Südamerikatour 2001
Mittwoch, 22. August

Am Morgen war ich von noch mehr Rindviechern umgeben.

Umgeben ist vielleicht etwas übertrieben, denn zwischen uns und ihnen war ein Zaun und ein Tümpel, aber der Gabi behagte die Sache nicht. Klar, mit Rindern ist nicht zu spaßen, aber ich denke, solange wir ihnen nichts tun, tun sie uns auch nichts. Gleich danach kam auch ihr Herr dazu und ich unterhielt mich mit ihm. In Paraguay sollten wir aufpassen, aber im großen und ganzen sei es dort schon "tranquillo". Hört man doch gern.

Wir setzten unsere Fahrt also fort. Wieder auf Asphalt durch brennende Felder und Pferdekadaver, die von Geiern zerfetzt wurden. Auf der Strecke wurden wir einmal von der Polizei angehalten und er interessierte sich weniger für den Papierkram als vielmehr für das wohin und woher. Und wieder eine Lobeshymne für old Germany. "Also, ich weiß nicht, ich bin froh, daß ich in Argentinien bin und nicht in Deutschland sein muß..." Als er mich fragte, welche Länder mir bisher am besten gefallen hätten in Südamerika, sagte ich "Chile und Argentinien", da grinste er über das ganze Gesicht. Ob ich das jetzt nur sagen würde, weil er Argentinier sei? "Nein, ganz ehrlich. Argentinien ist eines meiner Lieblingsländer, es hat nur den gewaltigen Nachteil, daß alles sehr, sehr teuer ist." Da mußte er mir zustimmen und meinte, daß das Land gerade schwere Zeiten durchmache und alles darauf hindeute, daß die Talsohle noch nicht erreicht ist. Es ist häßlich, aber er hat Recht, hier sieht es ganz mies aus, zur Zeit. Das hat Argentinien nicht verdient.
Wieder wurde die Zeit umgestellt. Es wurde langsam zur Gewohnheit. Um 19:00 Uhr hatten wir die paraguayische Grenze erreicht. Ausreise Argentinien problemlos.

Der mächt'gen Geier Fraß...

Wir hatten uns nämlich dazu entschieden aus gelenkwellentechnischen Gründen den aller, aller kürzesten Weg einzuschlagen und der wäre nun mal durch Paraguay durch gegangen. "Wäre" heißt, daß wir letztlich doch anders gefahren sind und so kam's: Wir sind ohne weitere Probleme aus Argentiniern ausgereist und kommen an die paraguayanische Grenze. Es ist schon ein Hammer wie bereits da alles wieder assiger wird. Plötzlich mußt Du dich wieder mit 150 Kindern rum streiten, die dein Auto waschen wollen, was du aber nicht willst. Du mußt ständig jemandem erklären, daß du weder ein Eis, noch ein Getränk und auch keine Süßigkeiten kaufen willst und daß Du außerdem den gut ausgeschilderten Weg zur Einreisebehörde selbst findest. Egal, jedenfalls war die erste Ansage der lustigen Zollmenschen: "Die Fahrzeugpapiere sind gefälscht. Sie dürfen so nicht einreisen." Jo, schpinnsch Du, Du Depp?

Grenzbeamte darf man nicht photographieren, aber ihre Kollegen hier hatten nichts dagegen. Sind auch die von der angenehmeren Sorte, denn die belästigen nur die Toten.

"Wieso sind die gefälscht?" "Ganz klar", meinte er, "die sind mit der Hand geschrieben, das kann jeder ausstellen, das kann ich auch machen". Sowas... "Dann mach's halt...", sagte ich zu ihm. Ich solle erstmal anständige Papiere anbringen. "Guter Mann, das hier ist von der Straßenverkehrsbehörde in Augsburg / Alemania ausgestellt. Wenn in Paraguay alles gefälscht ist, dafür kann ich nun wirklich nichts. Außerdem wird dieses Teil erst zum Dokument, wenn ich im Land bin, wenn die Daten des Fahrzeugs mit den Daten auf dem Papier hier übereinstimmen, wo ist das Problem?" Das konnte er mir schon sagen: "Das Problem ist, daß die Papiere gefälscht sind." Herr, schmeiß Hirn vom Himmel - als ob in Paraguay nicht alle Autos gestohlen wären... "Das Auto ist auch gefälscht, wollen sie nicht nachsehen? Ich kann ihnen aber auch gerne den nationalen Fahrzeugschein zeigen. Da steht auch nichts anderes drin, nur halt auf Deutsch, aber ich übersetze es ihnen gern." Ich ging zum Auto und holte die deutschen Fahrzeugpapiere, die ich ein Jahr und einen Tag lang nicht gebraucht hatte. Aber nein... in Paraguay scheinen die Uhren anders zu laufen. Ich zeigte ihm den Schein. "Ah, ja", ließ er sich vernehmen, "schon viel besser. Der ist echt. Der ist maschinell erstellt." Ich dachte für mich: "Der ist genauso echt wie der andere, Du Riesenhirsch..."

