eine Geruchskulisse, die zu lautstarkem Protest führte, als Gabi das Zimmer betrat. Also nochmal raus aus den Federn und die ganze Montur in die Maschine werfen, dann wieder wortlos ins Bett. Das Auto war nun praktisch auf dem Weg nach Panama. Nun mußten wir auf den Weg gebracht werden, möglichst ohne Luftwege zu benutzen... Bevor ich anfangen konnte, mir Gedanken darüber zu machen, wie ich das anstellen sollte, war ich schon im Tiefschlaf...


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