Afrika 2000
Zweite Etappe
Freitag, 15. September

Neun Uhr (km-Stand 644.070) wollten wir weiter, aber das Auto tat keinen Mucks. Das verstand ich nicht, war doch ein neuer Regler in Nouakchott eingebaut und die Batterie mußte doch voll sein. Ich hielt ein Auto an und fragte, ob er mir Starthilfe geben könnte und alles war gar kein Problem. Er wollte auch kein Geld hinterher und ich sagte zum Rest der Besatzung: "Den Senegal dürften wir wohl endgültig verlassen haben." Nur das Auto wollte nicht anspringen, also kein Problem von Batterie, Problem von Anlasser. Toll! Dreck! Unnu? Bei einem sinnlosen Starversuch sprang er plötzlich an, als sei nie was gewesen.
Um halb Zehn konnten wir dann endlich los in Richtung Kayes. An dem Posten, direkt vor der Stadt mußten wir noch ein Ticket für irgendeine Brücke kaufen. Bekamen dafür sogar eine Quittung oder sowas. Da war ein Schiff aufgemalt. 5000 CFA. Was soll's, wir haben's ja...

Aber immerhin waren sie freundlich; weiter nach Kayes und mal sehen, wie es weitergehen würde. Entweder über Nara oder über Bafoulabé nach Bamako, der Hauptstadt.beide Strecken waren laut Auskunft wegen der Regenfälle nicht passierbar. Wir überdachten die Informationen und die Strecke über Bafoulabé schien uns machbar.
Kayes ist ein wenig desolat, kann man sagen. Wir hielten hier kurz, um Brot zu kaufen uns was zu Trinken. Uns fiel auf, daß es hier wenig 123er und gar keine großen Flaschen Coqtail-Fanta gab. Ersteres "stimmte micht etwas merkwürdig", um auch einmal einen unbedeutenderen Politiker wie Gerhard Schröder zu zitieren.
Auf dem Weg zur Piste
Wir ließen einen LKW überholen und ich nutzte die Gelegenheit, um ein Bild zu machen.

Um 11:55 Uhr (km-Stand 644.091) standen wir am Pistenbeginn. Wir kamen an netten Kinderlein vorbei, die "Tubaab, Tubaab!!" schrieen - das heißt "Weißer" - und dabei Gesten des Halsabschneidens und des Aufhängens machten. Nicht schlecht, die sehen das nicht so eng, und wir auch nicht. Man stelle sich nur den umgekehrten Fall bei uns vor. Nicht auszudenken, was für ein Rauschen durch den deutschen Blätterwald gehen würde.
Wir fuhren weiter, die Piste war schlecht aber befahrbar, wir kamen an einer ausgedienten Schule vorbei, die früher mal eine Festung war.

Auf der Piste
Bis hierher ist die Piste gut zu befahren. Man muß halt langsam tun.

Danach häuften sich die Pfützen, irgendwann mußte einer vorauslaufen und nach Stellen fühlen, die passierbar waren und ich gab dann Vollgas und der Daimler tauchte ab bis zu den Radläufen und kam auf der anderen Seite wieder raus.Wieder und wieder suchten wir uns den günstigsten Weg und jagten ihn durch knietiefes Wasser, es waren keine Pfützen mehr sondern kleine Seen, oft 20 m Lang und ich bemühte mich, immer nur eine Wagenseite ins Wasser zu Tauchen, möglichst die Linke, weil sich auf der Rechten der Luftansaugstutzen befindet. Irgendwann leuchtete aber dann doch die Ladekontrolleuchte auf. Verdammter Mist. Das heißt umkehren. Allein ich bin nicht hierhergefahren, nur um wegen einer schwächelnden Lichmaschine, die nichts aushält, umzukehren. Das war die Lichtmaschine, die ich im Mai 99 in Ungarn einbauen ließ. Der hatte mir einen Dreck verkauft. Eine Frechheit, sowas, alles Gauner!
Als wir dann an ein Stück kamen, an dem eine mindestens 100 Meter lange, tiefe Pfütze sich breitmachte, beschlossen wir endgültig umzukehren. Wenigstens wußten wir jetzt, daß die Strecke nicht machbar war und kehrten deswegen um, nicht wegen der Lichtmaschine, denn das hätte bedeutet, daß zum ersten mal ein Technischer Defekt Einfluß auf die Strecke nimmt und das ist ganz und gar untypisch für das Auto.

End of the line
Hier war endgültig Schluß. Auch das Dorf nebenan stand unter Wasser. Vielleicht beim nächsten mal.