Das Problem schien erledigt. Er sagte, er würde nun ein Zollpapier für das Auto ausstellen. Das kostet 20 US$. "Wie bitte?" Er wiederholte alles langsam, damit ich es auch versteh, aber ich hatte mich nicht verhört. Es sei 20:15 Uhr und ab 20:00 Uhr ist dieses Papier kostenpflichtig. Ich sagte ihm dann, daß er das nicht ausstellen bräuchte, denn es sei ein Mercedes und er fährt auch ohne Papier. Das ginge nicht, das Papier bräuchte ich unbedingt. Ich hieß ihn einen Moment warten und ging zum Auto, um der Gabi das zu berichten, schließlich ist sie für das Geld zuständig. Und sie lehnte kategorisch ab. Hätte ich auch gemacht.

Tankstelle (wirklich).

Ich ging also zurück und fragte, ob ich mir das Papier auch selber ausstellen könne. Natürlich nicht, das wußte ich von vornherein. Es geht ja nicht um das blöde Papier, sondern um die Kohle, also bat ich darum, mir meine Papiere auszuhändigen. "Wieso?" "Weil ich wieder nach Argentinien fahre." Er sah mich an, als hätte ich ihn persönlich beschimpft und fragte mich, wo ich denn eigentlich hinwolle. "Nach San Pablo / Brasilien." "Aber da ist es doch viel kürzer über Paraguay zu fahren, in Argentinien sind es mindestens 400 km Umweg, wenn nicht mehr. Und Argentinien ist viel teurer..." Da hat er ausnahmsweise Recht. "Ja, und? Lieber vertank ich 200 Dollar bevor ich Euch 20 schenke." Er nahm meine Papiere und bat mich, mitzukommen. "Wohin denn?" Er zeigte in Richtung Paraguay und meinte "Zum Chef, vielleicht kann er da was machen." Ich ging also mit. Er erzählte alles dem Chef und gab ihm unsere Papiere.

Der Chef, ein älterer Typ mit Schnauzer, fragte mich, wo ich denn her sei. "Alemania." Wie ich denn ohne Geld reisen könne. Ich erklärte ihm, daß ich sehr wohl Geld hätte, nur eben keines zu verschenken. Ich solle das Geld ja auch ja auch nicht verschenken, sondern einen Passierschein für das Auto bezahlen. "In keinem anderen Land mußte ich dafür bezahlen, höchstens in Afrika. Ich dachte das hier sei Lateinamerika." Er: "Jedes Land hat seine Gesetze" Ich: "Richtig. Und wenn mir die Gesetze nicht gefallen, dann reise ich nicht in das Land ein. So einfach ist die Sache. Behaltet Eure Gesetze, ich behalte mein Geld. Tschüß..." Es ging mir hier nicht darum, dadurch nach Paraguay hineinzukommen, daß ich damit drohte, ansonsten über Argentinien zu fahren, sondern es war beschlossene Sache, daß wir über Argentinien fahren. Dieses Polen Südamerikas will keine Sau sehen, interessiert mich auch einen Dreck. Er gab mir meine Papiere, ich ging zum Auto. Der andere sagte mir noch, daß es morgen früh ab 8:00 Uhr nichts mehr kosten würde. "Morgen früh um 8:00 Uhr schlaf ich in einem teuren argentinischen Hotel. Wiedersehn..."

Es kam noch ein Idiot an und wollte uns Geld wechseln. Das war der Typ, der die Kinder den ganzen Tag umeinanderscheucht, damit sie Geld machen und am Abend nimmt er es ihnen dann ab und läßt ihnen einen Hungerlohn. War uns schon von Anfang an unsympathisch. "Hau ab, wir brauchen kein paraguayisches Geld." "Doch, bis Assunción gibt es eine Mautstation" - und wahrscheinlich keine Straße. "Schön für Dich, aber wir fahren nicht nach Assunción, sondern nach Argentinien zurück." Soll sich seine Kackhauptstadt alleine anschauen... Tür zu, Diesel an und wieder zurück nach Argentinien. Was soll denn das? Das Land gehört umbenannt. Entweder in "Paranoia" oder in "Hirschguay".

Die Grenzer an der argentinischen Immigration waren schon etwas verdutzt und fragten uns natürlich wieso wir nicht in Paraguay eingereist seien und ob es irgendwelche Probleme mit den Papieren gegeben hätte. Wir erklärten den Grenzern, daß wir keinen Bock gehabt hätten die 20 $ zu zahlen und das Geld lieber in Argentinien verfressen wollten. Die Grenzer lachten nur, wußten erst nicht, was sie machen sollten, denn nun fehlte ja der Paraguayische Stempel, aber sie fanden eine Losung: Stempelten uns über unseren Ausreisestempel einfach ein "ERROSE" (man hat sich geirrt) und hießen uns wieder willkommen. Das war dann eigentlich auch schon das letzte größere Ereignis auf der Fahrt zurück nach Campinas.

So, das war mein Bericht einer traumhaften Reise, mit tollen Erfahrungen und Eindrücken und einem echten Schatz am Steuer eines tollen Autos - Danke für alles!!!

Nach der nicht erfolgten Einreise in Paragweih brauchten wir erst mal was zum Futtern. Ich fuhr von der Straße auf einen parallel verlaufenden Feldweg und Gabi kochte, während ich nach der Gelenkwelle sah und diese sicherheitshalber nochmal Verband. Danach fuhren wir zwar weiter, aber nicht mehr wirklich lange.


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