Es war 14:55 Uhr, der Tacho hatte genau 20 Kilometer mehr als am Pistenbeginn. Das ist ein Schnitt von 10 km/h. Bei der Geschwindigkeit würde es ohnehin über 50 Stunden dauern, bis nach Bamako und keiner wußte, ob es nicht schlimmer werden würde. Es braucht bloß einen tropischen Wolkenbruch...
Als wir wieder in Kayes waren, versuchte ich, eine Lichtmaschine aufzustellen. Ich war sofort umringt von fünf Negern, die eine Lichtmaschine nach der anderen anschleppten, die Preise waren gut (ca. 14.000 CFA), doch leider paßte keine. Gegen 18:00 Uhr kam einer zu uns und sagte, daß wir das Auto auf die Plattform stellen sollten. Offenbar verwechselte er uns mit jemandem, aber uns blieb keine andere Wahl, als den Zug zu nehmen und so fanden wir es doch recht praktisch, daß uns durch diesen Zufall die Suche nach einem Agenten erspart blieb, schließlich hatte er uns gefunden, und nur deswegen, weil ich zufällig in einem Laden große Fantaflaschen sah und deswegen anhielt. Wir handelten einen Preis aus, es waren etwa 100.000 CFA, rund 300 DM. Wenn es nur dabei bliebe, aber wie gesagt. Eine andere Wahl blieb uns nicht. Wir versuchten noch, eine Lichtmaschine aufzutreiben, aber da war nichts zu machen. Recht wenig 123er hier in Mali. Die Franzosen hatten hier wieder das Sagen. Ein wenig später sagten wir zu. Der Zug sollte am nächsten Tag in der Früh um 9:00 Uhr losfahren, aber daran glaubte niemand.

Die Piste, auf der wir uns noch vor einigen Stunden vorwärtskämpfen wollten.

Wir fuhren mit unserem Vermittler zu einer Werkstatt, die aber auch nicht weiter wußte und die auch nichts anderes tat, als die Lichtmaschine auszubauen. Toll, das hätte ich auch gekonnt. Für den nächsten Tag machten wir aus, daß wi r uns um 7:00 Uhr treffen und zur Werkstatt fahren und danach das Auto auf die Plattform stellen. Wenn das mal hinhaut. Die 2 Kilometer von der Werkstatt zum Bahnhof brachten die Motortemperatur nahe an den roten Bereich. Toll gemacht.

Ich versuchte noch, in einem Laden eine Lichtmaschine zu bekommen, er brachte drei, aber keine paßte. Ich unterhielt mich mit einem, er war mitte 20 und erzählte, daß er nächsten Monat nach Germany fliegen würde. Er hatte einen Toyota-Geländewagen und er erzählte auch, daß er in den nächsten Tagen nach Bamako fahren würde. Auf meine Frage hin, ob er mit dem Auto fahren würde, sagte er. "Nein, es ist doch Regenzeit, da hat man mit dem Auto keine Chance. Das hätte er mir vorher sagen sollen. Er bot mir an, mit mir in seinem Auto durch die Gegend zu fahren und nach einer Lichtmaschine zu suchen, ich fragte, was er dafür haben wolle, daß ich kein Geld dabeihätte und daß wir die Sache besser vergessen sollen. Er wollte aber gar kein Geld, schließlich sei ich Deutscher und wenn er nach Deutschland fährt, was er öfter täte dann würden ihm die Leute dort auch helfen und überhaupt seien die Deutschen das beste Volk auf der ganzen Welt. Mensch, schau Dir lieber vorher noch ein paar andere Völker an...

Feldarbeiter
Auf der Piste in Richtung Kayes.
Blick aus dem Steuerbordfenster.

Ich fuhr also mit ihm von einem Tandler zum nächsten, aber es war nichts aufzutreiben. Dann fuhr er mich zum Bahnhof zurück und gab mir Adressen von Stellen in Bamako, wo ich eine Lichtmaschine bekommen würde, darunter auch eine einer gewissen "Mammah". Eine ausgewanderte Deutsche, die einen Eratzteilladen für deutsche Fabrikate betreibt. Und, was das erstaunlichste war, er selbst, als Neger, sagt zu mir wörtlich: "Never go to black people to buy anything. They only cheat." Da hat man es mal aus berufenem Munde, oder ist der jetzt auch ein Rassist? Wenn schon. Er war der erste Neger, mit dem man normal reden konnte, ohne daß nach drei Sätzen die Frage nach einem "Kadoh", einer Cigarette oder nach Geld für einen neuen Pulli kam. Der war freundlich weil er freundlich war und nicht, weil wir Geld hatten. Er hatte sowieso weit mehr als wir, wie sollte er sich sonst hier so ein Geschoß von einem Auto leisten können? Wir verabschiedeten uns und ich sagte ihm noch, er solle mir mein München grüßen, das ich wohl längere Zeit nicht sehen werde.

Wir nutzten die Dusche und das spärliche Angebot der nicht vorhandenen Speisekarte einer Jugendherberge. Wir bestellten Pommes und bekamen in kaltem Öl aufgeweichte Kartoffelstäbchen. Naja, dafür war dieses "Vinto"-Erfrischungsgetränk sehr gut. Süß und künstlich, so, wie es sein soll.

Wir hatten keine Chance, dort durchzukomen.

Ich schlief auf den Blechen, die anderen auf der Plattform eines LKW, an der sich sogar ein Moskitonetz anbringen ließ. Auf meinen Blechen liegend, mit dem Handtuch als Decke und gleichzeitig Mückenschutz, dachte ich mir zum ersten mal auf der Reise "Was machst Du Depp hier am A.... der Welt? Es ist Freitag, daheim machen sie gerade Party und Du schlägst Dich hier mit den Malariabombern rum."

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